Geier (German Edition)
verfügen. Man müsste es halt probieren.
Klar, was will man machen? Ich probierte also. Überwies auf unser Liechtensteiner Konto, über das nur der frischverstorbene Sammy verfügen durfte, und wusste, dass ich nur mit viel, viel Glück ans Geld kommen würde. Wenn überhaupt.
Dann waren da noch die kalifornischen Immobilien. Da würde man nichts machen können. Wir hatten alle überlegt, wie man die greifen könnte, aber da war ohne vorm Notar geleisteter Originalunterschrift, beglaubigt und mehrfach von Zeugen bestätigt, gar nichts zu machen.
Kalifornien hatte eine lange, schmerzliche Erfahrung mit Landraub während des neunzehnten und der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts und beschließt seither immer strengere Immobiliengesetze. Also verzichteten wir darauf. Und den Auslandsbesitz konnte man sowieso vergessen. Viel zu gefährlich, damit anzufangen. Da war das Auffliegen gleich mit eingebaut.
Aber wir verzichteten nicht auf das Bare, das ich mit so viel Verlangen angeschaut hatte, als es offen vor mir lag und doch außer Reichweite war. Die Wichsvorlage des Drogenkönigs. An die würde ich mich machen, sobald es etwas dunkelte. Ich wollte nicht riskieren, dass noch jemand dazukommt, während ich bis zum Hals in Scheinen stecke.
Ich behielt die Konten im Auge, aber da tat sich nichts. Ob Moreno seine Konten prüfte, wusste ich natürlich nicht, aber wenn sich Bewegung zeigte, mussten wir bis zum letzten Moment warten, ehe wir überwiesen.
Der Zeitplan war einigermaßen ordentlich ausgeklügelt. Wir wollten einerseits vermeiden, dass der rechtmäßige Konteninhaber spitzkriegt, dass da jemand den Finger in seinem Zuckerloch hat, andererseits sollten die Beträge schon über alle Berge und unauffindbar sein, wenn jemand starb. Denn hinterher transferieren war ein eindeutiger Beweis für Außeneinwirkung, und das wollten wir auf Ignacios Rat hin unbedingt vermeiden.
Ich saß da und hatte gerade nachgeschaut, wie spät es war, als irgendetwas meinen Ordnungssinn störte. Ein Auto fuhr zum Restaurant, das um diese Zeit eigentlich dicht war. Nichtmal halb fünf. Da fingen die gerade an, das Abendgeschäft vorzubereiten. Ich schaute durchs Fernglas und sah zu meiner Freude, dass es der Bullenchevrolet war. Meine Freunde, die Drogencops. Die hatten sich aber beeilt! Vorsichtshalber rief ich ein leises „hello“ in mein Telefon, und sofort meldete sich Ignacio.
„Was gibt´s?“
„Gerade sind die drei Menschen vorbeigefahren, die du schon so lange kennst.“
„Sind früh dran, oder?“
„Sind sie. Soll ich den Zeitplan vorziehen?“
Er überlegte einen Moment. „Nee, würde ich nicht. Kann sein, dass die eine kleine Aussprache haben, kann aber auch sein, dass es was völlig anderes ist. Beobachte und werde erst aktiv, wenn es die Situation dringend verlangt.“
Also gut. Wenn es die Situation dringend verlangt. So reden Bullen. Ignacio war in seinem Element.
Der Chevy hielt auf dem Hof. Ein sehr Dicker und ein langer Dürrer stiegen aus und gingen zielstrebig durch das breite, offene Scheunentor, der Indianer voraus, Kourakos hinterher. Mir schien, als trüge John Running Bear etwas.
Ein paar Sekunden tat sich nichts. Dann flog die Fahrertür auf, der Dritte sauste ums Auto herum und warf irgendwas in die Scheune. Ich sah nicht, was, sondern nur die Bewegung seiner Arme. Und hörte gleichzeitig Schüsse. Viele Schüsse. Der Jungbulle satzte wieder zurück ins Auto, knallte den Rückwärtsgang rein und raste auf den Parkplatz, wo er in voller Fahrt, eine gewaltige Staubfahne hinterlassend, umdrehte und geradeaus lossauste. Was auch gut war, denn der Schuppen war mit einem gewaltigen Knall und weißroter Stichflamme in die Luft gegangen.
Ich sah die Explosion, sah das Feuer hervorschießen, durchs Dach und horizontal zum Tor hinaus, und hörte dann erst, durch die Entfernung verzögert, zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Detonationen.
Unwillkürlich zog ich den Kopf ein.
41 Feuer
Aus der Kneipe liefen Leute, weiß gekleidete aus der Küchentür und Typen im Anzug aus dem Haupteingang, aber zu retten gab es nichts mehr. Die Wirtschaftsgebäude brannten lichterloh, es sah aus als habe auch das Restaurantdach Feuer gefangen.
Ich packte mein Zeug zusammen, kletterte vom Baum, erzählte meinem Telefon was gerade passierte, hoffte, dass Ignacio alles mitbekam, denn ich schleppte mit einer Hand, und fuhr die wenigen Meter zum Wohnwagen. Alles gleichzeitig. Dann rief ich Rick
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