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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Whates
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seinem Kinn zu reiben, während sie mit ihrem Hinterteil kreisende Bewegung in seiner Leistengegend vollführte, besagte das genaue Gegenteil.
    »Und warum sollte ich das tun?«
    »Weil ich im Dienst bin und ein Tablett mit Getränken trage … und pass auf, wo du mit deinen Händen hinfasst!«
    »So hast du aber nicht geredet, als wir das letzte Mal …«
    »Untersteh dich!« Marie löste sich aus seinem Griff, drehte sich um und sah ihn an; das Tablett mit seiner flüssigen Fracht schwankte kein bisschen, als sie einen Kreis darum beschrieb. Sie bemühte sich offensichtlich, streng dreinzuschauen, was ihr jedoch völlig misslang; das Lächeln, das an ihren Mundwinkeln zupfte, machte jeden Anschein von Ernsthaftigkeit zunichte.
    Er musterte sie mit einem zweifelnden Ausdruck, mit dem Leute normalerweise Bilder betrachten, die ein wenig schief an der Wand hängen.
    »Was ist?«, fragte sie, plötzlich besorgt. »Stimmt was nicht mit meinem Haar? Oder meinem Make-up …?«
    »Doch, doch«, versicherte er ihr. »Damit ist alles in Ordnung. Aber du siehst wirklich ein bisschen … ich weiß nicht, unsicher aus. Mal sehen, vielleicht gleicht das deine Balance aus.«
    Er streckte die Hände aus und nahm zwei der gekühlten Champagnerflöten von dem silbernen Serviertablett, ein Glas von der rechten, eines von der linken Seite. »Besser?«
    »Kyle! Du weißt, dass der Champagner für die Passagiere bestimmt ist. Ich darf der Crew nichts servieren.«
    »Pssst!«
    »Du bist unglaublich.«
    »Nun, etwas in der Art hast du neulich auch gesagt …«
    »Noch ein Wort, und ich werfe dir das ganze Tablett an den Kopf!«
    Er mimte einen Kuss, grinste, machte kehrt und marschierte die paar Schritte über den dicken Plüschteppich bis zu der Tür, auf der stand: »Nur für die Flugbesatzung«.
    Nachdem er kurz in den Netzhautscanner gestarrt hatte, öffnete sich zischend die Tür. Auf der anderen Seite lag ein robusterer Teppich; strapazierfähiger, doch allein der Umstand, dass es dort überhaupt einen Teppich gab, verriet einem alles, was man über das Schiff The Lady J wissen musste.
    Absolut nicht vorschriftsmäßig stand die Tür zur Brücke offen. Trotzdem blieb er an der Schwelle stehen.
    »Bitte um Erlaubnis, die Brücke betreten zu dürfen.«
    »Hör auf herumzualbern und komm mit den verdammten Drinks rein«, antwortete ein kräftiger Bariton. »Wieso hast du so lange gebraucht? Hast wahrscheinlich wieder mit dieser hübschen brünetten Kellnerin geflirtet, was?«
    »Ich habe nicht mir ihr geflirtet, sie flirtete mit mir. Und sie ist keine Kellnerin, sondern Unterhaltungsoffizier für In-Transit-Passagiere.«
    Mac stieß einen grunzenden Ton aus. »Sie darf mich jederzeit gern unterhalten.«
    »Ah, aber du bist nicht derjenige, mit dem sie flirtet«, beschied ihn Kyle. Er war beim Pilotensessel angelangt, in dem Mac sich herumlümmelte, und hielt dem Captain einen der Drinks hin.
    Der etwas ältere, etwas stämmigere Mann runzelte beim Anblick des angebotenen Glases die Stirn. »Schon wieder Champagner? Ich dachte, du wolltest Bier besorgen.« Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, das Glas anzunehmen.
    Kyle zuckte die Achseln. »Ich kann nur das organisieren, was Marie auf dem Tablett trägt. Anscheinend findet man heutzutage nicht mehr die richtige Klasse von Passagieren.«
    »Da hast du verdammt recht.«
    Sie stießen mit den Gläsern an und jeder genehmigte sich einen großzügigen Schluck. Kyle ließ sich in das weiche Lederpolster des Sessels sinken, der dem momentan abwesenden Navigator zustand. Er hatte keine Ahnung, wo sich der offizielle Inhaber des Sessels, Brad, zur Zeit aufhielt – wahrscheinlich kuschelte er mit einem Mädchen der Service-Crew, das gerade frei hatte. »Also, was war unser letztes Gesprächsthema?«
    »Ist mir egal, worüber wir reden«, antwortete Mac, »solange du nicht wieder mit Schwänen anfängst.«
    Schon als Kind hatten Kyle diese längst ausgestorbenen Vögel fasziniert, seit sein Vater ihm das erste Mal einen Archivfilm über sie gezeigt hatte. Noch heute erinnerte er sich ganz deutlich an diesen Tag: eine malerische Szene mit Bäumen und Bergen im Hintergrund, in mittlerer Entfernung ein spiegelglatter See und im Vordergrund eine Wiese. Beinahe sofort hatte sich die Perspektive verändert und die beiden weißen Flecken herangezoomt; anfangs waren sie nichts als Punkte auf dem Wasser, doch dann entpuppten sie sich als prachtvolle weiße Vögel, die majestätisch über den See glitten,

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