Gegensätze ziehen sich aus
dass ich vor dem Schulrat erklären soll, warum den Projektkindern bessere Noten versprochen wurden. Außerdem bin ich hochschwanger und kann diese Art von Aufregung im Moment überhaupt gar nicht gebrauchen. Immerhin, ein Gutes hatte die ganze Sache auch: Laura-Kristin fand es hier bei ihrem letzten Besuch so chaotisch, dass sie es nun vorzieht, im Internat zu bleiben. Schade eigentlich, denn wenn das Baby kommt, hätte ich gut etwas Unterstützung gebrauchen können.
Frauke
auf ärztlichen Befehl wieder ans Sofa gefesselt, Babysohn wird nicht vor Weihnachten erwartet!!!
30. November
Na, das passt ja wie die Faust aufs Auge: Gerade hatte ich gelesen, dass unser Projekt beendet ist, da klopft Dascha an und kündigt. Offenbar hat sie einen anderen Job gefunden, will heißen, einen Doofen, der sie mit Steuerkarte arbeiten lässt. Vielleicht ein Bordell, meint Jürgi. Na, da können wir natürlich mit der Bezahlung nicht mithalten. Sie will nicht mal eine angemessene Kündigungsfrist einhalten, und das nach allem, was wir für sie und Valentina getan haben. Aber so ist das, wenn man sich für andere einsetzt. Dank kann man einfach nicht erwarten. Tu Gutes und wirf es ins Wasser, wie der Chinese sagt, oder wie Jürgi meint: »Ins Klo damit und runterspülen. «
Apropos Klo: Ihr wisst nicht zufällig jemanden, der künftig bei uns putzen möchte? Gitti, wie sieht es mit dir aus? Du wirst dringend Geld brauchen, wenn deine Mutti dich aus dem Haus wirft.
Sonja
P.S. Mir wächst hier alles über den Kopf. Ich würde den Posten der Obermami gern wieder zur Verfügung stellen.
6. Dezember
Meine allerherzlichsten Glückwünsche zur Geburt des kleinen Corbinian, liebe Frauke. Ich habe den Kleinen ja schon im Krankenhaus bewundern können und dich gleich mit: Es war wirklich faszinierend mit anzusehen, wie du mit zwei Milchpumpen gleichzeitig hantiert hast und dabei die Glückwunschschreiben beantwortet hast - und das in einem Schwimmreifen sitzend! Aber da merkt man eben die Routine. Der Kleine sieht goldig aus auf dem Foto. Wie ein kleiner Engel. Sehr geschickt, ihm ein Mützchen über den Kratzer zu ziehen, den Marlon ihm beigebracht hat. Der große Bruder wird sich sicher bald an die Konkurrenz gewöhnen.
Alles, alles Liebe für den Familienzuwachs wünscht dir
Sabine
8. Kapitel
Eigentlich war es ein Wunder, dass wir uns auf ein Farbkonzept für den Laden einigen konnten. Aber uns inspirierte ein Paar Pumps von Santini, die so aufwändig und pompös gearbeitet waren wie ein barocker Ballschuh, aus tiefrotem Leder, auberginefarbenem Samt und einer goldenen Zierfibel. Kräftiges Rot, Aubergine und Gold würden die vorherrschenden Farben im Laden werden. Wir hatten ein wenig Angst davor, dass zum Beispiel grüne Schuhe vor diesem Hintergrund hoffnungslos verloren wären, aber das Risiko waren wir, der Gesamtwirkung wegen, bereit einzugehen.
Auf die auberginefarbene Wand wollten wir in goldener Schrift einen Spruch anbringen. Zuerst sollte es »Alle Macht den Träumen« sein, dann »Das Überflüssige ist eine sehr notwendige Sache« von Voltaire. Aber letztendlich entschieden wir uns für ein - schon wegen der Farbe - unwiderstehliches Zitat von Esther Vilar:
Für eine Frau gibt es wichtigere Dinge
als einen Orgasmus,
zum Beispiel den Kauf von einem Paar
auberginefarbenen Lackstiefelchen.
Ich ließ im Copyshop eine Schablone für die Schrift fertigen, und alle waren hellauf begeistert, als der Spruch endlich an der Wand prangte. Nur Jo, der zusammen mit Ronnie die Fußleisten vergoldete,fand das Zitat doof. Außerdem hatte er Zweifel: »Darf man denn einfach so ein Zitat klauen?«
Anne zuckte mit den Schultern. »Schlimmstenfalls könnte Esther Vilar höchstpersönlich diesen Laden betreten, und dann müssen wir ihr schleunigst ein Paar auberginefarbene Lackstiefelchen zeigen.«
Paris kam vorbei, um unsere Fortschritte zu bestaunen.
»Das wird eine wunderbare Kulisse für Francescos Schuhe«, sagte sie anerkennend. »Ich werde meine Freundin von der In- Style anrufen, damit sie einen Bericht über euren Laden bringt. Ach ja, und ich kenne auch Leute bei Allegra, Cosmopolitan und Petra.«
»Jetzt hast du mich so weit«, sagte Anne. »Jetzt verrate ich dir meine zehn geheimen Tricks für eine optimale Beckenbodenmuskulatur. Die habe ich noch nie jemandem verraten.«
Paris schnäuzte sich gerührt.
Gitti Hempel hatte begonnen, Handtaschen zu nähen, die sich farblich exakt an unseren
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