Geistersturm
selbst die Kleidung nicht, denn die klebte als nasser Lappen an ihrem Körper. Sie stand sogar noch so günstig im Fernlicht, daß wir erkennen konnten, welch tolle Rundungen sich unter dem nassen Stoff abmalten. Die Brustwarzen schimmerten wie geheimnisvolle dunkle Flecken. Was da vor uns stand, war ein Vollblutweib. Trotz des ungewöhnlichen Haarschnitts strahlte die Kriegerin sogar bei diesem Wetter eine exotische Erotik aus, gepaart mit der Wildheit einer Person, die genau wußte, wo es langging.
Sie traf keinerlei Anstalten, eines ihrer Schwerter gegen uns einzusetzen. Ruhig blieb sie stehen und wartete einfach nur ab. Auch wir beide ließen unsere Waffen stecken. Auf keinen Fall wollten wir die geheimnisvolle Person provozieren. Zumindest stand fest, daß sich die Zeugen nicht geirrt hatten. Nur war sie bei ihnen schon nach wenigen Sekunden wieder verschwunden, hier blieb sie jedoch länger, als hätte sie auf uns gewartet.
»Begreifst du das?« fragte Suko.
»Nein, noch nicht.«
»Dann sind wir uns ja einig.«
»Soweit schon…«
»Was folgt jetzt?«
Ich hob die Schultern. »Wir wollen im Prinzip nichts von ihr. Sie will etwas von uns. Oder warum ist sie denn wie aus dem Nichts so plötzlich erschienen?«
»Vielleicht hat sie einen Auftrag oder eine Aufgabe für uns. Man kann ja nie wissen.«
»Dann sollte sie sich artikulieren.«
»Du sagst es.«
Die Fremde aber tat nach wie vor nichts. Sie starrte uns nur an, denn wir waren interessant für sie. Nur wir – oder? Nein, etwas stimmte nicht. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie einzig und allein mich anschaute und meinen Freund außer acht ließ.
Ich wollte es genau wissen, deshalb konzentrierte ich mich noch deutlicher auf ihr Gesicht und dort vor allen Dingen auf die Augen. Sie würden mir eine erste Antwort geben können.
Es blieb dabei.
Die Unbekannte starrte einzig und allein mich an. Suko war für sie nicht existent. Da ich es nun herausgefunden hatte, wurde mir unter dem Blick schon etwas komisch. Ich räusperte mich, bevor ich irgendwelche Worte fand und sie an meinen Freund richtete. »Hast du auch den Eindruck, daß sich die Kriegerin nur für mich interessiert?«
»Ich wollte dich gerade darauf aufmerksam machen. Du scheinst ihr zu gefallen.«
»Quatsch!«
»Doch.«
Ich wischte Wasser aus meinem Gesicht, was aber nichts brachte, denn der Regen klatschte mir weiterhin ins Gesicht. »Wenn es tatsächlich so ist, sollte ich sie locken.«
»Wie willst du das tun?«
»Indem ich zu ihr gehe.«
»Ich halte dich nicht zurück, John.«
»Okay, aber decke mir den Rücken.«
»Geh schon.«
Es fiel mir nicht leicht. Wir kamen uns vor, als hätte man uns aus der normalen Welt herausgerissen und in eine geschafft, in der es nur Wasser und Regen gab. Daß hinter uns ein Auto mit eingeschaltetem Fernlicht stand, war irgendwie schon lächerlich, obwohl uns das Licht guttat, auch wenn der herabprasselnde Regen uns viel von einer klaren und normalen Sicht nahm.
Ich stapfte durch die Pfützen und war längst bis auf die Haut naß. So hätte ich auch ausgesehen, wenn man mich in voller Montur aus einem Pool gezogen hätte.
Die Kriegerin schaute zu, wie ich mich ihr näherte. Sie unternahm nichts, um mich zu stoppen. Nach wie vor wurde sie von der schwachen Aura umgeben, und das Schwert, das sie mit beiden Händen festhielt, wies mit seiner Spitze weiterhin nach oben. Kampfbereit sah sie nicht aus.
Mein Optimismus stieg, denn Furcht spürte ich vor dieser Gestalt nicht.
Höchstens eine gesunde Neugierde und ein gewisses Prickeln, das auf eine starke Spannung in meinem Innern hinwies. Ansonsten benahm ich mich ziemlich normal.
Die Frau nicht.
Plötzlich bewegte sie sich. Ob es ein kurzes Kopfschütteln gewesen war oder vielleicht mehr, das bekam ich nicht genau mit. Dafür lenkte mich etwas anderes ab.
Das sie umgebende Licht nahm für einen Moment an Intensität zu. Es wurde hellblau und strahlend. Ich sah die Fremde innerhalb dieser Lichtinsel stehen, aber sie blieb dort nicht länger, denn urplötzlich war sie weg.
Ausradiert, abgewaschen, zerplatzt, in den Erdboden getaucht, wie auch immer.
Ich sah sie nicht mehr.
Mit wenigen Schritten hatte ich den Ort erreicht, wo sie vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Aber da war nichts mehr, kein Rückstand, nichts, der vom Himmel fallende Regen hatte alles abgewaschen.
Ich drehte mich langsam zu meinem Freund Suko um, der seinen Platz nicht verlassen hatte. Er sah für
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