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Gegenwind

Gegenwind

Titel: Gegenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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peitschten über ihm hinweg, zerrten an seiner Kleidung, an seinem Haar, und die Eiskristalle, die der Sturmwind mit sich trug, stachen in seine Wangen, überzogen den Bart mit einer Schicht aus Raureif. Die Dunkelheit war immer noch vollkommen, und er streckte tastend die Hände aus, während er sich auf die Beine hochkämpfte. Dann stand er da, schwankend, blind und frierend.
    »Wo bin ich?«, schrie er. Seine Stimme klang leise und unbedeutend in der schwarzen Leere. Zitternd hob er die Hände vor das Gesicht. Er konnte sie nicht sehen, auch dann nicht, als sie nur noch wenige Zentimeter von den Augen entfernt waren. Panik keimte in ihm auf. »Ersechs?«
    Keine Antwort.
    »Ersechs?«
    Wie merkwürdig , schoss es ihm durch den Kopf. Warum rufe ich in dieser unheimlichen Situation nach meinem Droiden? Warum nicht nach den anderen Jedi?
    Er griff nach seiner Hüfte, doch die Halterung am Gürtel war leer, und als seine Hände ins Kreuz wanderten, ertastete er dort, wo sich sonst sein zweites Lichtschwert befand – jene vergleichsweise primitive, aber doch äußerst effektive Waffe, die er als Junge auf Coruscant gebaut hatte, noch ehe er zum Jedi ausgebildet worden war –, ebenfalls nur Leere und Kälte. Sein Blaster befand sich nicht im Halfter, und es war auch kein Glühstab in der Tasche zu finden.
    Alleine, ohne Ausrüstung oder Waffen, stand er in der Finsternis.
    Was war geschehen? Er konnte sich an nichts erinnern, was vor seinem Sturz durch die eisige Schwärze lag.
    Jaden raffte seine Robe enger um die bebenden Schultern, aber das konnte Wind und Kälte nicht abhalten. Seine klappernden Zähne und der Gongschlag seines Herzens waren die einzigen Laute, die er über das Heulen des Sturms hörte, so sehr er die Ohren auch anstrengte und auf Geräusche lauschte, die ihm Aufschluss über seine Umgebung geben könnten. Blind und taub, wie er war, wandte er sich an die Macht. Mit ihr wollte er den Nebel um seine Sinne durchdringen und seinen Aufenthaltsort indirekt erkunden. Aber es kostete ihn größte Anstrengung, eins mit dem Fluss der Macht zu werden. Was ihm sonst so leicht fiel, was beinahe wie von selbst geschah, wurde mit einem Mal zur Kraftprobe. Während er normalerweise in einen mächtigen Strom eintauchte, kroch sein Verstand nun in ein träge dahinmäanderndes Rinnsal. Jaden wollte schon aufgeben, als er plötzlich doch noch etwas wahrnahm …
    Er war nicht allein.
    Da waren andere – mehrere Personen.
    Wie er standen sie orientierungslos und einsam in der undurchdringlichen Schwärze.
    Er holte tief Luft und schob sich weiter durch das ausgetrocknete Flussbett der Macht. Was er spürte war … ein schmerzhaftes Stechen. Ein verlockendes Streicheln. Ein Schatten der Dunklen Seite.
    Sith … dort draußen waren Sith.
    Genau genommen … nicht wirklich. Sie trugen das Potenzial dazu in sich – die Dunkle Seite hatte sie berührt, korrumpiert. Aber noch hatte sie sie nicht völlig verschlungen.
    Jaden versuchte, das verführerische und nur allzu bekannte Flüstern der Dunklen Seite zu ignorieren. Die Linie zwischen Licht und Dunkelheit war so schmal wie eine Vibroklinge, das hatte ihn schon sein Lehrmeister, Kyle Katarn, gelehrt. Es war ein Drahtseilakt. Manche wussten um den bodenlosen Abgrund, der unter ihnen klaffte, andere waren völlig ahnungslos. Es waren Letztere, die nur allzu oft in die Finsternis stürzten, aber zumindest blieb ihnen die Last und die Qual des Wissens erspart, mit der Erstere leben mussten. Auch Jaden hatte sich schon oft gewünscht, alles, was er im Orden gelernt hatte, vergessen zu können, wieder zu dem Jungen auf Coruscant zu werden, dem die Macht wie Zauberei erschienen war.
    Die Worte seines Meisters hallten durch das Dunkel: Die Macht ist ein Werkzeug, Jaden. Sie kann eine Waffe sein und ein Verband, kann Tod bringen und Heilung. Die Dunkle Seite, die Helle Seite … diese Differenzierung ist bedeutungslos. Versuche nicht, die Macht in Schwarz und Weiß zu unterteilen! Das ist der Fluch allen intelligenten Lebens. Wir versuchen, alles in bestimmte Kategorien einzuordnen, um es besser verstehen zu können. Aber diese Trennlinien, die wir so übereifrig ziehen, sind eine Illusion. Du musst die Wahrheit akzeptieren, denn sie birgt ein tieferes Verständnis der Dinge, ein unverzichtbares Wissen. Also vergiss dieses Schubladendenken! Öffne dich der Realität, und mache deinen Frieden mit ihr!
    Aber Jaden hatten sich nie mit dieser Wahrheit arrangieren können, und

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