Gefangene der Leidenschaft
zu und genoss jeden Bissen. Und sobald sein Krug geleert war, wurde von einer aufmerksamen Magd nachgeschenkt.
Als Morgan endlich gesättigt war, lehnte er sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück. „Ihr seid eine überaus großzügige Gastgeberin, Mylady.“
Brenna hatte ihre Speisen kaum angerührt. Trotzdem freute es sie, dass Morgan das Mahl sichtlich genoss. Es machte Spaß, einen Mann mit so großem Vergnügen essen zu sehen.
„Tut Ihr alles mit so großem Eifer, Mylord?“ fragte sie. „Alles. Wenn es die Sache wert ist!“ Er wandte sich ihr zu und blickte ihr voll ins Gesicht. „Mein jüngster Bruder starb mit fünfzehn am Fieber. Mit seinen letzten Atemzügen beklagte er sich, dass er überhaupt noch nicht gelebt hätte. Dass er sterben müsste, bevor er im Namen seiner Königin das Schwert gehoben hätte. Dass er nie in ferne Länder reisen, nie eine Frau umarmen würde!“
Als Morgan die flammende Röte in Brennas Gesicht sah, wurde ihm bewusst, dass ihre Erfahrungen vermutlich nicht größer als die seines Bruders waren. Er wechselte schnell das Thema.
„Eure Burg ist gut befestigt, Mylady. Es fällt mir schwer zu glauben, dass der alte Mann, der Euch heute Morgen zur Seite stand, Euer Erster Soldat ist.“
„Der alte Duncan und mein Vater waren seit ihrer frühen Jugend Vertraute und Waffenbrüder. Seine Treue verdient meinen Respekt!“
„Die Loyalität eines alten Mannes richtet nichts gegen das Schwert eines Feindes aus, Mylady.“
Ihre Augen blitzten auf, bevor sie in beherrschtem Ton antwortete. „Mein Volk hat Hunderte von Jahren im Angesicht der Engländer gelebt, die die Hand nach unserem Land ausstreckten. Ihr Engländer begehrt, was wir besitzen - fruchtbares Hügelland und gesundes, gut genährtes Vieh.“
„Ganz zu schweigen von Euren Frauen ...“
Sie hörte den belustigten Unterton in seiner Stimme, und ihr
Blick wurde härter. „Keine Wortgefechte, Mylord!“
„Ist Euch ein Gefecht mit Schwertern lieber?“
„Haltet Ihr mich für eine blasse englische Lady, die beim Anblick eines Schwertes in Ohnmacht fällt?“ gab sie zurück. „Die MacAlpins sind zwar von Natur aus ein friedliebendes Geschlecht, aber sie wurden gezwungenermaßen ein kriegerischer Clan. Als ihr Oberhaupt würde ich nicht zögern, das Schwert gegen jeden zu erheben, der mein Volk bedroht!“ Morgans Bewunderung für den Mut dieser Frau wuchs. Zugleich ärgerte ihn ihr stolzes Gebaren. „Verzeiht, Mylady, wenn ich mich von der Tafel zurückziehe. Aber da meine Männer sich ausreichend gestärkt haben, werde ich sie jetzt in ihre Quartiere schicken, die Ihr so großzügig eingerichtet habt!“
Er erhob sich mit einer höflichen Verneigung, und Brenna sah ihm nach, als er die Halle durchquerte. Sogar in seinen Bewegungen drückte sich seine Arroganz aus. Ein kurzer, knapper Befehl, und seine Männer folgten.
Duncan sah von seinem Platz aus abwartend zu Brenna hinüber. Sie nickte, worauf er seine Männer um sich versammelte. Sie würden wachsam bleiben, während die Fremden schliefen. Für die MacAlpins galt das Wort eines Engländers nichts.
Als die englischen Soldaten die Halle verlassen hatten, fühlte Brenna, wie sie sich entspannte. Sie verspürte sogar Hunger und begann, herzhaft zu essen. Morgan Grey hatte ihr den Appetit verdorben. Ob es einen Menschen gab, der sich in seiner Gesellschaft wohl fühlte? Brenna bezweifelte es.
2. KAPITEL
Die kühle Abendluft war von dem zarten Duft des Heidekrauts erfüllt. Wolken schoben sich vor die Mondsichel und tauchten den Garten in ein samtenes Dunkel.
Brenna zog den Umhang fester um sich und schlenderte über die heckengesäumten Wege. Die Anwesenheit der Engländer und besonders Morgan Greys ließ sie nicht zur Ruhe kommen.
Sein Ruf war ihm vorausgeeilt. Er war nicht einfach ein Bote seiner Königin, der eine Nachricht überbrachte. Der Mann war eine Legende. Sein Name ließ ganze Armeen erzittern, und nicht nur die gegnerischen Heere. Von Schottland bis Wales und selbst jenseits der See, in Irland, war der „Wilde der Königin“ ein gefürchteter Mann.
Morgan Grey war mehr als ein Soldat, dem nur sein Schwert Macht verlieh. Er war ein englischer Adliger und tonangebend in verschiedenen politischen Gruppierungen. Sein Vater war ein enger Berater von König Heinrich Vlll, gewesen, und Königin Elizabeth vertraute ihm wie nur wenigen in ihrem Umkreis. Und wenn man den Gerüchten glauben konnte, zählte er zu jenen Männern, die als
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