Falsetto
Buch
Italien um 1750. Der Gesangslehrer und Komponist Guido Maffeo ist von der Leitung des berühmten Kastratenkonservatoriums in Neapel beauftragt, geeigneten Nachwuchs zu finden. Auf seiner Reise durch das Land kommt Maffeo, der selbst Kastrat ist, auch nach Venedig.
Dort hört er die wundervolle Stimme des fünfzehnjährigen Marco Antonio Treschi, genannt Tonio, dessen Vater einer der einflußreichsten Senatoren der Republik ist.
Da stirbt der Senator, und Tonios Halbbruder Carlo taucht unvermittelt aus seinem Exil in Konstantinopel auf, um von Tonio das Erbe zu fordern, das ihm versperrt ist. Als Tonio sich weigert, eröffnet ihm Carlo, welche »Schande« einst zu seiner Verbannung ge-führt hat: Er, Carlo, ist Tonios wahrer Vater! Wild vor Wut und rasend vor Begierde, nutzt Carlo Maffeos Anwesenheit. Er läßt Tonio entführen und kastrieren und übergibt ihn dann dem Gesangslehrer; beide müssen venezianisches Gebiet sofort verlassen. Von nun an sinnt Tonio, der ein gefeierter Sänger wird, auf Rache, und eines Tages rechnet er mit Carlo, seinem teuflischen Vater, auch ab - und zwar auf absolut ungewöhnliche Weise.
Autorin
Anne Rice wurde 1941 in New Orleans als Tochter irischer Ein-wanderer geboren. Sie wurde streng katholisch erzogen und besuchte eine Klosterschule. Nachdem sie lange Jahre in San Francisco gelebt hat, wohnt sie heute wieder mit ihrem Ehemann, dem Maler und Dichter Stan Rice, und ihrem Sohn Christopher in einem alten Landhaus in New Orleans.
Von Anne Rice sind im Goldmann Verlag
als Taschenbuch außerdem erschienen:
Der Fürst der Finsternis (9842)
Gespräch mit dem Vampir (41015)
Die Königin der Verdammten (9843)
Die Mumie oder Ramses der Verdammte (42247) ANNE RICE
Falsetto
Roman
Aus dem Amerikanischen
von Gloria Ernst
GOLDMANN VERLAG
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
»Cry To Heaven« bei Alfred A. Knopf, New York Deutsche Erstausgabe
Umwelthinweis
Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuchs sind chlorfrei und umweltschonend.
Der Goldmann Verlag
ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann Genehmigte Taschenbuchausgabe 9/95
Copyright © 1982 by Anne O'Brien Rice
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1995
by Wilhelm Goldmann Verlag, München
Umschlaggestaltung: Design Team München Umschlagfoto: Superbild/Zscharnack
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
Druck: Graphischer Großbetrieb Pößneck
Verlagsnummer: 41562
Herstellung: Sebastian Strohmaier
Redaktion: Regina Kammerer
Printed in Germany
ISBN 3-442-41562-4
1 3 5 7 9 10 8 6 4 2
Dieses Buch ist in Liebe
Stan Rice
und
Victoria Wilson
gewidmet
ERSTER TEIL
1
Guido Maffeo wurde im Alter von sechs Jahren kastriert. Danach schickte man ihn zu den besten Gesangslehrern in Neapel, damit er bei ihnen Gesang studierte.
Bis dahin hatte er als elftes Kind einer vielköpfigen Bauernfa-milie nur ständigen Hunger und Grausamkeit gekannt. Sein ganzes Leben lang erinnerte sich Guido deshalb daran, daß er seine erste reichliche Mahlzeit und sein erstes weiches Bett von jenen erhalten hatte, die ihn zum Eunuchen gemacht hatten.
Das Zimmer in Caracena, einer Stadt in den Bergen, in das man ihn gebracht hatte, war wunderschön: Es besaß einen richtigen Fußboden aus glatten Steinfliesen. An der Wand tickte eine Uhr. Guido, der in seinem Leben noch nichts derglei-chen gesehen hatte, fürchtete sich davor. Die freundlichen Männer, denen ihn seine Mutter übergeben hatte, baten ihn, etwas vorzusingen. Danach belohnten sie ihn mit Rotwein, der mit viel Honig gesüßt war.
Die Männer zogen ihn aus und setzten ihn in eine Badewanne mit warmem Wasser. Er verspürte eine so angenehme Be-nommenheit, daß er zu diesem Zeitpunkt keine Angst mehr hatte. Sanfte Hände massierten seinen Nacken. Als Guido dann wieder ins Wasser zurückglitt, ahnte er, daß gerade etwas Wunderbares und Wichtiges mit ihm geschah. Noch nie zuvor hatte ihm jemand so viel Aufmerksamkeit gewidmet.
Er war fast eingeschlafen, als man ihn aus der Wanne hob und auf einem Tisch festband. Einen Augenblick lang spürte er, wie er nach hinten kippte, denn man hatte seinen Kopf niedriger als seine Füße plaziert. Dann aber schlief er wieder ein, während er von jenen samtweichen Händen, die ihm zwischen die Beine faßten und ihm dort ein verruchtes kleines Vergnügen bereiteten, festgehalten und gestreichelt wurde.
Als das Messer kam, öffnete er die Augen und schrie.
Er bäumte sich auf, versuchte sich
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