Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)
erreichen, an dem es nichts mehr zu sagen gibt außer: »So sind die Dinge nun einmal.«
Ich neige nicht dazu, den Erfolg der Wissenschaft auf diese Weise zu sehen. Mir scheint, dass man die wissenschaftliche Weltsicht nicht wirklich verstehen kann, wenn man nicht annimmt, dass die Intelligibilität der Welt, wie sie mit den von der Wissenschaft aufgedeckten Gesetzen beschrieben wird, selbst ein Bestandteil der tiefschürfendsten Erklärung ist, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Wenn wir also für dieselben Daten die eine Erklärung einer anderen vorziehen, weil sie einfacher ist und weniger willkürliche Annahmen macht, ist das nicht bloß eine ästhetische Präferenz: Wir glauben vielmehr, dass dieErklärung, die uns ein besseres Verständnis verschafft, aus ebendiesem Grund eher wahr sein wird.
Diese Annahme ist eine Form des Prinzips vom hinreichenden Grund – dass alles, was die Welt betrifft, auf irgendeiner Ebene verstanden werden kann, und wenn viele Dinge, sogar die allgemeinsten, anfänglich willkürlich erscheinen, dann deshalb, weil wir viele weitere Dinge nicht wissen, die erklären, warum sie letztlich nicht willkürlich sind.
Die Auffassung, dass die Naturordnung im Kern rationale Intelligibilität aufweist, macht mich zu einem Idealisten im weiten Sinne – keinem subjektiven Idealisten, da sie nicht auf die Behauptung hinausläuft, dass alle Realität letzten Endes äußerer Schein ist, sondern einem objektiven Idealisten in der Tradition Platons und vielleicht auch bestimmter Nachkantianer wie Schelling und Hegel, die üblicherweise absolute Idealisten genannt werden. Ich vermute, dass ein Hang zu dieser Art von Idealismus in jedem theoretisch denkenden Wissenschaftler stecken muss – denn reiner Empirismus reicht nicht aus.
Die Intelligibilität der Welt ist kein Zufall. Der Geist steht nach dieser Auffassung in einem doppelten Zusammenhang mit der Naturordnung. Die Beschaffenheit der Natur lässt bewusste Wesen mit Geist entstehen; und die Beschaffenheit der Natur ist für derartige Wesen verstehbar. Deshalb sollten solche Wesen letztlich auch für sich selbst verstehbar sein. Und dabei handelt es sich um grundsätzliche Charakteristika des Universums, nicht um Nebenprodukte kontingenter Entwicklungen, deren wahre Erklärung in Begriffen erfolgt, die keinen Bezug zum Geist herstellen.
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Die größte Frage, um die alle Naturwissenschaft kreist, ist auch die größte Frage der Philosophie: In welcher Weise oder in welchen Weisen ist die Welt intelligibel? Die Naturwissenschaft ist zweifelsfrei eines der wichtigsten Verfahren, Intelligibilität zum Vorschein zu bringen. Doch ungeachtet der großen Errungenschaften der Naturwissenschaften in ihrer gegenwärtigen Form ist es sowohl für die Wissenschaft selbst als auch für die Philosophie wichtig, danach zu fragen, wie viel von dem, was da ist, die physikalischen Wissenschaften wirklich intelligibel machen können – wie viel von der Intelligibilität der Welt in ihrer Subsumierbarkeit unter allgemeingültige, mathematisch formulierbare Gesetze besteht, die in der raumzeitlichen Ordnung herrschen. Wenn der Reichweite der Wissenschaft in dieser Form Grenzen gesetzt sind, gibt es dann andere Formen des Verstehens, die verständlich machen können, was die physikalische Wissenschaft nicht erklärt?
Zunächst sollten wir aber auf die Auffassung eingehen, der zufolge es solche Grenzen nicht gibt und die physikalische Gesetzmäßigkeit die Ressourcen birgt, um alles zu erklären, darunter auch das doppelte Verhältnis des Geistes zur Naturordnung. Die Intelligibilität (für uns), die Wissenschaft erst möglich macht, gehört zu den Dingen, die erklärungsbedürftig sind. Die Strategie besteht darin, das materialistische Weltbild so weit auszudehnen, dass es eine solche Erklärung einschließt, wodurch die physikalische Intelligibilität der Welt in sich geschlossen wird. Gemäß diesem Typ von Naturalismus ist die Existenz von Wesen mit Geist, für welche die Welt wissenschaftlich intelligibel ist, selbst noch einmal naturwissenschaftlich erklärbar als ein höchst spezifischer biologischer Nebeneffekt der physikalischen Ordnung.
Die Geschichte geht folgendermaßen: Für eine erweiterte Form des Verstehens gibt es keine Notwendigkeit; die Geschichte des menschlichen Wissens gibt uns stattdessen Grund zu glauben, dass es letzten Endes eine Weise gibt, in der die Naturordnung intelligibel ist: durch die physikalische Gesetzmäßigkeit
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