Gefangene der Leidenschaft
mich in Freundschaft zu empfangen und uns zu erlauben, einige Tage hier zu verweilen. Es ist der Wunsch meiner Königin, dass die Kriege an unseren Grenzen beendet werden und unsere Völker lernen, miteinander in Frieden zu leben.“
„Und wenn wir die Waffen senken? Werden wir dann nicht ein Messer im Rücken haben?“ fragte Brenna sanft. „Oder noch schlimmer - wird nicht die Burg verwüstet und geplündert sein, wenn wir morgen erwachen?“
„Nein, Mylady Wenn wir Eure Burg einnehmen wollten, dann hätten wir sie belagert und Euch im Kampf besiegt. Bedenkt, dass wir Euch an Zahl weit überlegen sind. Die Männer, die Ihr hier seht, sind nur ein kleiner Teil meiner Truppe. Die übrigen warten draußen vor den Burgmauern auf meine Befehle.“ Obwohl ihr Gesichtsausdruck sich nicht veränderte, bemerkte er ein Aufblitzen in ihren Augen. Anscheinend war sie sich der Übermacht bewusst. Die große Zahl der Reiter auf den Hügeln konnte ihr nicht entgangen sein. Nur etwa hundert waren ihm ins Innere der Burg gefolgt.
„Warum will Eure Königin einen Waffenstillstand zwischen unseren Völkern?“
Morgans Mund verzog sich zu einem feinen Lächeln. „Meine Königin und Eure sind verwandt. Vielleicht sind sie der Zwietracht müde geworden.“
Was er sagt, ergibt Sinn, dachte Brenna. Es war möglich, dass Grey die Wahrheit sagte. Oder ließ sie sich blenden, weil sie sich nichts sehnlicher als Frieden wünschte?
Die schottischen Clans, die entlang der Grenze lebten, litten seit Generationen unter den Spannungen zwischen England und Schottland. So hatte Brenna seit ihrer Geburt nichts als Kriege und Unruhen erlebt.
Sie musterte Morgan Grey schweigend. „Wie lange wünscht Ihr zu bleiben?“
„Einen Tag oder zwei. Nicht länger! “
Sie nickte. „Eure Männer werden keine Waffen tragen. Und wenn einer meiner Männer angegriffen wird, ist das ein Angriff gegen uns alle.“
Die Muskeln in Morgans Gesicht spannten sich an. Sie war so beherrscht, so kühl und überlegen, dass er zwischen Respekt und Wut schwankte. Sollte er sich vor ihr verneigen wie vor einer Herrscherin, oder sollte er sie so einschüchtern, dass ihr der Hochmut vergehen würde?
Er zögerte einen Moment. Dann drehte er sich zu seinen Leuten um und befahl ihnen, die Waffen niederzulegen. „Kein Mann erhebt die Hand gegen einen anderen, solange wir die Gastfreundschaft der MacAlpins genießen.“
Brenna hörte den sarkastischen Unterton in seiner Stimme. „Meine Diener werden für Unterkunft und Verpflegung Eurer Leute sorgen“, sagte sie ruhig.
„Wir sind Euch zu großem Dank verpflichtet, Mylady.“
Sie nickte ihm kurz zu, durchquerte dann die Halle und stellte sich zu ihren Männern. „Wir werden tun, was in unseren Kräften steht.“
Ihre jüngere Schwester warf ihr einen beunruhigten Blick zu, und Morgan beobachtete, wie Brenna ihr die Hand auf den Arm legte. Wie verschieden die beiden waren. Die jüngere sah angriffslustig aus wie ein junger Knappe vor einem Kampf. Sie schien vor Energie zu beben. Ein wildes, kampflustiges Mädchen, das seinen Ärger über die ungebetenen Gäste offen zeigte.
Die Schwestern verließen die Halle, und Morgan blickte ihnen nach, bevor er sich umwandte und langsam zum Kamin ging. Diese beiden Schwestern waren erstaunlich, und vor allem die ältere ging ihm nicht aus dem Kopf. Sie wirkte so würdevoll, so beherrscht - wie zur Königin geboren.
Er betrachtete die Gobelins, die an den Wänden der Halle hingen. Eine Gestalt fiel ihm besonders auf, ein Mann, Ahnherr des Clans. Morgan erkannte das Gesicht. Kenneth MacAlpin, der erste König von Schottland.
Er trat näher und besah sich die kunstvolle Stickerei, zeichnete mit dem Finger die Linien des Gesichts nach. Es war offenbar, woher Brenna MacAlpin diesen aufreizend überlegenen Ausdruck hatte. Der große MacAlpin hatte ihn durch all die Generationen weitergegeben.
Ein Lächeln ging über Morgans Gesicht, ein herausforderndes, gefährliches Lächeln.
Es hatte ihm schon immer Spaß gemacht, sich mit Fürsten und Königen anzulegen. Und zu gewinnen.
Morgan Grey stand im Eingang und beobachtete, wie seine Männer in die Halle strömten. Ihnen folgten die Schotten, wie die Engländer ohne Waffen. Zumindest konnte man nicht sehen, was vielleicht unter ihren Umhängen versteckt war.
Trotz der vielen Menschen war die Halle nicht überfüllt. Feuer in den beiden riesigen Kaminen an den Enden des Raums sorgten für eine behagliche Wärme. Von den
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