Gejagt
wirklich?«
»Es stimmt wirklich«, sagte er noch leiser, eigentlich nur für ihre Ohren bestimmt.
»Shit!«, wiederholte Aphrodite. Sie sah ziemlich erschüttert aus.
Darius lächelte, und in seinen Augen blitzte unverkennbar so etwas wie Belustigung auf. Dann küsste er ihr sacht das Handgelenk. »Das spielt keine Rolle für uns.«
»Wirklich nicht?«, flüsterte sie.
»Ich gebe dir mein Wort. Du hast recht gehandelt, meine Schönste. Dein Blut hat ihr das Leben gerettet.«
Einen Augenblick lang konnte ich ihren offenen, unverfälschten Gesichtsausdruck sehen. Sie schüttelte leicht den Kopf, und in ihrem Lächeln lagen echte Verwunderung und eine Menge Sarkasmus. »Keine Ahnung, warum ausgerechnet ich ihr immer wieder den kleinen Western-Arsch retten muss. Aber okay, ich war auch ein ganz schönes Biest, also hab ich ’ne Menge wiedergutzumachen.« Sie räusperte sich und strich sich unsicher mit dem Handrücken über die Stirn.
»Willst du was trinken?«, fragte ich sie. Ich hätte viel lieber gefragt, worüber zum Geier sie sich unterhielten, aber so indiskret wollte ich nicht sein, ich merkte ja, dass sie nicht wollten, dass der ganze Raum es mitbekam.
»Ja«, antwortete erstaunlicherweise Stevie Rae an ihrer Stelle.
»Hier ist ein T-Shirt«, sagte Damien. Als er herankam und sah, wie unzureichend Stevie Rae, die jetzt nur noch in kleinen Schlucken trank, bekleidet war, wandte er hastig den Blick ab.
»Danke.« Ich schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln, nahm ihm das T-Shirt ab und reichte es an Stevie Rae weiter. Dann sah ich die Zwillinge an. In mir begannen die paar Schlucke Blut zu wirken, und die Erschöpfung, die auf mir gelastet hatte, seit ich alle fünf Elemente gleichzeitig hatte beschwören und kontrollieren müssen, während wir aus dem House of Night flohen, wich endlich so weit, dass ich wieder denken konnte. »Okay, Leute, bringt das Blut und den Wein hier rüber. Habt ihr noch ein Glas für Aphrodite?«
Bevor eine von ihnen antworten konnte, sagte Aphrodite: »Äh, kein Blut für mich, bitte. Danke vielmals, aber: igitt. Aber den Alk nehm ich.«
»Wir haben nur ein Glas«, sagte Erin. »Sie wird wohl aus der Flasche trinken müssen wie ein Prolet.«
»Tut mir aufrichtig leid«, sagte Shaunee alles andere als aufrichtig und reichte Aphrodite die Flasche. »Sag mal, wie ist das denn so, als Mensch von einem Vampyr gebissen zu werden?«
»Ja, diese Frage würde das Publikum brennend interessieren«, fügte Erin hinzu, »weil es so aussah, als hättest du Spaß gehabt, und bisher hätten wir dich nicht in
diese
Ecke gesteckt.«
»Habt ihr vielleicht mal in Vampsozi aufgepasst, ihr siamesischen Hirnlinge?« Damit setzte Aphrodite die Flasche an und trank.
»Also, ich hab das Physiologie-Kapitel im Vampsozi-Lehrbuch gelesen«, sagte Damien. »Das Blut von Vampyren enthält sowohl gerinnungshemmende als auch gerinnungsfördernde Stoffe und außerdem Endorphine, die auf das sexuelle Lustzentrum im Gehirn von Mensch und Vampyr einwirken. Aphrodite hat recht, ihr solltet wirklich besser aufpassen. Schule ist nicht nur dazu da, sich zu amüsieren«, schloss er spitz. Jack nickte enthusiastisch.
»Oh, Zwilling«, sagte Shaunee, »bei dem Drama, das da oben grade abgeht – mit gefallenen Engeln und ihren höllischen Heerscharen und so –, würde ich vermuten, das House of Night bleibt noch ’ne Weile im Panikmodus und die Schule fällt aus.«
»Gutes Argument, Zwilling«, bestätigte Erin. »Das heißt, unser Hofdamien und seine Belehrungen sind bis auf weiteres vernachlässigbar.«
»Hm, was meinst du, könnten wir ihn dann vielleicht mal in die Zange nehmen und ihm die Haare ausreißen?«
»Hört sich gut an«, stimmte Erin zu.
»Super. Und ich sitze hier und trinke irgendwelchen Fusel aus der Flasche. Vorher war ich mal wieder der Happy-Hour-Longdrink für Miss Wildwest-Vampyr. Und jetzt muss ich auch noch mit ansehen, wie sich die Streberclique die Köpfe einschlägt.« Aphrodite klang wieder wie üblich genervt und arrogant. Mit einem dramatischen Seufzer ließ sie sich neben Darius ans Fußende des Bettes sinken. »Na gut. Wenn ich schon ein Mensch bin, dann kann ich mich wenigstens auch betrinken. Vielleicht sollte ich es überhaupt vermeiden, wieder nüchtern zu werden. Für die nächsten zehn Jahre oder so.«
»Dafür ist nicht genug Wein da.« Wir alle sahen auf. Eine rote Jungvampyrin war hereingetreten, gefolgt von mehreren anderen, die hinter ihr im Schatten
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