Geheimcode F
Zuhörern sprechen durfte.
Zufrieden blickte Gerard in die Runde seiner Studenten. Nach ihrem freundlichen Lächeln zu schließen, beruhte die Zuneigung auf Gegenseitigkeit. Kein Wunder — wer hatte schon so einen Professor?
»Grunz!« machte Marie-Antoinette, dem würdigen Anlaß entsprechend zurückhaltend, als wollte sie sich nicht in den Mittelpunkt stellen. Der war sie seit ihrem Eintreten natürlich längst. Und vermutlich auch der Hauptgrund für das Kichern in den ersten Bankreihen. Marie-Antoinette, das außergewöhnlichste Schwein der Welt. Der Philosoph ohne festen Wohnsitz erkannte sie sofort und eilte ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen. Seltsam, gerade vorhin hatte er noch mit ihr telefoniert und ihr fasziniert beim Fressen gelauscht... Er hatte sich noch gewundert, daß sie jetzt so scharf auf Mohrrüben war...
Sein kleines Schätzchen. Endlich waren sie wieder vereint. Nein, das nächste Mal würde er sie nicht zurücklassen. Niemals. Gerard hatte jetzt anderes im Sinn, als seinen wirren Vortrag zu Ende zu führen. »Für heute ist Schluß!« verkündete er seinen durch diese Nachricht merkbar erleichterten Studenten. Er bückte sich und umarmte das Schwein lange und herzlich.
»Ich habe leider kein Wort von Ihrem Vortrag verstanden«, sagte Rica lächelnd. Gerard grinste zurück: »Darin liegt der tiefere Sinn, mein Kind!« Er wollte sie noch fragen, warum und woher sie eigentlich kam, aber Marie-Antoinette machte sich selbständig und strebte dem Ausgang zu, die Leine hinter sich herschleppend. »Sie ist der Boß !« meinte Gerard ergeben. »Das ist so mit den Frauen...« Rica nickte verständnisvoll. »Ich habe trotzdem Hunger!«
»Na, dann wollen wir dem mal gründlich abhelfen«, gab Gerard zurück und öffnete für Rica und das Schwein mit einer höflichen Verbeugung die Tür.
»Wird’s bald, oder soll ich den Kram selber aufladen«, knurrte die Verkäuferin hinter der Kassa hervor. Fabiola und Tobias wechselten einen Blick. Die hatte vielleicht schlechte Laune. Sie hatten nämlich diverses Handwerkzeug und alles, was Opa für seine Tischlerarbeiten sonst noch brauchte, auf den Einkaufswagen geladen und sahen keine Chance, das sperrige Zeug auf den schmalen Ladentisch, der sich gleich bei der Kassa befand, zu legen.
»Vielleicht geht es auch so«, schlug Fabiola freundlich vor. Die Verkäuferin sah sie empört an, holte dann aber doch den Code-Leser hervor und prüfte, wie lange das Verbindungskabel war. Es war kein Problem, die Ware von oben her abzulesen, auch ohne sie vom Wagen zu nehmen.
»Vielen Dank für Ihr Verständnis!« Tobias’ Höflichkeit war etwas übertrieben. Fabiola puffte ihn in die Seite, und beide mußten lachen. Diese Tante hinter der Kassa war auch zu komisch.
»Mit dem linken Fuß aufgestanden und vermutlich Zitronen zum Frühstück verspeist...« flüsterte Tobias Fabiola ins Ohr.
»Was ist denn da los?« Die Verkäuferin besah sich ungläubig ihren Barcode-Leser. »Da muß irgendwo ein Fehler sein...« Die Ziffernfolgen im Display spielten einfach verrückt. Sie versuchte es noch einmal und kam dabei mit dem Gerät dicht an den Hals des Hundes. Wieder rasselte eine ganze Latte von Zahlen durch das Kontrollfeld. Tobias, computergeeicht, witterte eine Sensation.
»Stellen Sie doch bitte mal auf Null«, bat Fabiola. Tobias lugte interessiert über ihre Schulter. Das mußte er genau sehen! Wieder diese ungewöhnliche Ziffernfolge. Fabiola dachte kurz nach.
»Das hab ich schon einmal gesehen. Das ist ein Code von einem Minichip...« Sie nahm der völlig verblüfften Verkäuferin das Gerät aus der Hand. »Sie gestatten...« Dann fuhr sie mit dem Scanner mehrmals über das Fell des Hundes neben ihr. Tobias traute seinen Augen nicht. Es funktionierte! An einer ganz bestimmten Stelle am Hals des Hundes begann der Scanner durchzudrehen. »Es ist ein ganz winziges Implantat, man kann es sogar fühlen, hier!« Tobias tastete vorsichtig über die bezeichnete Stelle. Da war ein Knoten unter dem Fell. Vielleicht einen Zentimeter im Durchmesser. »Aber wozu macht man das?«
»Um die Tiere identifizieren zu können«, erklärte Fabiola. »Wir müssen jetzt nur herausfinden, woher dieser Code stammt. Dorthin gehört auch der Hund!«
»Und, was ist, wollen Sie die Sachen jetzt kaufen oder nicht?« Die Dame hinter der Kasse wurde langsam ungeduldig. Tobias kramte schnell die Börse hervor. In Gedanken war er allerdings schon dem Code auf der Spur. Er zahlte und beeilte
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