Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geh@ckt: Wie Angriffe aus dem Netz uns alle bedrohen. Ein Agent berichtet (German Edition)

Geh@ckt: Wie Angriffe aus dem Netz uns alle bedrohen. Ein Agent berichtet (German Edition)

Titel: Geh@ckt: Wie Angriffe aus dem Netz uns alle bedrohen. Ein Agent berichtet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael George
Vom Netzwerk:
Norddeutschland.
    Cyber-Einheiten wie die hier erwähnte fokussieren sich auf die technische Ebene von Angriffen, die klassischen Beschaffungsmethoden von Nachrichtendiensten sehen etwas anders aus. Das Gefährliche ist allerdings eine Kombination beider Methoden.
    Doch bevor ich tiefer in die Arbeitsweise des zweitältesten Gewerbes der Welt eintauche, kurz noch eine Anmerkung über die Begriffe «Nachrichtendienst» beziehungsweise «Geheimdienst», die in der Öffentlichkeit häufig vermischt werden. Geheimdienste arbeiten im Geheimen, also unkontrolliert von Parlament, Öffentlichkeit und Medien. Nachrichtendiensten hingegen sind die Mittel zur Nachrichtenbeschaffung genau vorgeschrieben, und sie unterliegen einer Kontrolle. Eine Abgrenzung ist zugegebenermaßen oft nach außen hin nicht präzise zu erkennen, wie im Fall des israelischen Mossad, dessen Tätigkeiten kaum durch Presse und Öffentlichkeit kontrolliert werden. Der russische Auslandsnachrichtendienst  SWR (ehemals KGB ) und der FSB , der russische Inlandsnachrichtendienst, gehören ebenfalls dazu. Sie sind alte Instrumente einer neuen Regierungsform. Ob die einer Demokratie entspricht, soll an dieser Stelle keine weitere Bewertung finden, sicher ist jedoch, dass die Dienste anderen, weniger öffentlichen Kontrollen unterliegen als die Deutschlands. Überhaupt: Ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten nach deutschem Vorbild gibt es in den meisten Ländern erst gar nicht. Nachrichtendienste wie der deutsche Bundesnachrichtendienst, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Bundesländer sowie der Militärische Abschirmdienst ( MAD ) unterliegen dieser öffentlichen Kontrolle und agieren unter engen gesetzlichen Vorgaben innerhalb ihrer zugewiesenen Zuständigkeit. Außerdem stehen sie aus geschichtlichen Gründen, gerade in Deutschland, unter einer ständigen und sehr genauen und kritischen Beobachtung der Medien. Das sollte man wissen, wenn in der Presse von Geheimdiensten die Rede ist.
    Aber wie arbeiten Nachrichtendienste (und auch Geheimdienste)? Und warum haben sie solch großes Interesse an Cyber-Operationen?
     
    «Schreiben Sie mal auf», rief der Ausbilder während meiner Anfangszeit beim Bundesnachrichtendienst. «Packen Sie einfach Ihre kriminelle Energie zusammen und überlegen Sie, wie Sie an geheime Informationen irgendwo auf der Welt herankommen könnten. Kein Vorgehen ist tabu. Schreiben Sie es auf die ausgeteilten Zettel. Anschließend pinnen wir hier alles an die Wand.»
    Dr. Hasenclever war ein erfahrener Anbahner und Verbindungsführer. So nennt man die Mitarbeiter, die in der Abteilung für HUMINT -Operationen, also in der operativen Beschaffung eingesetzt werden. Er hatte einige Jahre im Ausland verbracht und eine Vielzahl von Operationen geleitet. Stets in einem guten Anzug gekleidet vermittelte er nun uns, den Neuen, seine Erfahrungen aus der langjährigen Tätigkeit. Wir überlegten in Dreier-Teams. Wie kommt man an geheime Informationen? Wohlgemerkt, wir befanden uns in den frühen Neunzigern, also noch weit weg von Handys, USB -Schnittstellen und DVD s. Die entsprechenden Informationen waren also überwiegend auf Papier, in irgendwelchen Akten oder in den Köpfen der Menschen gespeichert. Außerdem gab es Produktmuster, Prototypen, Anlagen oder Fabriken, die man fotografieren konnte. Und, so dachten wir, geheime Dinge werden auch irgendwie über Leitungen oder die Luft übertragen, wenn Menschen darüber reden. Dann müssten sie auch abhörbar sein, folgerten wir.
    So beschrifteten wir einen Zettel nach dem anderen: «Einbrechen (Haus – Wohnung – Büro – Fabrik)», «Dokumente und Computer entwenden», «Dinge abfotografieren oder fotokopieren», «Abhören», «Menschen erpressen» oder «Einfach dumm fragen». Unser Ausbilder nahm für jeden Zettel eine Stecknadel und piekste das Papierstück an die Pinnwand. Die Zettel der anderen Gruppen pinnte er ebenfalls dazu. Ein Team hatte außerdem Vorgehensweisen wie «Müll durchwühlen» oder «Mitarbeiter unter falschen Tatsachen ausfragen» mit auf seinen Kärtchen stehen.
    «Und jetzt nehme ich alle Zettel wieder von der Wand, auf denen Dinge stehen, die für uns als deutschen Nachrichtendienst unzulässig sind», sagte Dr. Hasenclever schließlich. «Wenn Sie nichts dagegen haben, stecke ich sie in einen Umschlag und schick ihn zu einer Ausbildungsgruppe in den Nahen Osten.»
    Wir lachten.
    «Sehen Sie hier», fuhr er fort, «Erpressen.

Weitere Kostenlose Bücher