Gefangene deiner Dunkelheit
durchdringen konnte. Verdammt, dachte Manolito. Wenn er durch ihre Augen sehen könnte, könnte er ihr selbst aus der Ferne helfen!
Er hatte sie mit dem Befehl zurückgelassen, einzuschlafen, aber da war etwas gewesen ... eine kleine Blockade in ihrem Geist, die er nicht zu deuten vermochte, und vielleicht hatte seine Suggestion deshalb nicht so wie beabsichtigt gewirkt. Er musste einen Weg finden, die Barriere in ihrem Kopf zu umgehen, um in ihr Bewusstsein eindringen zu können. Sie schien ihn nicht absichtlich auszuschließen, doch er konnte einfach nicht in ihren Geist gelangen. MaryAnn. Ich kann dir helfen. Lass dir von mir helfen.
Sie waren miteinander verbunden, doch irgendwie auch wieder nicht. Ihr Geist müsste ihm offenstehen, wann immer er es wollte, doch egal, wie sehr er sich bemühte, er konnte die Sperre einfach nicht durchdringen. Er war einer der ältesten Karpatianer und durchaus imstande, mächtige Wesen unter seine Kontrolle zu bringen, aber nicht seine eigene Gefährtin.
Er konnte allerdings ihre Angst um Jasmine spüren, ihre grimmige Entschlossenheit. Sie hatte auch Schmerzen, die sie jedoch verdrängte, während sie fieberhaft überlegte, wie sie Jasmine aus den Händen des Magiers befreien konnte. Manolito spürte all das und noch mehr. Er spürte auch Jasmines Emotionen durch Mary-Ann, als wäre ihre Beziehung zu der jungen Frau genauso stark wie eine Blutsverbindung zwischen Karpatianern. Entsetzen, Bedauern, die bedingungslose Entschlossenheit, entweder zu entkommen oder zu sterben – Jasmine würde sich niemals unterwerfen. Mary-Ann war sich ihres Entschlusses nur allzu gut bewusst und verdoppelte ihre Bemühungen, eine Möglichkeit zu finden, die jüngere Frau zu retten.
Da Manolito an MaryAnns Geist rührte, spürte er die zunehmende Energie in ihr, das jähe Aufwallen wilden Zorns in ihrem Hirn. Die Luft um ihn veränderte sich; ein plötzlich aufkommender Wind schüttelte ihn und schleuderte Blätter und Zweige wie Fluggeschosse durch die Luft. Blitze durchzuckten die grauen Wolken. Die Luft war wie elektrisch aufgeladen. Unter ihm brach ein Ast ab und stürzte durch das Blätterdach zu Boden. Eine unkontrollierte, unberechenbare und sehr gefährliche Macht durchpulste die Umgebung.
MaryAnns Augen verengten sich, als der Magier zu ihr herumfuhr, die verängstigte Jasmine vor sich zog und seine Finger in ihre Kehle bohrte.
»Bleib stehen, sonst bringe ich sie um.«
MaryAnn verhielt den Schritt, doch innerlich war sie so aufgewühlt vor Zorn, dass ihr Magen wie ein einziger harter Knoten war. Sie war hierhergekommen, um diesem Mädchen zu helfen, und das würde sie auch tun. Jasmine hatte genug durchgemacht, und damit war jetzt auf der Stelle Schluss. MaryAnn wünschte sich, über die magischen Kräfte eines Karpatianers zu verfügen, sich von dem starken Wind in die Luft erheben und auf einem der höchsten Baumwipfel landen zu können. Ihre Wut durchlief sie wie eine Feuersbrunst, und das Mal über ihrer Brust pochte im gleichen wilden Rhythmus wie ihr Herz. Unwillkürlich presste sie ihre Hand auf diese Stelle. Manolito. Ich kann nichts tun.
Meinte sie den Magier? Oder die Wildheit, die sich tief in ihrem Innersten entfesselte? Sie wusste es nicht. Ihre Hände und Füße schmerzten, ihre Knochen knackten, ihr Kiefer knirschte. Ihr verletztes Bein brannte wie Feuer, und ein stechender Schmerz durchlief ihren ganzen Körper, als würde er mit tausend winzigen Nadeln malträtiert. Der Wald um sie herum geriet ins Schwanken und verlor seine leuchtenden Farben, doch ihr Geruchssinn wurde geradezu unglaublich scharf. Sie konnte sogar die von dem Magier ausgehende Angst spüren. Er hielt Jasmine so unnachgiebig vor sich, als könnte ihr schlanker Körper ihn vor MaryAnn schützen.
Jasmine setzte sich heftig zur Wehr, doch die Finger des Magiers schlossen sich noch fester um ihren Hals und schnürten ihr die Luft ab. »Schluss jetzt, MaryAnn«, zischte er. »Du wirst kooperieren.« Er sprach leiernd, als belegte er sie mit einem Zauber, um sie davon abzuhalten, sich zu wehren.
MaryAnn empfand seine Worte wie einen unerträglichen Druck in ihrem Kopf. »Vergiss es!«, fauchte sie. Hör auf damit, verdammt noch mal! Sie war so wütend, dass sie ihre Hände ausstreckte und instinktiv versuchte, die von ihm ausgehende Kraft zu ihm zurück zustoßen. Denn wenn er sie mit seinem Geist angriff, konnte sie kaum etwas dagegen unternehmen. Sie wusste nichts über Magier und ihre
Weitere Kostenlose Bücher