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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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darf.«
    Ich lächelte ein bisschen verlegen. Der »Nette-Mütter-Club« war der Name, den Anne anstelle von »Mütter-Mafia« genannt hatte, als Dascha wissen wollte, wie unser »Verein« sich denn nennen würde.
    »Das Wort Mafia hätte sie abschrecken können«, hatte Anne gesagt. Sie hatte Dascha kennen gelernt, als sie Jasper bei uns abholen wollte.
    Nur ein paar Schlucke Grand Marnier im Kaffee hatten genügt, und schon hatten die beiden im Duett ein schwermütiges Lied in Moll gesungen, in dem es angeblich um wilde Steppenpferde ging. Wie sich herausstellte, hatte Anne eine musikalische russische Großmutter gehabt.
    Weder der Gesang noch die Bezeichnung »Nette-Mütter-Club« hatten Dascha abgeschreckt - sie gehörte jetzt zu uns, ob sie wollte oder nicht.
    »Mama fühlt sich jetzt viel mehr zu Hause hier in Deutschland«, sagte Valentina. »Und ich mich auch.«
    Weil das Wetter so schön war und alle anderen Häuser der Straße längst in Lichterketten gehüllt waren, beschloss ich, den Nachmittag dazu zu nutzen, unser Haus weihnachtlich zu schmücken und das Laub aus dem Vorgarten zu rechen.
    »Damit der Schlitten vom Weihnachtsmann da besser landen kann«, sagte Julius.
    »Genau«, sagte ich. »Willst du mir helfen?« Aber Julius wollte lieber mit Emily und Valentina Inliner fahren.
    »Nur auf dem Bürgersteig, und nur auf dieser Straßenseite«, befahl ich, und obwohl die Kinder sich daran hielten, reckte ich alle fünf Sekunden den Kopf über die Hecke, um zu gucken, ob alles in Ordnung war.
    Der Sonnenschein lockte viele Leute an die frische Luft, auch Frau Hempel kam nach draußen, um ein wenig Laub vom Bürgersteigzu kehren und mich anzumeckern. Ich sei viel zu spät dran mit der Dekoration, und das Laub sei alles nur von unseren Bäumen, die Fenster müsse ich vor Weihnachten auch noch putzen.
    »Mal sehen«, sagte ich.
    »Mal sehen, mal sehen! Ihr jungen Leute denkt immer, die Arbeit erledigt sich von ganz allein und ihr dürftet machen, was ihr wollt«, sagte Frau Hempel. »Meine Gitti haben Sie mit Ihrer Schlamperei auch schon angesteckt. Jetzt glaubt sie sogar, sie käme in einer eigenen Wohnung zurecht! Mit dem Kind. Ha! Die wird sich umgucken. Wenn da keiner mehr ist, der alles hinter ihr herräumt, kommt die ganz schnell wieder nach Hause.«
    »Das ist das, was Sie glauben«, sagte ich und lachte. Frau Hittlers Satz passte eigentlich immer. Richtig angewendet konnte man vermutlich Menschen mit nur diesem einen Satz in den Wahnsinn treiben.
    Während ich eine funkelnagelneue Sternenlichterkette aus ihrer Verpackung fummelte, hörte ich Kinder hinter der Hecke streiten.
    »Hau ab, das ist unser Bürgersteig«, sagte eine fremde Jungenstimme.
    »Gar nicht wahr«, sagte die Stimme von Julius. »Der Bürgersteig gehört allen.«
    »Wir wollen den aber nicht mit so kleinen Rotznasen teilen«, sagte eine andere fremde Jungenstimme. »Also hau ab, oder du kriegst Prügel!«
    »Ich kann Ballett«, sagte Julius warnend.
    Die beiden fremden Jungen lachten höhnisch. »Der Schwuli will Haue haben«, sagte einer von ihnen.
    »Kann er kriegen!«, sagte der andere.
    »Meine Mama kann auch Ballett«, sagte Julius. »Ich rufe sie gleich.«
    Das musste er gar nicht. Ich stapfte bereits zornig zum Tor. Obwohl die beiden Jungen ungefähr doppelt so alt wie Julius waren, rang er noch mit sich, ob er um Hilfe rufen sollte oder nicht. Stolz ist ein sehr schlechter Ratgeber.
    Bevor ich die Raufbolde an ihrer Kapuze packen konnte, kamen Emily und Valentina auf ihren Inlinern herangesaust. Das heißt, Emily sauste, Valentina kraxelte ziemlich wackelig hinter ihr her.
    Ich versteckte mich wieder hinter der Hecke. Man soll Kinder ja ihre Konflikte möglichst selber lösen lassen.
    »Lasst sofort meinen kleinen Bruder in Ruhe«, rief Emily. »Sonst kriegt ihr's mit mir zu tun!«
    Ihre Worte verblüfften nicht nur mich kolossal.
    »Das soll dein kleiner Bruder sein?«
    »Hast du ein Problem damit?«
    »Nö. Ich mein ja nur.«
    »Sucht euch andere Kinder zum Ärgern«, sagte Emily. Und offenbar guckte sie dabei so gefährlich, dass die beiden Jungs wirklich das Weite suchten.
    Hinter meiner Hecke verdrückte ich ein paar Tränen der Rührung. »Kleiner Bruder«, hatte sie gesagt.
    »Was hockst du denn hier und weinst?« Das war Nelly, die aus der Schule kam. Ich erzählte ihr, was Emily getan hatte.
    »Meine Güte«, sagte Nelly. »Sieht so aus, als würdest du das kleine Biest am Ende doch noch mögen.«
    »Mögen ist

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