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Gehwegschäden

Gehwegschäden

Titel: Gehwegschäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Kuhn
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rollte von einer Seite zur anderen. Fred knickten die Beine ein.
    »Ups.«
    Er stützte sich auf den Rollstuhl und rappelte sich wieder hoch. Cynthia lachte.
    »Du hasch’s gut. Kannsch ja nich umfallen. Hat alles seine Vorteile, ne? Kannsch höchstens ohnmächtig werden«, sagte Fred.
    »Tha!«
    »Aber rausfallen kann ich«, sagte Cynthia.
    »Ach. Kippsch halt wieder die Trepp runter.«
    »Weil du mich nicht gehalten hast.«
    »Man muss halt auch ma loslassen können, ne?«
    »Du Schwein.«
    Thomas Frantz trabte müde hinterher. Fred sang. Der Mond ging unter hinterm Roten Rathaus, und Frantz wusste gar nicht, wer da eigentlich wen schob. Aber er wusste, dass Cynthia jetzt zu Hause kochen würde. Einen Auflauf, Pampe, wie Fred immer sagte. Fred würde eine Flasche Riesling öffnen. Dann würden sie fernsehen, Sturm der Liebe , auf dem Bett. Thomas Frantz klemmte sich den Toshiba unter den Arm und verabschiedete sich. Lallend umarmte ihn Fred. Frantz klopfte ihm auf den Rücken, er küsste Cynthias kleine Hand.
    Sie lagen auf dem Bett, es war hell. Sie kuschelten, sie haben noch nie eine Folge verpasst, tausendzweiundzwanzigmal nicht, Sturm der Liebe . Einundvierzig Glocken läuteten im Turm der Nikolaikirche.
    Fred sagt: Ach, ich steh auf kleine dicke rosa Schweinchen.
    Cynthia sagt: Du Schwein.
    Fred stand auf und holte die Zahnpasta, er trug noch Socken.

10. Thomas Frantz betritt zum zweiten Mal das Haus der deutschen Geschichte. Diesmal haben sie ihm einen Bauhistoriker geschickt
    »Neunzehnhundertachtunzwanzich bejannen die jüdischen Architekten Siegfried Friedländer und Jeorch Bauer den Skelettbau mit seinen tragenden Mauerwerkslochfassaden«, sagt Dimitrie Müller.
    »Ick würde ma sagen, Neue Sachlichkeit, so wat in der Richtung. Bauhaus im weitesten Sinne, aber Friedländer und Bauer warn keene Bauhaus-Schüler«, sagt Müller.
    Er sieht Frantz an.
    »Det war damals nich anders als heute. Ooch Friedländer, Bauer und die Bauherren mussten sich mit den Behörden herumschlagen. Die jüdischen Architekten versuchten möglichst viel rauszuknautschen. Die wollten noch ’n Riesenuffbau, den hamse aber nich jekriegt. Na ja. Auch det Architektur-Büro Berg und der Bauherr Berg wünschen sich möglichst viel Bruttojeschossfläche, und se wolln möglichst wenig restaurieren. Det is dann im Einzelnen Verhandlungssache. Die mussten ooch Kompromisse einjehn. Beim Pool – oder bei den Fenstern, die bleiben drinne und werden aufjearbeitet.«
    Frantz sagt dazu nichts. Er schaut auf die dünnen Lippen, wie man sie von Politikern kennt. Dimitrie Müller, der Mann, den ihm das Architekturbüro geschickt hat, trägt ein abgewetztes graues Jackett und eine abgewetzte braune Ledermappe. Er spricht und sieht dabei permanent auf das Kinn seines sehr viel größeren Gegenübers.
    »Ick fungiere hier als Bauhistoriker, sozusagen«, sagt Müller. »Als Vermittler mit meine Jutachten, die ick zwar im Auftrach des Architekten, aber seriös und unabhängig verfasst habe. Ick bin hier nich der Knecht des Bauherrn. Ick kann hier reinschreiben, wat ick vorfinde. Sonst könnt ick mir bei der Behörde jar nich mehr blicken lassen. Da fragen die mich: Wat haben Sie denn noch an Orijinalem vorjefunden? Ick sage: Det Pieck-Zimmer. Und ick schlage vor, et zu erhalten. Et wird doch wieder ein Jeschäftshaus, diesen Charakter hatte et ja. Die Diktaturen haben sich da nur reinjedrängt. Also Friedländer und Bauer ließen die Schaufensterfront aus Bronze fertijen. Det erste Oberjeschoss is mit Muschelkalk verkleidet und die darüberliejenden Pfeiler mit scharriertem Steinputz. An den Flanken und inner Mitte als Abschluss befindet sich ein Jesims aus Travertin, dat isn heller Kalkstein. Die Hoffassade besteht aus glasiertem weißen Klinker. Die drei Treppenhäuser sind mit hellbraunen quadratischen Fliesen verkleidet, die Stufen mit Holztritten und Linoleum belegt. Sieben Etagen hat det Jebäude. Et schmeichelt sich um den Block wie ’n laszivet L.«
    Sie stehen in der Einfahrt. Dimitrie Müller trägt eine abgewetzte Hornbrille und einen abgewetzten Pullunder. Frantz trägt ein interessiertes Gesicht. Er legt das Kinn in die Hand und stützt den Ellenbogen mit der anderen Hand über seinem Bauch ab.
    »Und was ist aus den Architekten geworden?«
    »Die sind dann irjendwann verschwunden. Von Friedländer weiß man, dass er in Polen im Jetto umkam. Der andere, keene Ahnung.«
    Dimitrie Müller sieht Frantz für einen Moment in die

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