Geheimnisse des Himmels
verschwunden?“, fragte Kaithlyn und sah auf das verlassende Bett. Eigentlich war es ein dummer Gedanke von ihr gewesen; was sollte Reid hier schon halten? Aber einfach so zu gehen. Würde sie ihn jemals wieder sehen?
„Ich muss jemandem Bescheid geben“, fuhr die Frau fort und drehte sich rasch auf dem Absatz um. Schon war sie wieder weg. Kaithlyn bemerkte, dass das Fenster auf war. Die Vorhänge flatterten sanft im Wind. Sie spähte hinaus in den Garten und ihr war als würde sie hinten in der Ferne den Umriss einer Person wahrnehmen, der langsam verschwand. Kaithlyn lehnte sich weiter hinaus und kniff angestrengt die Augen zusammen.
„REID?!“
Wenn er es war, konnte er sie nicht hören, er war zu weit entfernt. Kaithlyn stürmte aus dem Zimmer und rannte die Flure entlang, wobei sie fast einen Wäschekarren umgeworfen hätte. Vielleicht war er es wirklich? So einfach würde er nicht davon kommen. Kaithlyn machte sich insgeheim Hoffnung ihn nach dem Karacord Ring fragen zu können. Plötzlich prallte sie gegen ein Hindernis und plumpste rücklings zu Boden.
„Oh…ähm…Verzeihung, ich habe nicht aufgepasst“, murmelte sie entschuldigend.
„In der Tat“, raunte eine tiefe, unfreundliche Stimme. Ein großer dünner Mann stand vor ihr und starrte auf sie hinunter. Er schien sehr alt, zumindest seinem unglaublich langen silbernen Bart nach zu urteilen. Sein Kopf hingegen war kahl und Sorgenfalten durchzogen seine Stirn, während seine kalten wässrigen Augen auf Kaithlyn ruhten. Ein Gewand, so wie er es trug, hatte Kaithlyn noch nie gesehen. Es sah traditionell aus, wie ein Gewand, für eine Zeremonie, darauf waren an den langen Ärmeln Symbole, die wie chinesische Zeichen aussahen. Um seine Hüfte trug er ein silbernes Band, wie einen Gürtel gewickelt. Er machte den Eindruck eines Weisen oder Gelehrten, die in Tempeln lebten, dachte Kaithlyn und rappelte sich auf. Der alte Mann schürzte seine dünnen, runzeligen Lippen zu einem Lächeln.
„Ich glaube meine Suche endet hier“, sagte er.
„Äh…was? Entschuldigung, aber ich bin in Eile“, sagte Kaithlyn, denn jede Minute, die verstrich, verlor sie Zeit und Reid entfernt sich weiter, wahrscheinlich war er schon weg. Den Mann interessierte das wenig, seelenruhig streckte er Kaithlyn seine dünne, knochige Hand entgegen, an der er unzählige Ringe trug.
„Mein Name…“, begann er betont. „Ist Kaitara Razzu. Ich bin Hauslehrer der Familie Crossdale.“ Es hatte keinen Zweck mehr, Reid musste weg sein. „Vielleicht hat man Sie schon unterrichtet, dass ich Sie aufsuchen würde?“
„Nein“, sagte Kaithlyn wütend.
„Nein?“
Sie sah in sein strenges Antlitz.
„Ich bin Kaithlyn Hayworth“, sagte sie schließlich etwas eingeschüchtert. „Was kann ich für Sie tun, Mr Razzu?“
„Meister Razzu“, korrigierte er sie. Er unterzog sie einer zweiten Musterung. „Es geht um den Unterricht, Miss Hayworth.“ Er sagte das in einem Tonfall als würde er Kaithlyn dazu gratulieren, das sie eine Millionen Taler gewonnen hätte und nun reich sein würde. Sie öffnete den Mund, doch er sprach bereits weiter.
„Sie sollen wissen Miss Hayworth, dass Sie meinem Unterricht nur auf Wunsch des Mr Crossdale beiwohnen dürfen. Sie sollten daher – sehr dankbar sein.“
Sie sah ihn mit ratloser Miene an. Kaitara Razzu musterte sie mit strengem Blick, Kaithlyn fragte sich, ob er auch anders schauen konnte, als genervt und arrogant. Dieser Mann kam mit seiner Überheblichkeit nicht gerade sympathisch rüber.
„Mein Unterricht ist diszipliniert, geordnet. Ich nehme an, Sie haben, was ihre Lücken angeht, selbstverständlich , so wie ich es von meinen Schülern erwarte, diese durch selbstständig erarbeitetes Wissen geschlossen?“
Kaithlyn lächelte einfach. Lücken geschlossen? Wenn dieser alte Kauz nur wüsste. Kaithlyn war mit tausend anderen Sachen beschäftigt gewesen.
„Nun gut, wenn der jetzige Zeitpunkt für sie ungünstig ist, um über dieses bedeutende Thema zu sprechen, finden wir sicherlich einen anderen Tag.“
Razzu faltete seine Hände hinter seinem Rücken und schritt an Kaithlyn vorbei ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Kaithlyn sah ihm nach. Unterricht? Sie dachte nach und rief sich ins Gedächtnis, das Fye wohl so etwas beim tanzen erwähnt hatte. Da die Chance Reid noch einzuholen gleich null stand, ging sie missgelaunt zu Fyes Zimmer im zweiten Stock. Warum hatte dieser Meister Razzu sie ausgerechnet heute aufhalten
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