Gejagt
und munter wiederzusehen, war mir piepegal, welche Geheimnisse sie vor mir hatte. Erleichtert seufzte ich, als aus der Dunkelheit auch die roten Jungvampyre auftauchten.
Beim Anblick der Rabenspötter knautschte Kramisha das Gesicht zusammen. »Denen ist so eklig!«
»Machen wir sie fertig!«, knurrte Johnny B. Man hatte das Gefühl, er platzte vor Muskeln und Testosteron.
»Eklig sind sie schon, aber momentan tun sie nichts außer uns zu beobachten«, sagte eine weitere vertraute Stimme.
»Erik!«, schrie ich. Grinsend ließ Stevie Rae mich los, und Erik zog mich in seine starken Arme.
Rechts zischte etwas an mir vorbei – Jack, der wie eine Kanonenkugel auf Damien zusauste.
Ich sah Erik ins Gesicht, und mitten in dem Desaster, in dem wir steckten, wünschte ich, wenigstens zwischen uns wäre alles einfach und unproblematisch. In diesem Moment wünschte ich, es gäbe nur Erik und mich, nicht Erik und Stark und Heath und Kalona …
Ich ließ ihn los und trat zurück. »Heath?«
Erik seufzte und deutete mit dem Kinn in Richtung Kloster. »Ist da drin. Ihm geht’s gut.«
Ich lächelte ein bisschen verlegen und wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Zoey.« Darius’ Stimme durchbrach das Unbehagen, das so schnell wieder zwischen mir und Erik aufgekommen war. »Kalona wird bald hier sein. Dass die Rabenspötter nicht mehr angreifen, liegt daran, dass wir nicht mehr vor ihnen fliehen. Sie überwachen uns nur, bis er kommt. Vergiss nicht, was ihr zu tun habt.«
Ich nickte und wandte mich an Schwester Mary Angela. »Kalona wird uns bald folgen. Wissen Sie noch, was ich Ihnen über ihn erzählt hab? Dass er unsterblich ist?«
Sie nickte. »Ein gefallener Engel.«
»Und das, was ich Ihnen über unsere Hohepriesterin gesagt hab? Also, wir wissen jetzt genau, dass sie dem Bösen verfallen ist, und ich denke, sie wird ihn auf jeden Fall begleiten. Sie ist genau so gefährlich wie er.«
»Ich verstehe.«
»Also, man kann ihn nicht töten, aber ich glaube, ich weiß, wie man ihn aus der Stadt verjagen kann – und Neferet wird ihm hoffentlich folgen. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe.«
»Alles, was mein ist, steht dir zur Verfügung.«
»Gut. Ich brauche vor allem Sie selber.« Dann drehte ich mich zu Stevie Rae um. »Und dich.«
Aphrodite trat neben mich. »Und mich.«
»Und ich brauche Grandma. Ich weiß, dass das sicher anstrengend für sie ist, aber ich brauche sie hier draußen, oder jedenfalls am Mittelpunkt der Macht, die ich spüre.«
»Kramisha, Kind, würdest du Zoeys Großmutter holen?«
»Klar, Ma’am.« Kramisha sprang davon.
Schwester Mary Angela deutete schräg hinter mich – auf eine Stelle in dem Dreieck zwischen uns, der nordwestlichen Ecke des sauber gemähten Rasens und der Baumgruppe voller Monster. »Unsere Macht entspringt in der Mariengrotte.«
Ich blickte in die Richtung und sog überrascht die Luft ein. Ich wunderte mich wirklich, dass ich ihn nicht schon früher bemerkt hatte. Es war der größte Schrein, den ich je gesehen hatte. Er war aus großen Oklahoma-Sandsteinen gemauert, von denen jeder exakt so gewählt war, dass er sich nahtlos zwischen die benachbarten fügte. Die Form war ungefähr die einer Muschel, so wie manche berühmten Freilufttheater, die ich von Bildern kannte. Drinnen stand gut geschützt eine Bank. An mehreren Stellen ragten naturbelassene Felssimse aus der bauchigen Innenwand, und auf jedem verfügbaren Quadratzentimeter standen Kerzen, so dass der ganze Schrein in schimmerndes eisglasiertes Kerzenlicht getaucht war. Als ich darauf zuging, blickte ich zu dem elegant gewölbten Giebel auf, der ein, zwei Meter über meinem Kopf aufragte, und mir stockte der Atem. Dort, ganz oben in der Kuppel, stand die schönste Marienstatue, die ich je gesehen hatte. Ihr Gesicht war voll heiterer Andacht nach oben gerichtet, fast lächelte sie sogar. Und zu ihren Füßen wuchs ein üppiges Nest herrlicher Rosen, als wäre sie daraus geboren worden. Als ich Marias Züge näher betrachtete, fühlte ich mein Herz über den nächsten Schlag stolpern. Ich erkannte diese Maria. Wie auch nicht? Erst vor ein paar Tagen war sie mir in Gestalt meiner Göttin erschienen.
»Ich kann die Macht dieses Ortes spüren«, sagte Aphrodite.
»Wow, die Maria ist echt schön«, beteuerte Jack. Er und Damien hielten sich an der Hand und blickten nach oben.
»Schaut euch mal den Plattenweg an. Passt perfekt«, sagte Stevie Rae.
Ich sah nach unten. Der Fußweg, der dort begann, wo die
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