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Geheimnisvolle Beruehrung

Geheimnisvolle Beruehrung

Titel: Geheimnisvolle Beruehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Arm, es war ihr unerträglich, dass er sieben Jahre lang von einer solch zerstörerischen Erinnerung überzeugt gewesen war. »Du hättest ihn fast umgebracht.«
    Völliges Unverständnis stand in den schwarzen Augen, aus denen der Obsidianglanz gewichen war. Sie nahm erneut sein Gesicht in beide Hände und schickte ihm Bilder aus ihren Erinnerungen – detailreich und vollkommen real. Da die Erinnerungen fest in dem Verlies eingeschlossen gewesen waren, in dem sie ihr Selbst vor dem Labyrinth hatte retten wollen, waren sie nun kristallklar, enthielten jede Einzelheit der grauenhaften Nacht.
    Sahara versuchte, nicht zu schreien, als Santano ihr das Messer in die Brust stach, denn ihr Schmerz würde Kaleb rasend machen. Die Bestie hatte ihn mit unsichtbaren telekinetischen Fesseln an die Wand geschmiedet, den Kopf starr auf das Bett gerichtet, damit er keinen Augenblick der Folter verpasste.
    Kaleb hätte die Augen schließen und den Albtraum ausblenden können, doch er tat es nicht. Sie hatte das gewusst, obwohl sie ihn im Stillen gebeten hatte, fortzuschauen. Ihr Kaleb würde sie nie mit der Bestie allein lassen.
    Trotz aller Bemühungen schrie sie doch irgendwann, ihr Körper war über und über mit Blut bedeckt und glänzte rot im Schein der beiden Nachttischlampen, Schnitte klafften überall in ihrem Leib. Santano hielt inne, machte erst weiter, als sie nicht mehr schrie. »Weißt du, warum ich gerade diesen Ort ausgesucht habe? Es ist zwar ein billiges Hotel, aber die Räume sind schalldicht – und um diese Jahreszeit gibt es hier keine anderen Gäste.«
    Das hatte sich Sahara schon selbst zusammengereimt. »Hör bitte auf«, krächzte sie heiser.
    Enrique stach noch tiefer. Er dachte, sie würde um Gnade betteln. Doch das tat sie nicht. Ihre Worte galten Kaleb, ihrem schönen, starken Kaleb, der sie in stillem, schwarzem Zorn ansah und dem das Blut aus den Augen schoss, weil er gegen die Zwänge Enriques ankämpfte, um ihr zu Hilfe zu kommen.
    Sie wusste, dass der Druck in seinem Kopf mörderisch war, doch er hörte nicht auf sie – und sie konnte ihn telepathisch nicht erreichen. Enrique hatte den Kommunikationskanal gestört. So kämpfte Kaleb weiter, Blut strömte ihm über das Gesicht.
    »Hör auf«, flüsterte sie wieder, versuchte ihn vergebens mit den telekinetisch gebundenen Händen zu erreichen. »Tu es nicht.« Sie konnte es nicht ertragen, dass er sich selbst so verletzte, sich vielleicht sogar umbrachte. Wie sollte sie in einer Welt ohne Kaleb existieren?
    »Betteln hilft dir nicht«, sagte die Bestie. Mit seinen Fingern verteilte er spielerisch das Blut von frischen Wunden über bereits getrocknete Stellen, beugte sich vor. Sein Atem war ebenso widerwärtig wie sein Geist. »Du bist das letzte Ritual, wirst ihn vollenden. Dein Tod wird sein süßester Mord, ein Höhepunkt, den er ein Leben lang versuchen wird, erneut zu erreichen.«
    Schrecklicher Schmerz durchfuhr sie, ihr Herz brach für den Jungen, der ein Mann geworden war und seit ihrer ersten Begegnung alles getan hatte, damit sie in Sicherheit war. »Es ist schon in Ordnung«, sagte sie so leise, dass Enrique es nicht hörte, als er zu Kaleb trat.
    Doch Kaleb hatte es gehört, er hatte sie verstanden, die schwarzen Augen waren vollkommen leer, hart und tot und zornig.
    »Es ist schon in Ordnung«, wiederholte sie, doch an Kalebs Augen prallten ihre Worte ab, Blut tropfte aus seinen Ohren, als sein Hirn zwischen seinem unglaublichen Willen und Enriques bösen Zwängen beinahe zerplatzte.
    »Stich zu«, befahl Enrique, drückte Kaleb das blutige Messer in die Hand und zwang ihn, die Finger um das Werkzeug zu schließen, das so viele Schmerzen verursacht hatte. »Du bist wie ich, das warst du schon immer.« Ein hinterlistiger Blick zu Sahara, dann wandte er sich wieder Kaleb zu. »Tu, was in deiner Natur liegt.«
    Kalebs Finger lösten sich, und das Messer fiel mit einem dumpfen Laut zu Boden.
    In Sekundenbruchteilen änderte sich der Ausdruck auf Enriques Gesicht, Durchtriebenheit wich dem reinen Bösen, das schon immer in der Bestie gelauert hatte und nur durch die Fassade von Silentium verdeckt worden war. Nun war die Fassade verschwunden, keine Schranke trennte Kaleb mehr von der Bosheit der Bestie. »Glaubst du etwa, du könntest dich auflehnen?«
    Sahara schrie auf, als Kaleb so hart auf die Knie fiel, dass das Bett vibrierte. Sein Arm wurde an den alten Heizkörper an der Wand gepresst. Zuerst begriff sie nicht, was sie da sah … dann

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