Geistersturm
mich aus wie ein im Regen stehendes Denkmal. »Du hast es gesehen?« rief ich ihm zu.
Er gab noch keine Antwort und kam langsam näher. Dabei nickte er.
»Ja, ich habe es gesehen.«
»Und?«
»Wenn du eine Erklärung willst, die habe ich ebensowenig wie du, tut mir leid.«
»Natürlich, Suko.« Ich wollte es trotzdem noch nicht wahrhaben und schaute mich um.
Aber die Frau war nicht mehr da. Sie hatte auch keine Spuren hinterlassen. Sie war gekommen wie ein Geist, und sie war verschwunden wie ein Geist.
Die Welt um uns herum war nicht völlig dunkel. Ich nahm sie erst jetzt wieder auf.
In der Tiefe des leeren Raumes gewissermaßen schimmerten Scheinwerfer wie kalte Sonnen, vor deren Gesichtern der Regen in dichten Schleiern fiel. Ich hörte wieder das Prasseln, ich spürte die Nässe und auch die Kälte des Wassers.
Die Frau aber zeigte sich nicht mehr. Sie hatte mit uns ebenso gespielt wie mit den anderen Zeugen. Trotzdem glaubte ich daran, daß sie bei uns einen Unterschied gemacht hatte. Beweise dafür konnte ich nicht liefern, ich verließ mich einfach auf das Feeling.
»Was hat das zu bedeuten, Suko?«
»Darüber können wir gern reden. Nur bitte nicht hier. Laß uns in den Wagen steigen.«
»Okay. Willst du fahren?«
»Was sollen wir hier?«
Ich hob die Schultern. »Wäre es möglich, daß diese Person noch einmal zurückkehrt?«
»Das könnte sein.«
»Zumindest haben die anderen Zeugen sie nicht nur einmal gesehen, das möchte ich festhalten.«
»In der Tat.« Ich kam mit meinen eigenen Überlegungen noch nicht zurecht. Etwas sauer ging ich zurück zum Rover. Suko hielt sich an meiner Seite, schaute sich dabei ebenso wie ich immer wieder um.
Wir stiegen ein und schlossen die Türen. Es geschah nichts, die Kriegerin ließ sich nicht mehr blicken. Die Normalität hatte uns wieder, aber dieses Hocken im Wagen war doch irgendwie anders, als würden wir auf einem Parkplatz in der Heide stehen.
Suko strich sein Haar zurück und fragte: »Über was denkst du denn gerade nach?«
»Ich warte darauf, daß sie erscheint. Es will mir einfach nicht in den Kopf, daß sie für immer verschwunden sein soll. Wir werden noch mit ihr Kontakt aufnehmen.«
»Das denke ich auch, John. Nur muß das nicht gerade heute sein.«
»Das sehe ich anders.« Die Geräusche des plätschernden Regens umgaben uns wie ein leises Trommelfeuer. In meinen nassen Sachen fing ich an zu frieren.
Mit dem Starten des Motors drehte ich auch die Heizung hoch. Zudem wollte ich keine beschlagenen Scheiben haben.
Das Telefon meldete sich wieder. Abermals war es der Einsatzleiter, der mit uns sprechen wollte. »Wir haben die Person gesehen!« erklärte Suko.
»Was?«
»Ja, aber nur einmal.«
»Dann wird sie bestimmt wieder erscheinen. Versuchen Sie doch, die Person festzuhalten!«
»Können vor Lachen. Sie verschwand blitzartig.«
»Mist!«
»Wir melden uns wieder«, sagte Suko, der nicht wollte, daß der Einsatzleiter seinen Frust bei ihm ablud. »Fahr mal los, John. Am besten zum Hauptgebäude. Dort sehen wir dann weiter.«
»Falls wir es erreichen.«
»Was macht dich unsicher?«
»Ich könnte mir vorstellen, daß sie plötzlich hier auftaucht und angreift.«
»Glaube ich nicht. Ich schätze sie zwar als kriegerisch ein, aber nicht als blutrünstig. Keine Sorge, in Lebensgefahr sind wir in ihrer Nähe bestimmt nicht.«
»Wie du meinst.«
Uns ging die Person nicht aus dem Kopf, aber wir sprachen nicht darüber. Zumindest ich dachte daran, mich umziehen zu können.
Vielleicht fand ich im Bereitschaftsraum der Sicherheitskräfte trockene Kleidung, die ich anziehen konnte. Ein Jogginganzug reichte mir schon.
Der Regen hatte nachgelassen. Er prasselte nicht mehr so laut auf unseren Wagen.
Im Fernlicht wirbelten unzählige Tropfen glitzernden Diamanten gleich.
Aus den Regen- und Dunstschleiern erschienen die Umrisse der Gebäude.
»Ihren Namen hätte ich gern gewußt«, murmelte ich vor mich hin.
»Da kannst du sie gleich fragen.«
Suko hatte die Frau einen Moment früher gesehen als ich. Sie stand plötzlich da, sie geriet deutlicher in das Licht, und ich konnte soeben noch abbremsen, sonst hätte ich sie überrollt.
Wie ein Denkmal stand sie vor der Kühlerhaube. Das eine Schwert noch immer erhoben, aber sie hielt den Griff jetzt nicht mehr mit beiden Händen fest. Jetzt nahm sie nur die linke Hand, die rechte hatte sie frei, und damit winkte sie mir zu.
Ich blieb sitzen.
»He«, sagte Suko, »das galt dir.«
»Ich
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