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Geier

Geier

Titel: Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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sich nicht unwiderruflich entschieden, noch konnte er theoretisch seinen Entschluss folgenlos rückgängig machen.
    „Und – ist das eine Möglichkeit?“
    „Nein. Ganz entschieden nein. Der Orden will mir Zeit geben, damit ich mir über meine Zukunft klar werde, aber ich brauche keine Zeit. Ich weiß genau, dass ich hierbleiben will. Beim Orden, nicht unbedingt in diesem Gebäude. Aber nein, Misty, ich lasse mir selbst keine Möglichkeit, wieder auszutreten.“
    Ich verstand ihn gut. Er war der richtige Mann für einen solchen Job. Er hatte im Sumpf gelebt, also konnte er solchen helfen, die sich aus Sümpfen befreien wollen. Ich verstand ihn nur zu gut, und ich beneidete ihn sogar. Denn er hatte die Ruhe, die ich nie haben würde.
     
    Ich wollte Rick besuchen. Der Zeitpunkt unseres Rundumschlages rückte immer näher und ich musste sicher sein, dass wir nichts vergessen hatten. Klar käme sie mit, sagte Misty, also stiegen wir in ihren alten Jeep und fuhren nach King City.
    „Ich sollte mal ins Internet“, sagte sie während der Fahrt, „und sehen, was es so an Immobilien zu kaufen gibt.“
    „In Baja California?“ Sie sprach ja schon eine Weile davon, nach Mexiko zu ziehen.
    „Sicher, in Baja. Will ich unbedingt hin. Hundert Acres, oder die entsprechende Anzahl Hectares, wie viele das auch sein mögen. Paar Quadratkilometer Wüste, halt. Mit Haus, vielleicht am Meer oder in Meeresnähe irgendwo in Niederkalifornien. Mit einer Obstplantage, oder einem kleinen Bauernhof, den man verpachten kann. So was stelle ich mir vor.“
    „Bin ich noch immer dabei?“ wollte ich wissen. Man weiß ja nie. Außerdem hört man gern, dass man´s ist.
    „Logisch, Kleiner. Du und ich. Ist doch klar.“
    „Du, ich, Winston und Rick, denke ich. Denn ich nehme an, dass Winston nicht lange in Jamaica bleibt. Und Rick will mit runter. Genau genommen muss er mit runter. Hier kann er nicht bleiben.“
    „Was für ein Typ ist er denn? Du kennst ihn schon lange, oder?“
    „Seit meiner Kindheit. Ein netter Mensch. Ehrlich, locker, vertrauenswürdig, ein Genie auf dem Computer. Was will man mehr?“ Sie stimmte mir zu. Ohne Computer ist man aufgeschmissen. Besonders in der Einsamkeit der niederkalifornischen Wüstenhalbinsel, die - Rick hatte sich informiert - trotz geringer Bevölkerungszahl eine ordentliche Vernetzung aufwies.
    „Hört sich gut an. Schön, wenn man Freunde hat.“
    „Und dieser ist einer, der mich nicht bescheißt. Rick ist in Ordnung. Bisschen schüchtern, weil er Einzelgänger ist, aber eine ausgesprochen treue Seele.“
     
    Hübsch, die sonnenbeschienene Landschaft am Freeway. Links das Künstengebirge, um uns das weite Tal des Salinas River, im Osten die Cholame Hills, die in die Gabilan Range übergingen, und dazwischen saftige Felder, eine Landwirtschaft, die ihresgleichen sucht. Ab und zu nickte eine Ölförderpumpe auf freiem Feld, denn diese geologisch uralte Riftzone steckt voller Öltaschen. Wir kurvten über Land, ließen uns Zeit, und kamen gegen Mittag bei der mexikanischen Grillkneipe an, wo es mir so gut geschmeckt hatte.
    Als ich zum Hof hineinfuhr, hörte ich das Gebrüll schon. Misty schaute mich an, und ich zuckte die Schultern. Keine Ahnung. Ich half ihr aus dem Jeep, und wir gingen um die Ecke zum Eingang des Hauses.
    Davor stand ein stämmiges, dunkelbraunes Herrchen und schrie aus Leibeskräften Frau Gonzales und meinen Freund Rick an. Die verstrubbelte Wirtin hatte die Hände vorm Gesicht und weinte bitterlich, der nur mit einer Jeans leicht bekleidete Rick brüllte zurück. Was wenig Sinn ergab, denn der Herr tobte auf spanisch, Rick hingegen versuchte, ihn auf Englisch niederzuschreien. Vergeblich.
    Der kleine Herr wurde immer wütender, Frau Gonzales stieß hohe Klagelaute aus, und Rick schaute erschrocken zu uns rüber. Er sah Misty und mich, strahlte, rief: „Sweetheart“, und dann spurtete der Freund, in dessen Hände ich mein Leben gelegt hatte, zu uns hinüber, schnappte Misty und küsste sie herzhaft.
    Der gebräunte Herr hielt wie ausgeschaltet mit seinem Geschrei ein, Frau Gonzales nahm die Hände von den Augen, damit sie besser sehen konnte, was sich hier tat, ich bekam den Mund nicht zu und Rick verkündete stolz, dass seine Esposa, die Señora Rick, soeben eingetroffen sei. Mit seinem Freund, Señor Jon, den die Frau Gonzales ja kürzlich kennengelernt habe, als der gemeinsame Freund, el Hermano Ignacio, sie hergebracht habe. Weil doch die Gonzales als zuverlässige,

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