Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
Ähnlichkeit zwischen ihr und Deslann oder Hellahar zu finden, doch vergebens. Wenn sie ihn überhaupt an etwas gemahnte, dann an jene räuberischen Wesen der Frühzeit, die mit der Ausbreitung der Zivilisation auf Unthan verschwanden und ausstarben. Auch sie waren mager, verkümmert und wild gewesen.
    »Wenn Sie meinen Unterlagen mißtrauen«, sagte Heglenni ungeduldig, »ist immer noch Zeit, den Planeten direkt zu beobachten, statt meine Fotografien zu betrachten.«
    »Ich vertraue Ihren Unterlagen«, sagte Gunt. »Die Neuigkeiten sind wie ein Schock über mich gekommen. Ich habe nur laut gedacht. Vielleicht habe ich auch auf ein Wunder gehofft.«
    Heglennis Miene erweichte sich für einen Moment, und Gunt glaubte ein wenig von Hellahars Mitleid und Deslanns Verbindlichkeit durchschimmern zu sehen, dann fuhr sie fort: »Ich verstehe Ihre Gefühle und Ihre Enttäuschung, Kapitän, denn ich teile sie mit Ihnen. Das Zielsystem ist sicher erreicht, die Aufgabe, die Sie Kapitän Deslann gestellt haben, gelöst. Aber der Zielpunkt ist viel dichter bevölkert als noch vor Jahrhunderten, als unsere ersten Untersuchungen vorgenommen wurden. Damals fanden wir keine Anhaltspunkte für die Existenz einer verbreiteten Mechanisierung, von Straßennetzen und dergleichen. Jetzt wird die Welt von einer intelligenten, gasatmenden Lebensform bewohnt, die technisch so weit fortgeschritten ist, daß sie den interplanetarischen Raum befahren kann. Es gibt Basen auf dem Mond des Zielplaneten und auf dem trockenen vierten Planeten, darüberhinaus deuten verschiedene Anzeichen auf das Bestehen von weiteren Basen auf den Monden des großen inneren Gasplaneten Nummer fünf hin. Ich selbst finde keine Lösung für dieses Problem, darum lege ich meine Verantwortung in Ihre Hände zurück, Kapitän.«
    Beide schwiegen lange. Dann führte Gunt die vorgeschriebene Geste der Höflichkeit aus und sagte formell: »Ich entlaste Sie hiermit vom Kommando dieses Schiffes und der Flotte.«
     

20
     
    Der Zielplanet kreiste weiter um seine Muttersonne, ein Planet großer Schönheit, dessen Friede nicht nur scheinbar, sondern wirklich war. Die genauesten und langwierigsten Beobachtungen ließen kein kriegerisches Geschehen erkennen; die wenigen Rauchwolken auf der Tagseite erwiesen sich als Nebenprodukte einer Industrie, und auf der Nachtseite leuchteten die Städte nicht von Feuersbrünsten, sondern von Straßenlaternen und Leuchtreklamen. Es gab noch immer viel Leid und Tod, aber das war in Notstandsgebieten wie Indien und Südamerika, wo, seit Jahrhunderten unverändert, Lebensmittelknappheit und Hunger herrschten. Und in einer kleinen Bucht an der Westküste Spaniens, vom Land und von der See gleichermaßen durch hohe Klippen und Riffe abgeschlossen, lag in siebzig Meter Wassertiefe ein Notstandsgebiet, von dem niemand wußte.
    Kommandant James Eichlan Wallis von der »Gulf Trader« (er war zum Kommandanten und Schiffsarzt gewählt worden, einmal wegen seines Alters und zum anderen wegen einer ererbten Tendenz, sich mehr als normal über die Zukunft zu sorgen) hielt einen Vortrag über die Übel der Ehe.
    »In nicht zu ferner Vergangenheit gab es eine Zeit«, sagte er in jenem bitter-sarkastischen Ton, der ihm in dieser Zeit zur zweiten Natur geworden war, »wo man die Ehe für ein notwendiges Übel hielt. Und noch früher war es so – das Spiel berichtet uns davon – daß man sie ganz und gar nicht für ein Übel hielt, sondern für die notwendige Voraussetzung zu einer stabilen und glücklichen Existenz. Das hat sich gewandelt. Wenn heute ein Mann ein Mädchen gern hat oder umgekehrt, besteht Gefahr. Einander körperlich zu lieben aber ist nichts anderes als krimineller Schwachsinn, der Gipfel von Selbstsucht und vorsätzlicher Mord!«
    »Reden wir von was anderem«, sagte Heather May Dickson. Ihre Zwillingsschwester sekundierte ihr ungeduldig: »Sie haben uns schon oft von Kindergeburten erzählt, Doktor, immer wieder …«
    »Und ich sage es noch einmal!« schnappte Wallis. »Wir haben keine medizinischen Hilfsmittel, nicht genug Nahrung, Kleidung und keine Lebensbedingungen für Mutter und Kind. In den letzten Jahren haben Kälte und Feuchtigkeit ständig zugenommen, mit dem Resultat, daß ihr jungen Leute alle unter Herzfehlern und Lungenerkrankungen leidet. Ihr seid unzureichend ernährt, und eure Widerstandskraft gegen Krankheiten und Infektionen ist gleich null – und alles das gemessen an einem Zustand, wie er vor zehn Jahren hier an

Weitere Kostenlose Bücher