Geisterbucht
sie nun hineinschwimmen sollten oder nicht. Die drei ??? nahmen ihnen die Entscheidung ab. Als sie näher kamen, flitzten die Fische davon.
Justus leuchtete mit seiner Lampe in das Loch. Dahinter lag ein kleiner Raum, dessen Tür offen stand. Er schwamm hinein und hielt sofort auf die Tür zu. Bob folgte. Peter verknotete gewissenhaft das Ende seines Seils an einer Strebe und ließ es vorsichtig abrollen, während er hinter seinen Kollegen herschwamm. Zwar vertraute er auf Nats Karte und Justus’ Gedächtnis, aber ein Seil konnte ihnen nicht nur bei der Orientierung helfen, sondern ihnen im Zweifelsfall auch das Leben retten, wenn die Lampen kaputtgingen oder sie sich aus einem anderen Grund schleunigst nach draußen hangeln mussten.
Es war nicht ihr erster Tauchgang, im Gegenteil, sie waren schon oft unter Wasser gewesen. Manchmal auch auf Schatzsuche in alten oder neueren Wracks. Aber noch nie waren sie in einem Schiff unterwegs gewesen, das die Größe einer mittleren Kleinstadt hatte. Und weil es erst vor fünf Tagen versenkt worden war, hatten sich noch keine Muscheln oder Algen festgesetzt. Hier und da lagen ein paar Steinchen, ein wenig Sand, aber die Schränke, Arbeitskonsolen und Tische, die nicht abgebaut worden waren, sahen erschreckend neu aus, als könnte jederzeit ein Mechaniker zur Tür hereinschwimmen und seine Arbeit fortsetzen.
Nicht darüber nachdenken, dachte Peter schaudernd und dachte daraufhin logischerweise an überhaupt nichts anderes mehr.
Wenn Smith, Taylor und Angelica nun doch an Bord gewesen waren …? Wenn Nat gelogen hatte …?
Wütend rief er sich zur Ordnung. Er mochte Nat nicht besonders und traute ihm auch nicht, aber welchen Grund sollte der Mann haben, zu lügen?
Eben. Gar keinen.
Das Einzige, was ihnen in diesem gigantisch großen Wrack begegnen konnte, waren andere Taucher und vielleicht der eine oder andere Weiße Hai, der sie in Stücke riss. Aber keine Gespenster. Das war doch beruhigend.
Von Unterwassergespenstern hatte er sowieso noch nie gehört. Vielleicht waren Geister wasserlöslich und zerschmolzen sofort, wenn sie mit Wasser in Berührung kamen.
Großartig, Peter, dachte er. Nur weiter so, und wenn du rauskommst, bist du reif für die Klapsmühle!
Justus und Bob waren schon einen Raum weiter, er musste sich beeilen, wenn er nicht den Anschluss verlieren wollte. Sorgfältig führte er das Seil durch eine weitere Türöffnung, drehte sich um und sah sich einem Ungeheuer gegenüber.
Es war ein fast ein Meter langer Fisch mit einem pfeilartig geraden Körper, starren, bösen Augen und einem mit messerscharfen Reißzähnen bestückten riesigen Maul.
Ein Barrakuda!
Peter erstarrte. Er wagte nicht, die Lampe zu senken und den Fisch aus dem Blick zu verlieren. Der Barrakuda schwebte bewegungslos in der rechten Ecke des Raumes. Möglicherweise hatten Justus und Bob ihn nicht gesehen, jedenfalls waren sie schon wieder durch die gegenüberliegende Tür hinausgeschwommen. Peter wusste, dass Barrakudas eigentlich keine Menschen fraßen, aber sie waren sehr aggressiv und konnten mit einem einzigen Biss schreckliche Wunden reißen … die dann die Haie anlockten.
Ohne den Fisch aus den Augen zu lassen, glitt Peter unendlich langsam vorwärts und nach links, in einem großen Bogen um ihn herum. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Der Fisch rührte sich nicht, sein starrer Blick folgte dem Licht. Und dann machte er eine einzige blitzschnelle Bewegung mit dem Schwanz, schoss an Peter vorbei durch die Tür und war verschwunden.
Mit dem Schnorchel im Mund konnte Peter nicht gut schlucken und das kalte Wasser verhinderte, dass ihm heiß wurde, aber die Reaktion würde wahrscheinlich später kommen. Bob tauchte in der Türöffnung auf und winkte ihm, und er schwamm auf ihn zu und fühlte sich, als sei er gerade um Jahre gealtert. Auf mindestens achtzehn.
Alles in Ordnung? , fragte Bob per Handzeichen.
Peter legte die Spitzen von Daumen und Zeigefinger aufeinander und spreizte drei Finger ab. Ich bin okay. Weiter!
Zwei Räume weiter fanden sie den Safe.
Er klebte wie ein viereckiges Schwalbennest in etwa drei Meter Höhe an einem Stahlträger, wie Nat es beschrieben hatte. Vom Boden aus war er wahrscheinlich gar nicht zu sehen gewesen, weil ein metallischer Spind ihn verdeckte. Aber jetzt war er leicht zugänglich. Peter vergaß den Barrakuda und hätte am liebsten einen Jubelschrei ausgestoßen. Sie hatten ihr Ziel erreicht – endlich! Nach all der Plackerei und den
Weitere Kostenlose Bücher