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Gegenwinde

Gegenwinde

Titel: Gegenwinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Adam
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Josef und die drei Könige hatten sich um das Kindlein im Stroh versammelt.
    »Ich wusste nicht, dass ihr so gläubig seid«, sagte ich.
    Alex zuckte mit den Schultern, ich folgte ihm in die Küche, eine Pute brutzelte im Ofen, und auf dem Tisch wartete die Gänseleberpastete darauf, in Scheiben geschnitten zu werden.
    »Dein Sohn hat die Krippe verlangt, stell dir vor. Wir haben ein bisschen diskutiert, er und ich, nun ja, du solltest darauf achten, was er liest.«
    »Wieso das?«
    »Er weiß Bescheid. Das Paradies, die Jungfrau Maria, Unser Vater der du bist im Himmel und der ganze Quatsch … Wusstest du das nicht?«
    Er reichte mir das Messer und ich nahm eine Auster in die hohle Hand. Mit dem Kinn wies er auf einen gelben Schutzhandschuh. Er trug einen blauen, aber ich hatte diese Dinger immer verabscheut.
    »Willst du dir vielleicht lieber die Hand kaputtmachen? Weihnachten in der Notaufnahme, nein danke.«
    »Mal langsam. Das ist mir ein einziges Mal passiert. Seither hab ich Tausende aufgemacht, und es ist nie wieder vorgekommen.«
    »Zeig deine Hände.«
    Sie sprachen nicht gerade für mich, Dutzende kleine Verletzungen überall, manche kaum ein paar Tage alt.
    »Du hast ja eiskalte Pfoten.«
    Mit einer väterlichen Geste fasste er mir an die Stirn, berührte meine Schläfen.
    »Du bist eisig, Alter. Ist es in Paris so kalt?«
    Ich sagte nichts, ich schlürfte das graue, mit Zitrone beträufelte Fleisch und machte mich wieder an die Arbeit. Alex war nie sehr geschickt gewesen, normalerweise meckerte er während der ganzen Aktion, aber diesmal nicht, er sang oder pfiff, je nachdem.
    »Du bist ja ausgesprochen fröhlich. Weil Weihnachten ist?«
    Er warf mir einen rätselhaften, ungewohnt verschmitzten Blick zu, bevor er eine letzte Auster auf die Platte legte und sie ins Wohnzimmer trug.
    »Auf zum Aperitif …«
    Am Tisch waren die Kinder schon bei ihrem dritten Glas Champomy und leerten ganze Schüsseln mit Erdnüssen und Cocktailwürstchen. Alex machte den Champagner auf, und Nadine rutschte seltsam auf ihrem Stuhl hin und her, sie konnte nicht stillsitzen. Wir stießen auf den Weihnachtsmann und die Geschenke an, Manon wollte so tun, als glaubte sie noch an ihn, und war schon ungeduldig, es war Nacht, sie wollte schlafen gehen, sie behauptete, Glocken zu hören, aber es war nur das Klirren der Segelboote. Wir tranken alle einen Schluck, dann ergriff Nadine feierlich das Wort.
    »Alex und ich müssen euch was sagen.«
    Ich sah die beiden an, sie schauten, als müsste ich die Fortsetzung erraten, mein Gehirn war aufgeweicht, mein Blick trübe, mir gingen alle möglichen Gedanken durch den Schädel, aber ich kriegte sie nicht auf die Reihe, konnte nichts mit ihnen anfangen. Ich konnte nur versuchen, inmitten der Engelsstimmen und Lichter durchzuhalten und meine Tränen zu unterdrücken.
    »Errätst du es nicht? Ich erwarte ein Baby.«
    Beide hatten sie glänzende Augen, sie waren so schön anzusehen, ich umarmte sie fest, zuerst schienen sie überrascht, aber dann ließen sie es geschehen. Die Kinder kamen auch dazu, einen Augenblick blieben wir alle aneinandergedrängt, unsere Gesichter, unsere Haare berührten sich, es war wie ein Gebet, in dem das kommende Kind und die Erinnerung an Sarah sich vermischten, ich zerfloss in Tränen, plötzlich hatte ich das Gefühl, mich von etwas zu befreien, noch waren die Worte nicht über meine Lippen gekommen, aber die Gesten waren dieselben.
    Überwältigt setzten wir uns wieder und schlürften unsere Austern. Das ganze Essen verlief in einer Atmosphäre seltsamer, unpassender Freude, aber es war auch gut so, die Kinder strahlten eine Sorglosigkeit aus, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr an ihnen erlebt hatte, sie hatten nur Weihnachten und ihre zukünftige Cousine im Kopf. Manon war überzeugt, es würde ein Mädchen und sie würde sich um sie kümmern wie um ihre eigene Schwester. Ich dachte, es ist verrückt, wie das Leben uns manchmal durch eine Geburt wieder in seinen unausweichlichen Lauf einbeziehen, uns weitertragen kann, ohne dass wir uns wirklich dagegen wehren können. Natürlich täuschte ich mich gründlich, natürlich war ich vernichtet, aber irgendwie schien mir an diesem Abend in der weihnachtlichen Wärme, mit dem Glück, in dem Nadine und Alex schwammen, mit dem Glitzern der Lichterketten und dem Tannengeruch, wieder eine Zukunft möglich zu werden. Eine unerträgliche Unklarheit und Ungewissheit war beseitigt. Die Kinder wussten es noch nicht und

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