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Geier

Geier

Titel: Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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hatte. Chili wird bekanntlich erst durch mehrmaliges Aufkochen richtig gut, und jedes Mal, wenn ich den Topf wieder aufwärmte, warf ich noch eine kleine Dose geschnittener Jalapeños dazu. Mein Chili war inzwischen von Feuerwehrqualität -- ohne ständiges Löschen nicht zu genießen. Also griff ich die Sechserpackung Coors vom Tisch und machte mich an die Arbeit.
     
    Als die Sonne blutrot in meinem Panoramafenster versank, war ich wieder gut beieinander. Die eine Sechserpackung hatte der zweiten als Anwärmer gedient, die siebente Büchse Dünnbier läutete die Pinkelphase ein und die vielen Jalapeños machten sich hinterrücks bemerkbar – genau gesagt brannte mir das Arschloch lichterloh, ein Brand, dem auch mit Coors nicht beizukommen war. Es sei denn, man setzt sich rein. Und so viel Bier hatte ich nicht mehr.
     
    Mir war also nicht sehr wohl, als die Nacht anbrach. Ich rannte gelegentlich in meine Nasszelle, die wie nachträglich hinten im Wagen quer angebracht ist, setzte und wand mich, wankte wieder zurück und hockte vor der Glotze, wohl wissend, dass ich bald wieder rennen würde. Irgendwann schlief ich vor Erschöpfung ein. Lettermans Late-Night-Faxen weckten mich. Ich schaltete die Kiste aus und legte mich aufs Bett.
     
    Als ich wieder aufwachte, zeigte mein Wecker halb sechs. Die ersten Streifen des neuen Tages erhellten die Fenster, mein Darm grummelte auf Teufel komm raus, und ich schlich gebückt zum Klo. Lehnte die schmale Tür nur an und setzte mich.
    Aber der Schmerz täuschte – ich hatte wohl schon alles abgeladen, denn es kam nichts. Ich war völlig leer. Ein bisschen Bier tröpfelte pflichtgemäß in die Hartplastikschüssel, aber sonst nichts. Nur Schmerz.
    Lieber noch etwas Zeit lassen, dachte ich mir, lieber noch einen Moment warten, sonst überfällt´s mich auf dem Weg zurück ins Bett. Und als ich wie le penseur auf meinem Campingklo saß und überlegte, warum ich immer dieses scharfe Zeug fressen muss, da hörte ich ein leises Kratzen, ein Schaben, kaum wahrnehmbar. An meiner Haustür, wenn nicht alles täuschte. Was mir einen mächtigen Schrecken einjagte.
    Ich zog die Hose hoch, horchte und sah durch die halb offene Klotür eine Bewegung. Jemand war in meinem Wohnraum, und Patricia war´s ganz sicher nicht.
     
    Nun bin ich ja ein ordentlich gebauter Typ, einsachtzig, fünfundachtzig Kilo und trotz meines fortgeschrittenen Alters von fast vierzig Jahren recht sportlich, aber Mut ist was für Blöde. Mir ist eine gelungene Flucht jederzeit lieber als beherztes Entgegentreten.
    Folgerichtig schob ich die untere, bewegliche Hälfte meines Klofensters sehr behutsam hoch bis sie kaum hörbar einrastete, stellte mich auf den Klodeckel, streckte die Arme durchs Fenster, fand an der Unterkante des Fensterrahmens Halt und zog mich nach draußen. Was natürlich nicht so lautlos abging wie geplant; mein Hintern blieb wohl mal kurz am unteren Rahmen der hochgeschobenen Fensterhälfte hängen, die aus ihrer mickrigen Aluhalterung sprang und zu Boden plumpste.
    Im Fallen hörte ich einen Knall, spürte heftig beschleunigte Luft über meinem linken Fuß und knackte durch den Hibiskusstrauch, den ich vor Jahren aus lauter Schamhaftigkeit zwischen Klofenster und Nachbarvilla gepflanzt hatte. Jetzt brach er meinen Fall, der Strauch, kratzte zwar meinen Arm etwas auf, aber ich konnte mich in seiner wild wuchernden Dunkelheit erst mal hinkauern und japsend zu Atem kommen.
    Die Haustür flog zu, ich hörte schnelle Schritte auf dem Schotter meines Grundstücks. Durch die Zweige sah ich den Umriss eines Mannes, der sich im Frühlicht trollte. Er lief die Straße hinab, bog in die Querstraße ein und war weg. Ich rannte ihm so unauffällig wie möglich nach – hielt mich im Schatten der Hecken, versuchte, mir die nackten Zehen nicht anzustoßen – und hörte einen Motor aufheulen. Das Auto schoss über die sandige, unbeleuchtete Kreuzung und verschwand im Frühnebel.
     
    Der Trottel hatte beim Wegfahren sein Licht eingeschaltet, also hatte ich keine Mühe, das Nummernschild abzulesen. Ich murmelte die siebenstellige Ziffern- und Buchstabenkombination als gebetsmühlenhaftes Mantra, schrieb es im Wohnei angekommen auf und rief schon wieder die Cops an.
     
     
     
     

2 Busen und Bullen
     
     
    „Na, ich weiß nicht“, war das Intelligenteste, das ich vom untersuchenden Polizisten den ganzen frühen Vormittag hörte. Um halb sieben fuhren zwei offensichtlich übermüdete Uniformierte auf meinen

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