Gekauft für den Harem
abgrundtiefer Verachtung murmelte sie einen Schimpfnamen, den sie vor Jahren einmal in einem Buch aus der Bibliothek ihres Vaters gelesen hatte; einer Sammlung schlüpfriger Geschichten aus Arabien, die als amouröse Abenteuer verkleidet waren und die sie nie hätte anrühren sollen, geschweige denn lesen. Aber die Lektüre war erhellend gewesen, und vielleicht hatte sie sie auf das, was ihr als Frau in einem orientalischen Harem bevorstand, besser vorbereitet.
Der Sklavenhändler wirkte wie vom Donner gerührt, doch gleichzeitig trat ein Anflug widerwilliger Bewunderung in seine Augen.
„Dann geh mit, aber ihr werdet getrennt versteigert.“
„Schnell“, zischte Harriet ihrer Cousine zu, während sie den anderen in einen Korridor folgten. „Hilf mir, unsere Handgelenke zusammenzubinden. Dann müssen sie uns auseinanderschneiden, wenn sie uns trennen wollen.“
„Oh, Harriet …“ Marguerite zitterte vor Angst, als sie Harriet mit schreckgeweiteten Augen ansah. „Was geschieht mit uns, wenn man uns verkauft?“
„Ich werde tun, was ich kann, um dich zu schützen.“ Im Stillen fragte Harriet sich, wer sie beschützen würde. Die Angst saß ihr wie ein riesiger Knoten in der Brust und ließ sie sehnsüchtig wünschen, zu Hause zu sein, in England, bei ihren Hunden und Pferden. Aber sie würde keine Schwäche zeigen. Stolz richtete sie sich auf und reckte entschlossen das Kinn. Wenn sie nur niemals zugestimmt hätte, ihren Onkel nach Spanien zu begleiten! Dann säße sie jetzt auf ihrer Lieblingsstute, könnte den Wind in den Haaren spüren … nein, sie durfte nicht so selbstsüchtig denken. Marguerite würde ohne sie nicht überleben. „Was immer geschieht, ich tue mein Bestes, um dich vor Schaden zu bewahren“, wiederholte sie.
Kasim sah zu, wie die Sklaven einer nach dem anderen das Podest bestiegen und versteigert wurden. Es waren einige Männer darunter, die dem Aussehen nach zu urteilen über enorme Körperkräfte verfügten und hervorragende Janitscharen abgegeben hätten. Aber er war nicht hier, um männliche Sklaven zu kaufen, sondern eine Braut für den Sohn des Kalifen. Ein paar Frauen waren bereits versteigert, doch keine von ihnen hätte sich für Khalids Harem geeignet. Kasim begann sich zu fragen, ob man ihn unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf die Auktion gelockt hatte, doch dann entstand ein Tumult bei der Tür, und zwei Sklavinnen wurden gemeinsam auf das Podest gestoßen.
Gebannt beugte er sich vor, als sein Blick auf die eine der beiden Frauen fiel. Sie war von erlesener Schönheit; ihr blondes Haar fiel ihr in seidigen Wellen den Rücken hinunter, genau, wie Yuri es beschrieben hatte. Sie war blass und wirkte furchtsam, was unter den gegebenen Umständen nicht verwunderte. Kasim hatte am eigenen Leib erfahren, wie es war, von Piraten erbeutet zu werden, und er konnte ihre Angst verstehen. Dann nahm er die andere in Augenschein und runzelte die Stirn. Sie war etwas älter; apart, aber nicht schön im landläufigen Sinne. Ihr Haar hatte die Farbe von Kastanien – ein sattes Dunkelbraun mit einem rötlichen Schimmer. Auch sie war blass, schien ihm aber weniger verängstigt als ihre Gefährtin. Ihre Haltung war stolz, und sie wich der Jüngeren nicht von der Seite. Ein grimmiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er sah, dass die beiden Frauen an den Handgelenken zusammengebunden waren. Yuri hatte die Ältere Zankteufelin genannt. Der Name war passend gewählt.
Ein Wortwechsel entbrannte unter den Bietern. Nicht wenige von ihnen waren an der blonden Schönheit interessiert, aber keiner von ihnen wollte beide Frauen kaufen. Einer der Diener des Sklavenhändlers versuchte, die ältere Frau von dem Podest zu ziehen, woraufhin sie erbittert mit ihm zu streiten begann und er, sichtlich bestürzt von dem, was sie äußerte, von ihr abließ. Kasim stand nicht nahe genug bei dem Podest, um zu verstehen, was sie gesagt hatte, aber gesehen hatte er genug. „Ich biete eintausend Goldstücke für beide Sklavinnen.“
Einen Moment herrschte verblüffte Stille, dann erhob sich eine Stimme aus der Menge, die erklärte, zwölfhundert Goldstücke zahlen zu wollen. Kasim wartete auf weitere Gebote, dann hob er die Hand.
„Fünfzehnhundert Goldstücke.“
Wieder senkte sich Stille über den Saal. Jeder schien gespannt darauf zu warten, was als Nächstes passieren würde.
„Sechzehnhundert.“
„Zweitausend.“ Diesmal gab es niemanden, der Kasim überbot. Es war eine enorme
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