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Geheimnis des Feuers

Geheimnis des Feuers

Titel: Geheimnis des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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schämte sich wegen ihrer einfachen Kleider. Sofia ging hinein zu den Vögeln und fragte Fatima, ob sie zusammen mit ihrer Mutter das Grab ihrer Schwester besuchen dürfe. Fatima wurde fast böse darüber, dass Sofia fragte.
    »Natürlich sollst du zum Friedhof gehen«, sagte sie. Sie gab Sofia auch ein wenig Geld, damit sie den weiten Weg durch die Stadt zum Friedhof nicht zu Fuß gehen mussten.
    Dann beschrieb sie Sofia, wo sie einen Laster fand, der in die richtige Richtung fuhr.
    Lydia schien sich vor der Stadt zu fürchten. Sie hielt sich nah bei Sofia und fürchtete sich vor den hohen Häusern, den vielen Autos und den Menschen, die es alle so eilig hatten. In einem umgebauten Jeep erreichten sie den Friedhof. Lydia dachte lange nach, ehe sie in die Richtung zeigte, in die sie gehen mussten.
    Der Friedhof war sehr groß. Vor den hohen verrosteten Pforten, die an gesprungenen Zementpfeilern hingen, gab es kleine Häuser mit einem Kreuz dran. Dort standen Särge aufeinander gestapelt. An jedem Haus war der Name der Familie eingemeißelt, die hier ihre Toten verwahrte. Zu ihrer Verwunderung entdeckte Sofia, dass arme Menschen, die keine Wohnung hatten, in diese Sarghäuser eingezogen waren.
    Sie schliefen oder bereiteten Essen zwischen den Särgen. Sofia schauderte bei dem Gedanken, dass sie einmal so arm sein könnte, dass sie zwischen Gräbern hausen müsste.
    Sie gingen weiter und kamen zu langen Reihen von weißen Grabsteinen. Viele waren verwittert oder umgefallen.
    Zwischen trockenen Blumen und verrotteten Kreuzen huschten Eidechsen herum. Der Friedhof schien unendlich zu sein. Schließlich wurden die Abstände zwischen den Steinen größer und sie kamen zu einem ausgedehnten Gebiet, in dem nur einfache Holzkreuze daran erinnerten, wo die Toten begraben waren. Lydia blieb stehen und sah sich um. Dann gingen sie weiter. Erst am Rand des Friedhofs waren sie am Ziel.
    »Hier ist es«, sagte Lydia und wischte sich mit dem Kopftuch den Schweiß von der Stirn.
    Sofia sah sich um. Ein Grab konnte sie nicht entdecken. »Hier liegen viele zusammen begraben«, sagte Lydia. »Sie waren so arm wie wir. Aber hier ist es, ich weiß es.« Sie setzten sich in den Schatten eines hohen Baumes. Sofia versuchte sich vorzustellen, Maria sei irgendwo in der Nähe, begraben in der Erde. Gleichzeitig beschloss sie, Maria vom ersten selbst verdienten Geld ein Kreuz zu kaufen. Erst dann würde sie wirklich begreifen, dass Maria hier begraben lag.
    Lydia begann ihren Körper langsam zu wiegen. Aus ihrem Mund kam ein lang gezogener klagender Laut. Sofia begann sich auch zu wiegen. Ohne dass sie wusste, wie es zuging, stieg auch aus ihrem Mund ein Klagen. Sie saßen viele Stunden zusammen und trauerten um Maria.
    Erst als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war, sagte Sofia, dass sie an den Aufbruch denken müssten.
    Sie hatte gerade noch so viel Geld, dass sie mit einem Lastwagen zurückfahren konnten. In dieser Nacht schlief Lydia auf dem Fußboden in Sofias Zimmer. Sofia hatte ihr das Bett geben wollen. Aber Lydia war eigensinnig. Sie rollte sich auf einer Bastmatte neben dem Bett zusammen und schlief, während sie Faustino an ihren Körper presste. Am nächsten Morgen musste sie wieder gehen. José-Maria hatte ihr versprochen, dass sie mit einem Laster zurück ins Dorf fahren konnte. Sofia erklärte ihr, wie sie gehen musste, um zum Marktplatz zu gelangen, wo die Laster standen.
    »Komm bald nach Hause«, sagte Lydia, als sie sich vor Hermengardas Haus verabschiedeten. Noch hatte Sofia ihr nicht erzählt, dass Totio sie besucht und gefragt hatte, ob sie seine Nähmaschine übernehmen wollte. Zuerst musste sie wissen, ob es nicht schon zu spät war. Dann würde sie in das Dorf außerhalb von Boane zurückkehren. Erst dann war es Zeit, Lydia alles zu erzählen.
    Sie winkte Lydia nach und sah sie an einer Straßenecke verschwinden. Dann machte sie sich eilig auf den Weg zu Fatimas Haus, wo die Vögel, Stoffe und Garne auf sie warteten.
    Sofia brauchte Totio nicht zu fragen. Er kam selbst in die Stadt um sie zu fragen, ob sie sich entschieden hatte. Das war ungefähr eine Woche nach Lydias Besuch. Diesmal brachte er Fernanda mit. Als Sofia gesagt hatte, dass sie die Nähmaschine gern übernehmen wolle, machte Fernanda vor Freude ein paar Tanzschritte. Die Vögel in Fatimas Haus flogen verschreckt in alle Richtungen. »Das müssen wir feiern«, sagte sie und nahm Totio den zerschlissenen Hut ab, den er in der Hand hielt. »Das

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