Geheime Versuchung
sich neben ihr. Er kam ein paar Zentimeter näher, doch das reichte, um ihre Wölfin in eine Mischung von Verlangen und Panik zu versetzen.
»Du hast nichts von mir zu befürchten, Grace.« Leise, fast zärtlich. »Wenn du willst, dass ich etwas nicht tue, brauchst du nur Nein zu sagen. Einverstanden?«
Sie hob und senkte den Kopf, ihre Kehle war so ausgedörrt wie die Mojave-Wüste.
»Aber«, fuhr er fort, »ich gehe erst, wenn du es sagst. Denn ich werde um dich werben.«
Das Werkzeug entglitt den Fingern, als seien sie taub geworden, und fiel scheppernd zu Boden. Cooper hob es auf und legte es in den Werkzeugkasten. »Ich lasse dich jetzt weiterarbeiten … aber ich komme bald wieder.« Damit erhob er sich und ging. Die kräftige Gestalt entfernte sich kraftvoll und beherrscht durch den engen Versorgungstunnel und verschwand schließlich in einem anderen Gang der Höhle.
Grace’ Brust schmerzte, so stark schlug ihr Herz, sie schnappte nach Luft und sank an der Mauer zu Boden. »Oh Gott. Ohgottohgott.« Ihre Brust hob und senkte sich schnell, als sie mehrmals tief Luft holte, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Es gelang ihr nicht.
Blind griff sie nach der Wasserflasche, setzte sie an und schluckte.
Doch auch die kühle Flüssigkeit konnte sie nicht beruhigen.
»Ich werde um dich werben.«
Nicht in ihren wildesten Fantasien hätte sie sich träumen lassen, dass Cooper je so etwas zu ihr sagen würde. Das höchste der Gefühle waren unergiebige erotische Tagträume, aus denen sie durchgeschwitzt und unbefriedigt wieder aufgetaucht war. Nackt hatten sie beisammengelegen, ihre Lippen an seiner Kehle, seine Hände auf ihren Hüften, um sie in Besitz zu nehmen. Im wirklichen Leben würde sie wahrscheinlich panisch reagieren, wenn sie unter ihm lag, weil ihre Wölfin sich sofort dem Raubtier in ihrem Bett unterwerfen würde, doch in ihren Fantasien spielte die harte Wirklichkeit der Hierarchie keine Rolle.
Wenn Cooper sie gebeten hätte, das Bett mit ihm zu teilen, hätten ihr die Träume eine Grundlage verschafft, in der sie einen wenn auch flüchtigen Halt gefunden hätte. Doch ein Gestaltwandler wie Cooper sagte nicht »werben«, wenn er wollte, dass eine Frau mit ihm das Lager teilte, ob nun für eine Nacht oder länger. Nein, Cooper war es vollkommen ernst.
Der große, böse, gut aussehende Wolf wollte sie ganz haben.
2
Fast glaubte Grace schon, sie hätte sich alles nur eingebildet, doch als sie ihr Handgelenk hob, roch sie Erde und Bernstein, Coopers Witterung. Liebend gerne hätte sie die Nase an seinen Hals gedrückt und seinen Duft ganz tief eingeatmet, um die einzelnen Bestandteile herauszufinden, die das umwerfende Ganze ergaben.
Obwohl nur noch ein Hauch zu spüren war, kribbelte ihre Haut, und eine Flut von höchst sinnlichen Erinnerungen an den muskulösen Mann stellte sich ein: der tiefe Bronzeton seiner Haut, schwarzes Haar, das er so kurz geschoren trug, dass sie unentwegt das Bedürfnis unterdrücken musste, die Hand auszustrecken und ihm über die Stoppeln zu streichen. Bei seinem Kinn ging es ihr genauso.
Wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn er die Wange an Hautstellen rieb, die sie nur im Schlafzimmer entblößte?
Stöhnend trank sie noch einen Schluck Wasser. Es half einfach nicht. Noch immer war ihr Adrenalinpegel so hoch, dass sie vor Energie fast aus der Haut platzte. Ihre Wölfin war ebenso verwirrt wie die Frau. Als sie erneut Schritte im Gang hörte, verlor sie beinahe die Nerven. Doch dann roch sie Vivienne und hätte beinahe vor Freude geweint, als die große, schlanke Frau um die Ecke bog.
Eine eiskalte Schönheit, hatte sie beim ersten Anblick der Kollegin gedacht. Das glatte schwarze Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die braunen, mandelförmigen Augen blickten kühl aus dem makellos weißen Gesicht. Doch dann hatte Vivienne gelacht – genau wie jetzt – und die unwiderstehlich warme und spielerische Seite ihres Wesens enthüllt. »Hallo, Chefin. Ich wollte gerade das Kommunikationssystem in diesem Abschnitt gründlich überprüfen – in 7B gab es nur eine kleine Panne.«
Grace klatschte mit der Hand neben sich auf den Boden. »Mach mal Pause.« Sowohl für die Arbeit als auch für ihre freundschaftliche Beziehung war es wichtig, dass Vivienne als dominante Wölfin keine Schwierigkeiten damit hatte, Befehle von einer Unterwürfigen entgegenzunehmen. Wie flexibel der Einzelne hierbei war, musste von den »zivilen« Chefs immer wieder sorgfältig
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