Geheimrezept zum Glücklichsein
1. K APITEL
Sobald Jackie das Haus sah, war sie verliebt. Allerdings musste sie zugeben, dass sie sich schnell verliebte. Es lag nicht daran, dass sie sich leicht beeindrucken ließ. Sie war nur Gefühlen gegenüber offen, weit offen – ihren eigenen und denen anderer.
Das Haus barg viele Gefühle, fand sie, und nicht nur heitere. Das war gut so. Völlige Heiterkeit hätte ihr für einige Tage gefallen, doch bald hätte sich Langeweile eingestellt. Jackie bevorzugte die Kontraste, die scharfen Winkel und arrogant vorstehenden Ecken, aufgelockert durch Rundfenster und unerwartet reizvolle Torbögen.
Die weiß getünchten Wände leuchteten im Sonnenschein, strenge Ebenholzrahmen setzten sich davon ab. Obgleich sie nicht glaubte, dass die Welt schwarz-weiß war, bewies das Haus, dass die beiden krassen Gegensätze in Harmonie miteinander existieren konnten.
Die Fenster waren groß, gaben den Ausblick nach Westen wie nach Osten frei, während Oberlichter den Sonnenschein willkommen hießen. Blumen gediehen in Hülle und Fülle im Seitengarten sowie in Tontöpfen auf der Terrasse. Sie genoss die kühnen Farben, den Hauch von Exotik und Üppigkeit.
Durch breite Glastüren blickte Jackie hinaus auf das kristallklare Wasser eines nierenförmigen Pools. Sie konnte sich bereits vorstellen, daneben zu sitzen und den Sonnenuntergang zu beobachten, umgeben vom Duft der Blumen. Allein. Das war ein Haken, den sie jedoch zu akzeptieren bereit war.
Hinter dem Pool und der hügeligen Rasenfläche verlief der Intracoastal Waterway, ein Kanal. Das Wasser war dunkel, geheimnisvoll. Ein Motorboot tuckerte gerade vorüber. Ihr gefiel das Geräusch. Es bedeutete, dass andere Menschen da waren – nahe genug, um Kontakt zu knüpfen, aber nicht so nahe, um sie zu stören.
Die Wasserstraße erinnerte sie an Venedig und einen besonders angenehmen Monat, den sie als Teenager dort verbracht hatte. Sie war Gondel gefahren und hatte mit dunkeläugigen Männern geflirtet. Florida im Frühling war nicht so romantisch wie Italien, aber es sagte ihr zu.
»Es gefällt mir . « Jackie drehte sich zu dem großen, sonnendurchfluteten Raum um. Zwei hellbeige Sofas standen auf einem stahlblauen Teppich. Die restlichen Möbel waren aus elegantem Ebenholz und hatten etwas Männliches. Ihr gefiel der strenge Stil. Sie verschwendete selten ihre Zeit mit der Suche nach Mängeln und war manchmal bereit, sie zu akzeptieren, wenn sie ihr auffielen. Aber in diesem Haus sah sie Perfektion.
Sie strahlte den Mann an, der lässig vor dem weißen Marmorkamin stand. Die Feuerstelle war gereinigt worden, ein Farn stand jetzt darin. Die tropisch anmutende weiße Kleidung des Mannes hätte genau für diesen Hintergrund ausgewählt sein können. Und so, wie sie Frederick Q. MacNamara kannte, war das der Fall.
»Wann kann ich einziehen?«
Freds Lächeln erhellte sein rundes, jungenhaftes Gesicht. »Das ist typisch Jackie. Immer impulsiv . « Sein Körper war ebenfalls gerundet – nicht gerade fett, aber auch nicht sehnig. Seine Lieblingsbeschäftigung war Heranwinken – Taxen und Kellner. Er trat zu ihr mit einer lässigen Grazie, die früher einmal vorgetäuscht gewesen war, nun aber zu seiner zweiten Natur geworden war. »Du hast noch nicht mal den ersten Stock gesehen.«
»Ich sehe ihn, wenn ich auspacke.«
»Jackie, ich will, dass du dir ganz sicher bist . « Er tätschelte ihr die Wange – der ältere, erfahrenere Cousin dem jungen Wirrkopf. Sie verübelte es ihm nicht. »Ich möchte nicht, dass du es in ein paar Tagen bereust. Immerhin beabsichtigst du, drei Monate lang allein in diesem Haus zu wohnen.«
»Irgendwo muss ich ja wohnen . « Sie gestikulierte mit einer Hand, die so schlank und zart war wie alles andere an ihr. Gold und bunte Edelsteine glitzerten an vier Fingern, ein Zeichen ihrer Liebe für das Schöne. »Wenn ich es mit dem Schreiben ernst meine, muss ich allein sein. Warum also nicht hier?« Sie hielt einen Moment inne. Es zahlte sich nie aus, Fred gegenüber allzu arglos zu sein, auch wenn er ihr Cousin war und sie eine Schwäche für ihn hatte. »Bist du sicher, dass du mir das Haus vermieten darfst?«
»Vollkommen . « Seine Stimme war so glatt wie sein Gesicht. »Der Besitzer benutzt es lediglich als Winterhaus, und selbst dann nur sporadisch. Er hat lieber jemanden hier wohnen, als es leer stehen zu lassen. Ich habe Nathan gesagt, dass ich mich bis November darum kümmere, aber dann hat sich dieses Geschäft in San Diego ergeben,
Weitere Kostenlose Bücher