Sevenheart-2
Druidenschlaf
Als ich aufwachte, merkte ich, dass es kalt geworden war.
Mit geschlossenen Augen tastete ich nach der anderen Seite des Bettes. Sie war leer.
„Sunny, komm hierher! Ich glaube, sie wird wach!“
Die Stimme wirkte aufgeregt. Eine Stimme, die ich keiner bekannten Person zuordnen konnte. Eine Jungenstimme.
„Das hast du letztes Mal auch schon gesagt. Jetzt sei still! Du kannst dich noch früh genug bei ihr entschuldigen!“
Diesmal erkannte ich die Stimme. Es war die Stimme des Mädchens, das ich neben mir erhofft hatte.
„Nein, ich meine es ernst! Sie hat sich bewegt! Sie wird wach!“
Plötzlich wurde es dunkler. Irgendetwas versperrte den Sonnenstrahlen, die durchs Zimmerfenster schienen, ihren Weg zu meinem Gesicht.
Langsam öffnete ich die Augen und starrte in ein völlig fremdes Gesicht, das direkt über mir hing.
Ich schrie erschrocken auf.
„Ah!“, schrie er zurück und richtete sich wieder auf.
„Was zum Teufel-“
„Es tut mir so furchtbar leid! Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Üblicher Weise ziele ich kontrolliert und genau. Wahrscheinlich war ich nicht ganz bei Sinnen. Ich habe Euch einfach nicht gesehen...“
Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas dazu zu sagen, doch er ließ mich nicht.
Der braunhaarige junge Mann richtete sich stolz auf.
„Entschuldigt, ich hab mich nicht vorgestellt: Ich bin Nick. Der, dem Ihr diese Narbe zu verdanken habt“
Er zeigte mit einer Kopfbewegung auf meine Beine, die unter der Decke lagen.
Mein Gott, ich hatte mein Bein völlig vergessen.
Ich schwang die Bettdecke zurück und entdeckte eine dunkle runde Narbe an der Stelle, in die sich der Pfeil in meinen Oberschenkel gebohrt hatte.
Der letzte Kampf schlich sich allmählich wieder in meine Erinnerung.
Vorsichtshalber hob ich mein Bein hoch, um zu versuchen, ob ich bewegen konnte.
Es tat nicht mehr weh. Sunnys Hände hatten einmal wieder Wunder bewirkt.
„Ist schon gut. Was schon passiert ist, kann man nicht ändern. Wir sollten uns bei Sunny bedanken. Sie ist diejenige, die mein Bein gerettet hat“
Er nickte und verschwand sofort wieder.
Zwar hatte ich keine Schmerzen mehr, doch ich fühlte mich noch immer nicht gut. Zum Aufstehen und Herumlaufen hatte ich keine Kraft, egal wie sehr ich es wollte.
Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, was gestern passiert war.
War es gestern gewesen? Oder hatte ich länger gebraucht, um mich zu erholen?
Es spielte auch keine Rolle. Ich hatte mir eigenen Händen einen Menschen getötet.
An Ciarans Kampf wollte ich mich gar nicht erinnern. Er hatte jeden brutal niedergeschlagen, der ihm in die Quere kam.
Ich wusste nicht, was mich dazu gebracht hatte, genauso brutal einen Menschen zu töten. Vielleicht war es die Wut auf Ciaran. Dass er mich diesem Widerling wirklich ausgeliefert hatte. Dass er meinen schlimmsten Alptraum wahr werden lassen hatte und dass ich in Todesangst neben meinem Peiniger sitzen musste.
Hatte er geplant, mich zu retten, oder war es einfach gutes Timing, dass ich geflohen bin?
Nach einiger Zeit kam die hübsche Sunny in mein Zimmer. Sie hielt ein Tablett mit Essen in der Hand.
Ich freute mich, sie wieder zu sehen.
„Wie geht es dir?“, fragte sie, als sie sich neben mich auf mein Bett setzte.
„Im Vergleich zu den Schmerzen, die ich hatte, geht es mir unvorstellbar gut“
„Dein Körper hat sich seine letzen Reserven genommen, um gegen den Fremdkörper in deinem Bein anzukommen. Du hast viel Blut verloren. Iss, damit du wieder zu Kräften kommst!“
Ich verzog das Gesicht.
„Ich hab keinen Hunger. Wirklich“
„Wenn du nichts isst, können wir dich heute Abend nicht mitnehmen“
Sie provozierte mich.
„Wohin?“
„Auf dem Marktplatz des Dorfes außerhalb des verbotenen Waldes findet heute Abend eine Vorstellung statt. Sie ist bestimmt für den Prinzen. Für den Sohn der Schwester des Königs. Und was ich dir über den König erzählt habe, weißt du ja. Er ist nur noch ein zusammengekrochener Feigling, der sich in seinem Schloss verkriecht und trauert. Da die Hoffnung Tanderas nun gänzlich gestorben ist, wird William König. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der alte König ganz verreckt“
Ich brauchte Zeit, um das zu verarbeiten.
„Der Prinz hat einen Cousin, der nun seinen Platz einnimmt?“
„Mach dir keine Hoffnungen. Er ist fast so nutzlos wie der König. Er wird mit seiner noch so starken Truppen und seinen noch so guten strategischen
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