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Geier

Geier

Titel: Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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dass ich ganz erschrocken den Hörer vom Ohr riss und ihn nur verblüfft angucken konnte. Sie schrie so laut, dass selbst die beiden Kerle im Zimmer, die so taten, als hören sie nicht mit, zurückfuhren und peinlich berührt aussahen.
    „.... das könnte dir so passen; darauf zielte das ganze Getue wohl ab, was? Damit du an mein Geld kommst. Und dazu noch den Ignacio hinters Licht führen, ausgerechnet meinen ältesten Freund, du Schwein, einen, der die Güte selbst ist. So eine Drecksau, so ein fieser Kerl, so ein Schwein wie du ist mir noch nie über den Weg gelaufen.....“
    Ich bekam kein Wort dazwischen. Nach einigen Versuchen sagte ich ihr mitten in den Satz, dass ich jetzt auflegen werde. Das wirkte.
    „Ich bat Ignacio, dich anzurufen, weil ich wirklich dringend deine Hilfe brauche, und er weiß auch warum“, verdeutlichte ich sehr langsam und mit beruhigendem Tonfall. „Meinst du, der würde sich für mich einsetzen, wenn ich krumm wäre? Meinst du, der ginge mir auf den Leim? Kennst du deinen „ältesten Freund“ aber schlecht“, wurde ich schon lauter.
    War aber auch ein blödes Benehmen von ihr. Man wird ja wohl noch fragen dürfen.
    „Und machst mich hier an, als seien wir schon ewig verheiratet“, kam es so sauer raus, wie ich inzwischen auf sie war. „Scheiß drauf! Ich kann auch ohne dich! Lass dir das gesagt sein!“ Ich war wirklich stocksauer. Ab und zu motzen ist ja ganz in Ordnung, aber solch ein Benehmen, wie sie es an den Tag legte, ging mir über die Hutschnur.
    Sie war plötzlich kleinlaut. Wie umgewechselt. Es täte ihr ja so furchtbar leid. Und natürlich ginge das. Sie müsse nur überlegen, wo sie auf die Schnelle das Geld herkriege.
    „Na, lass man gut sein. Diese Leitung ist nicht die sicherste. Lass mich gleich noch mal auf deinem Lieblingstelefon anrufen.“ Ich drückte die Killertaste und rief das Computertelefonprogramm auf. Der Bildschirm wurde zum Telefon, über die Lautsprecher zu beiden Seiten des Monitors wurde gehört und die Webkamera sendete Bild und Ton. Abhören war gar nicht so einfach, weil die Leitung ständig wechselte. Das Internet leitet Verbindungen ja immer über den gerade am wenigsten belasteten Kanal, und das können tausend verschiedene sein.
    „Ignacio wollte dir auch sagen, dass es hier jetzt losgeht. Aber du hast ihn ja nicht ausreden lassen. Und ich wollte dir sagen, dass wir uns bald dort treffen können, wovon du schon so lange schwärmst. Was machen deine Pläne?“
    „Ich habe tatsächlich ein Angebot von dem, den ich im Auge hatte. Wahrscheinlich zum Monatsende. Unser Freund ist übrigens wieder frei und sofort zu sich nach Hause auf die Insel gefahren – nicht endgültig, sagt er, aber ich weiß nicht. Ansonsten alles klar. Ich habe dem Mädchen gegeben, worum du mich gebeten hast.“
    „Und du bekommst es von mir wieder. Übernächste Woche hast du´s. Und jetzt brauche ich auf die Schnelle Hunderttausend. Kannst du mir die leihen?“
    Ignacio beugte sich zu mir und sprach ins Mikrofon. „Misty, höre gut zu. Ich weiß, wofür er es braucht, und ich sage dir, dass er es haben muss, wenn alles klappen soll. Und dass du es nach menschlichem Ermessen auch wiederbekommst.“
    Ich sagte ihr, sie solle sich das überlegen, aber nicht zu lange. Und in dreißig Tagen hat sie das Geld wieder, mit zehntausend Zinsen dazu. Adieu. Ich schaltete aus.
     
    So. Rick schaute mich an und murmelte Beifälliges über Misty, die er ja noch nicht kannte, Ignacio schaute an die Decke, ich glotzte den schwarzen Computerbildschirm an und Bobby klopfte an die Tür. Als niemand antwortete, steckte er den Kopf herein und fragte ängstlich, ob der Reisepass der Dame für eine Rothaarige ausgestellt werden dürfe. Das sei ja heute kein Thema mehr, Haarfarbe, aber er dachte, vielleicht ist die Dame pingelig.
    „Die ist es, mit der ich gerade gesprochen habe.“
    „Na, dann ist ja gut, dass ich frage.“
    „Mache sie rothaarig oder gebe ihr eine Glatze – ist mir scheißegal.“
    Aber da war er schon zur Tür draußen.
     
    Gegen Abend saß Rick an meinem Laptop, ich schaute zum Hundertsten mal auf unser Vorhaben und suchte Fehler, neben mir saß Ignacio und konnte auch nichts Gravierendes finden, als Bobby noch mal klopfte. Diesmal strahlte der Kopf, der im Türspalt erschien. „Darf ich reinkommen?“ fragte er höflich. Ich winkte ihn zu uns.
    Er kam an unseren Tisch und legte eine Zieharmonikamappe hin. Ich wickelte die Verschlussschnur vom Pappanker und

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