Geheimnis um ein Haus im Walde
betrug.
Flipp hatte schon öfters heftige Schelte und ein paarmal sogar Schläge von seinem Vater bekommen. Er und Betti schwebten dauernd in Angst, daß der Polizist sich über sie beschweren könnte. Sie waren daher ganz entsetzt, als sie bei ihrer Heimkehr von Ursel, dem Stubenmädchen, hörten, daß Herr Grimm vor ein paar Minuten angerufen hatte.
„Habt ihr etwa was angestellt?” fragte Ursel, die die Kinder sehr gern hatte. „Eure Mutter ist fortgegangen. Herr Grimm will gegen Abend zu ihr kommen. Ich wollte euch für alle Fälle warnen, damit ihr vorbereitet seid.”
Flipp bedankte sich bei ihr. Die Geschwister tranken ihren Tee in trübe Gedanken versunken. Wie waren sie nur darauf verfallen, den mürrischen dicken Jungen für Dicki zu halten? Jetzt konnten sie das gar nicht begreifen. Er hatte doch überhaupt nichts von Dickis Wesen an sich gehabt. Schließlich riefen sie Gina und Rolf an und erzählten ihnen von Wegdas bevorstehendem Besuch.
„Ach, herrje!” rief Rolf. „Es sieht ihm ähnlich, sich sofort zu beschweren, bloß weil sein Neffe über uns getratscht hat. Meine Mutter wird nicht viel darauf geben. Aber was wird eure sagen? Na, vielleicht wird’s nicht so schlimm.”
Als Frau Hillmann nach Hause kam, gingen die Kinder in die Diele hinunter.
„Mammi”, begann Flipp stockend. „Wir – haben dir etwas zu sagen. Es ist …”
„Was habt ihr wieder angestellt?” unterbrach seine Mutter ihn ungeduldig. „Habt ihr etwas zerbrochen? Heraus mit der Sprache!”
„Nein, zerbrochen haben wir nichts”, antwortete Betti.
„Aber – wir gingen doch zur Bahn, um Dicki abzuholen.”
„Und als ein dicker Junge aus dem Zug stieg, dachten wir, es wäre Dicki in einer Maskierung”, fuhr Flipp fort.
„Wir gingen ihm nach und …”
„Und dann riefen wir ,Dicki’ hinter ihm her und sagten, daß wir ihn erkannt hätten. Und er wurde so böse und …”
„Ihr habt also hinter einem fremden dicken Jungen Dicki hergerufen! Kein Wunder, daß er böse wurde!” Frau Hillmann seufzte. „Warum müßt ihr bloß immer solche Dummheiten machen? Habt ihr euch wenigstens entschuldigt?”
„Nein, entschuldigt haben wir uns nicht”, antwortete Flipp. „Wir glaubten ja wirklich, es wäre Dicki. Aber es war der Neffe von Herrn Grimm.”
„Auch das noch!” rief Frau Hillmann ärgerlich. „Nun wird der Polizist natürlich wieder herkommen und sich über euch beschweren. Ihr wißt doch, was euer Vater beim letzten Mal gesagt hat.”
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Ursel trat ein. „Herr Grimm möchte Sie sprechen, Frau Hillmann. Soll ich ihn hereinführen?”
Ehe Frau Hillmann dazu kam, eine Antwort zu geben, hatten die Kinder die Gartentür aufgerissen und waren wie der Blitz in der Dunkelheit verschwunden. Sobald sie draußen waren, bereute Flipp allerdings die unüberlegte Flucht. Aber Betti hatte so verzweifelt nach seinem Arm gegriffen, als sie den Namen des Polizisten hörte, daß er ohne Besinnung mit ihr davongelaufen war.
Ein Strom kalter Luft drang durch die offene Tür ins Zimmer. Kaum hatte Frau Hillmann sie kopfschüttelnd wieder zugemacht, da trat auch schon Herr Grimm langsam und gewichtig ins Zimmer. Herr und Frau Hillmann waren Eltern nach seinem Herzen. Sie hörten ihn stets aufmerksam an, wenn er sich über ihre Kinder beschwerte. Jetzt wollte er einmal gründlich auspacken und kein gutes Haar an den Gören lassen.
„Setzen Sie sich bitte, Herr Grimm”, sagte Frau Hillmann. „Was führt Sie zu mir?”
Der Neffe von Herrn Grimm
Betti und Flipp liefen durch die Hintertür ins Haus zurück. Sie begegneten niemand. Die Köchin hatte Ausgang, und Ursel war oben in ihrem Zimmer. Atemlos hasteten sie die Treppe hinauf und schlüpften in ihr Zimmer.
„Wir hätten nicht fortlaufen sollen”, sagte Flipp.
„Mammi muß ja denken, wir hätten ein schlechtes Gewissen.”
„Horch!” rief Betti. „Ich glaube, Pa kommt nach Haus. Ja, er ist es. Nun wird Wegda auch ihm alles brühwarm berichten.”
Herr Grimm blieb ziemlich lange. Als er endlich fort war, rief Frau Hillmann: „Flipp, Betti, kommt bitte herunter. Wir haben euch etwas zu sagen.”
Zögernd gingen die Geschwister nach unten. Flipp gab sich Mühe, gelassen zu erscheinen, während Betti ihre Angst nicht verbergen konnte. Aber die Eltern waren gar nicht böse.
„Hört mal zu, Kinder!” begann die Mutter. „Herr Grimm hat uns soeben erzählt, daß sein Neffe die Ferien bei ihm verbringen
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