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Geier

Geier

Titel: Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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machte die Mappe auf. In jedem Fach waren Papiere, jedes ein Produkt höchster Sorgfalt und bewundernswerten Könnens. Ich reichte Rick einen seiner neuen Pässe über den Tisch, und der klappte die Kinnlade auf.
    „Sagenhaft“, flüsterte er. Ignacio gab ihm recht. Sagenhaft. Er schaute sich einige Sachen an, Geburtsurkunden, Reisepässe, beglaubigte Handelsregisterauszüge, vom Finanzamt bestätigte Kopien verschiedener Einkommensteuererklärungen, Kontoauszüge in- und ausländischer Banken, Immobilienverträge und notarielle Benachrichtigungen über demnächst stattfindende Grundbucheinträge.
    „Unwahrscheinliche Arbeit, Bobby, ganz sauber“, meinte der ehemalige Polizist, der gute Fälscherarbeit zu schätzen wusste. Bobby dankte mit Hundeblick. Ich war auch völlig von den Socken.
    „Meinst du, dass die als echt gelten werden?“ fragte ich Ignacio. Der schüttelte nur den Kopf. „Die Dinger sind besser als Originale. Unglaubliche Arbeit, Bobby, die belohnt werden muss.“
    Er ging zu seinem Bett, schob es von der Wand, und klopfte gegen die Holztäfelung. Er lockerte ein Paneel und nahm es aus seinem Rahmen. Dahinter kam eine tellergroße runde Panzerschranktür zum Vorschein.
    Bobby machte große Augen. Ignacio zog die Tür auf und griff in die Röhre. Er holte einen braunen, übergroßen Behördenumschlag, den er Bobby reichte. Der zog sich in die Ecke zurück, öffnete die versiegelte Klappe und bog die Öffnung zurück, um hineinschauen zu können. Mit dem Finger zog er offenbar Papiere auseinander, schaute sie an und verschloss den Umschlag wieder. Mit leuchtenden Augen ging er auf Ignacio zu, umarmte ihn und murmelte etwas in sein Ohr. Dann ging er zu Rick und mir, schüttelte uns die Hand, und verließ die Klause. Er hatte Tränen in den Augen, und er schämte sich ihrer. Aber er war der glücklichste Fälscher, der mir jemals begegnet ist. Damals wie heute.
    „Ich hatte etwas, das ihn lebenslänglich weggesteckt hätte, wäre es bekannt geworden. Er wusste, dass ich´s hatte, weil ich ihn damit ehrlich hielt. Jetzt hat er den letzten Beweis für sein vergangenes Lotterleben in der Hand, und ist nicht mehr erpressbar.“ Ignacio nannte seine Handlung beim Namen.
     
    Ich freute mich für Bobby, wusste aber nicht so recht, ob das im Sinne der Kirche und der Gesellschaft war. Ignacio merkte wohl, dass ich zweifelte.
    „Ich will dir nicht sagen, was er gemacht hat. Aber du weißt, dass wir in Kalifornien das Three Strikes Law haben, das Gesetz, das Richter zwingt, bei der dritten Gefängnisstrafe auf lebenslänglich zu erkennen. Angeblich wollten die Wähler damit Berufskriminelle aus dem Verkehr ziehen, aber sie haben dafür gesorgt, dass Warenhausdiebe nun lebenslang sitzen, dass einer, der ganz friedlich Autos klaut, sich der dritten Verhaftung durch Schusswaffengebrauch entzieht, dass jeder, der schon zweimal saß, nun gegen das dritte Mal mit Maschinenpistolen wehrt, weil´s sowieso egal ist.
    Wenn Einbruchdiebstahl genauso bestraft wird wie Mord, dann wird gemordet. Denn dann besteht wenigstens noch die Möglichkeit, dass der Mörder nicht erwischt wird. Jedenfalls drohte Bobby die dritte Verurteilung. Der hat einer Nachbarin, die wegen Sozialhilfebetruges brummen sollte, schnell was gemacht. Und ich hab´s in die Hände bekommen. Weil die schon zweimal vorbestrafte Nachbarin trotz des entlastenden Bobbydokumentes dann doch lieber nachts über den Freeway rannte als sich noch mal dem Richter zu stellen. Und mausetot war. Seither benimmt sich Bobby anstandslos. Und inzwischen ist er lange genug aus dem Geschäft, um nicht mehr diesen Ruf zu haben, der ihn zwang, weiterzuarbeiten, auch wenn er nicht wollte. Deswegen hat er jetzt seine Freiheit.“
    Nicht schlecht. Jeder Bulle sollte so menschlich sein. Erst erpressen, dann belohnen.
     

34 Barbacoa
     
     
    Wir halfen dem Fälscher i.R., seine Sachen ins Auto zu bringen. Seinen Computer schleppte er mit, seine Fotoausrüstung und seine Lupe. Aber Ignacio schob das Werkzeug, die imponierende Stempelsammlung und den Koffer mit den Vordrucken und geklauten Pässen in die Zimmerecke. Bobby schaute sein ehemaliges Leben traurig an, zuckte mit den Achseln und verließ vor uns den Raum. Ignacio schloss ab.
    Der Franziskaner holte jedem noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Wir standen in seiner Klause und tranken, jeder auf seine Weise glücklich. Dann begleiteten wir Bobby auf den Parkplatz. Er fuhr nach Hause, wir stiegen in Ignacios Schrottkäfer

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