Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
war, verstarb seine Mutter an »Auszehrung infolge Wassersucht«. In dieser Situation handelte der Witwer nach völlig pragmatischen Erwägungen. Da er für die damalige Zeit mit seinen 55 Jahren bereits als ältlicher Mann galt, gab er den kleinen Alois zur Pflege bei seinem Bruder Nepomuk Hüttler. Dieser Ziehvater war nicht nur um 15 Jahre jünger, er war im Dorf Spital auch der reichste Mann, dem neben einer großen Landwirtschaft auch das einzige Gasthaus im Ort gehörte. Hier wuchs Alois Schicklgruber in ausgesprochen gut situierten Verhältnissen auf. Mit 14 Jahren verließ er schließlich seine Heimat im Waldviertel und ging nach Wien, um bei Verwandten seines Ziehvaters eine Schuhmacherlehre zu absolvieren. Er schloss diese auch erfolgreich ab, doch anscheinend stand ihm der Sinn nach Höherem. Mit 19 Jahren strebte Alois eine Beamtenlaufbahn an und trat in den Zolldienst ein. Was folgte, war eine außergewöhnliche Karriere, in der er es bald zum kaiserlich-königlichen Zolloffizial brachte, sehr zum Stolz seiner Angehörigen im heimatlichen Waldviertel.
Alois Schicklgruber war der Stolz der bäuerlichen Verwandtschaft, einer der Ihren, der sich doch in einem ganz anderen Metier erfolgreich gezeigt hat, der oftmals im Waldviertel war und stolz vor seinen Verwandten verkündet hat: »Ihr werdet euch wundern, wie hoch ich aufgestiegen bin.« Dieses Zitat von ihm ist überliefert.
Anna Maria Sigmund, Historikerin
Am 6. Juni 1876 – 19 Jahre nach dem Tod von Georg Hiedler und 29 Jahre nach dem Tod von dessen Ehefrau Maria Anna – erschien der ehemalige Ziehvater von Alois Schicklgruber in Begleitung dreier Zeugen vor dem Notar Josef Penkner in der Kreisstadt Weitra. Offensichtlich hielt Nepomuk Hüttler nun den richtigen Zeitpunkt für gekommen, die Abstammung des unehelichen Alois ein für alle Mal zu klären. Der Notar, dem die Männer nach eigenen Angaben seit Langem persönlich bekannt waren, setzte ein Protokoll auf und hielt darin die Aussagen der Zeugen fest, die die Grundlage für die Legitimation bildeten.
»… daß der am 5. Jänner 1857 zu Spital verstorbene, ehemalige Müller und Inwohner Georg Hitler [sic!] in ihrer Gegenwart und zu ihnen wiederholt vor seinem Tod als seinem letzten und unabänderlichen Willen erklärte, seinen von ihm … mit seinem nachmaligen Eheweibe der damals ledigen Bauerntochter Maria Anna Schicklgruber erzeugten Sohn Aloys … als seinen ehelichen Sohn und vollberechtigten leiblichen Erben seines Namens sowohl als seiner gesamten Habe zu wissen und in aller Form rechtens zu legitimieren.«
Wortlaut des Legitimierungsprotokolls von Alois Schicklgruber alias Hitler
Wie ihm die Zeugen glaubhaft gemacht machten, hatte Georg Hiedler zu seinen Lebzeiten mehrfach bekundet, dass er der leibliche Vater von Alois Schicklgruber war und es sein Wunsch sei, dass dieser auch sein Erbe werde.
Der Notar beglaubigte das Dokument, kassierte die Gebühren und machte damit in aller Form Alois Schicklgruber zum Sohn von Georg Hiedler. Es war ein Akt mit weitreichenden Folgen. Denn in dem ausgestellten Protokoll tauchte zum ersten Mal die Schreibweise »Hitler« auf. Der Grund dafür war vermutlich ein Hörfehler des Notars, denn im Waldviertler Dialekt wurden die Namen Hüttler, Hiedler oder Hitler sehr ähnlich klingend ausgesprochen. Zudem war die Schreibweise seit jeher starken Variationen unterworfen, mit der es selbst die Namensinhaber nicht immer so genau nahmen. Mal schrieb man sich Hiedler, ein andermal Hittler, ganz nach Belieben. Die Bedeutung war immer die gleiche – mit »Hüttler« bezeichnete man einen Kleinbauern. Es war also der Notar Josef Penkner aus Weitra, dem Adolf Hitler die markante Form seines Namens zu verdanken hatte – eine Veränderung, die ungeahnte Auswirkungen haben sollte. Denn der NS-Gruß »Heil Hitler« wirkte ungleich effektvoller als ein weicheres »Heil Hiedler«. Vor allem aber ließ es sich bei Massenveranstaltungen wesentlich wirkungsvoller brüllen als ein ganz und gar unvorstellbares »Heil Schicklgruber«. Wie lächerlich dieser Name im Ausland wirkte, zeigte die US-Propaganda, die damit den deutschen Diktator immer wieder verächtlich machte.
»Schickelgruber alias Hitler«: Alliierter Propaganda-Button aus dem Zweiten Weltkrieg.
Corbis, Düsseldorf (David J. & Janice L. Frent Collection)
Mit der notariell bestätigten Erklärung begab sich Nepomuk Hüttler in Begleitung der drei Zeugen am nächsten Tag in die Gemeinde Döllersheim,
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