Gejagt
Stevie Rae gerade.
Der Junge zuckte mit den Schultern. »Hat was mit ’ner versauten Geschichte zu tun, die mein Dad immer erzählt hat, wie er und meine Mom mich in Dallas gemacht haben. Ich war nicht so scharf auf die Details.«
»Urks. Elternsex. Nee, muss nicht sein«, sagte Shaunee.
»Das törnt nur ab«, stimmte Erin zu.
Ich bemerkte, wie bei den Worten der Zwillinge ein kleines Lachen durch die Reihen der roten Jungvampyre ging, und die Spannung zwischen unseren beiden Gruppen begann sich allmählich zu lösen.
»Weiter geht’s mit Anthony, auch Ant genannt.«
Ant winkte uns unsicher zu und sagte hi. Nicht überraschend, dass er unter »Ameise« lief – er war einer von diesen Spätzündern. Also, so einer, der mit vierzehn noch aussieht wie zehn, obwohl er eigentlich schon die halbe Pubertät hinter sich haben müsste. Stevie Rae machte sofort weiter, mit einem Kontrastprogramm, wie es krasser nicht ging. »Das ist Johnny B.«
Johnny B war ein Schrank. Mit seinem athletischen Körper und der lässigen Selbstsicherheit erinnerte er mich ein bisschen an Heath. »Hey«, sagte er, ließ die weißen Zähne aufblitzen und warf den Zwillingen einen forschenden
Blick
zu. Ihre Augenbrauen schnellten in die Höhe und erwiderten seinen
Blick
.
»Die Nächste ist Gerarty. Sie ist die tollste Malerin, die ich kenne. Sie hat schon angefangen, die Tunnel zu verschönern, und wenn sie damit fertig ist, sieht’s bestimmt ultracool aus.« Sie grinste eine weitere Blondine an, nur dass Gerarty kein bisschen wie eine Barbie-Puppe aussah. Sie war ganz hübsch, aber ihr Haar ging mehr in Richtung Straßenköter als Platin und war à la Siebziger-Mähne geschnitten. Sie nickte uns unbehaglich zu.
»Und last but not least – Kramisha.«
Aus der Gruppe löste sich ein schwarzes Mädchen. Es war bezeichnend dafür, wie sehr ich mit Venus und Aphrodite beschäftigt gewesen war, dass ich sie nicht früher bemerkt hatte. Sie trug ein eng anliegendes knallgelbes T-Shirt mit so tiefem Ausschnitt, dass der Saum ihres schwarzen Spitzen- BH s zu sehen war, und eine ebenso eng anliegende abgeschnittene Jeans mit einem breiten Ledergürtel, der wunderbar zu ihren klobigen goldenen Stiefeletten passte. Ihr geometrischer Kurzhaarschnitt war zur Hälfte knallorange gefärbt.
»Ein für alle Mal: ich teil mein Bett mit keinem«, sagte Kramisha halb gelangweilt, halb angepisst und drehte sich wieder um.
»Kramisha, ich hab dir schon tausendmal gesagt, mach kein Drama um was, was überhaupt nich zur Debatte steht.«
»Will nur klarstellen.«
»Schön. Wir haben’s kapiert.« Stevie Rae hielt inne und sah mich erwartungsvoll an. »Okay, das sind meine Leute.«
»Das sind alle roten Jungvampyre?«, fragte Darius, bevor ich meinerseits mit dem Vorstellen anfangen konnte.
Stevie Rae biss sich von innen auf die Wange und sah Darius nicht in die Augen. »Ja, das sind all meine roten Jungvampyre.«
Oh-oh, da sagt aber jemand nicht die ganze Wahrheit.
Aber als ich ihren Blick auffing, lag darin eine so flehentliche Bitte, nichts dazu zu sagen, dass ich beschloss, den Mund zu halten und das Thema erst wieder aufzubringen, wenn wir nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit standen.
Dass ich meine Fragen zurückstellte, änderte allerdings nichts daran, dass bei ihren ausweichenden Worten das
Gefühl
zurückgekehrt war, das die Alarmglocken in meinem Kopf wieder lautstark bimmeln ließ. Irgendwas war mit den roten Jungvampyren los, und ich hatte die starke Befürchtung, dass dieses Etwas nichts Gutes war.
Ich räusperte mich. »Okay, ich heiße Zoey Redbird.« Es war nicht leicht, in dieser seltsamen Situation normal und ungezwungen zu klingen.
»Von Zoey hab ich euch erzählt. Sie hat ’ne Affinität zu allen fünf Elementen, und ihrer Macht isses zu verdanken, dass ich mich wandeln konnte und wir alle unsere Menschlichkeit zurückgekriegt haben.« Ich bemerkte, dass Stevie Rae Venus geradewegs ins Gesicht sah.
»Na ja, das ist nicht allein mir zu verdanken. Dazu haben auch meine Freunde ’ne Menge beigetragen.« Ich nickte Aphrodite zu, die immer wieder die Flasche hob und daraus trank. »Aphrodite kennt ihr ja auch. Sie ist wieder ein Mensch, aber sagen wir mal, kein normaler.« Die brandneue Prägung mit Stevie Rae brachte ich lieber nicht noch mal zur Sprache.
Aphrodite schnaubte, sagte aber nichts.
»Das sind Erin und Shaunee, die Zwillinge. Erin hat eine Affinität zum Wasser, Shaunee zum Feuer. Damien und Jack sind
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