Gekauft für den Harem
verschafften. Ihre Verachtung verursachte ihm Unbehagen, denn wenn er ehrlich war, hatte er eine Wahl. Er konnte seinem Leben als Vertrauter des Kalifen den Rücken kehren, auch wenn er nicht wirklich frei war. Als er aus den Sklavenquartieren zum Günstling des Kalifen aufgestiegen war, hatte er sein Wort gegeben. Er konnte kommen und gehen, wie es ihm beliebte, doch es war eine Frage der Ehre, dass er sich seinem Gebieter gegenüber loyal verhielt. Der Kalif behandelte ihn wie einen Sohn, überhäufte ihn mit Ehren, und Kasim verdankte ihm seinen hohen Rang und sein Vermögen. Wegen einer Frau, die er nicht kannte, würde er Khalid gegenüber nicht wortbrüchig werden. Dennoch war ihm beklommen zumute, als er die beiden Frauen vom Sklavenmarkt fort zum Hafen führte, wo sein Schiff vor Anker lag.
Er verdrängte die Erinnerung daran, dass er vor langer Zeit selbst in der Welt gelebt hatte, aus der die jungen Frauen kamen. Wäre da nicht der unglückselige Streit mit seinem Vater gewesen, würde er wohl noch immer in England leben – als privilegierter Nichtsnutz, der seine Tage mit nichts anderem zu füllen wusste als dem Glücksspiel und den Auseinandersetzungen über die Frauen, die er mit seinen sogenannten Freunden teilte.
Es war einer dieser Freunde gewesen, dessen Lügen sein Verderben und den Bruch mit seinem Vater herbeigeführt hatten. Danach war Kasim als Freibeuter losgezogen, auf der Suche nach Reichtum und Abenteuern. Leider hatte er sein Schiff in einem Sturm verloren und das zweifelhafte Glück gehabt, mehr tot als lebendig von Korsaren an Bord genommen zu werden. Er war geschlagen und verkauft worden, doch ein gütiges Schicksal hatte ihn an den Hof des Kalifen gebracht, und nachdem er dessen Lieblingssohn vor einer Entführung bewahrt hatte, war er in seine heutige Stellung aufgestiegen.
Seither behandelte Khalid bin Ossaman ihn respektvoll und gerecht. Wäre Kasim der Bitte der Schönheit nachgekommen, hätte er seinen Treueeid dem Kalifen gegenüber gebrochen; trotzdem konnte er sich eines nagenden Schuldgefühls nicht erwehren, als er die Frauen zum Hafen begleitete.
Sein Schiff würde sie nach Konstantinopel bringen – Istanbul, wie die Stadt im gesamten Osmanischen Reich genannt wurde. Sobald die Frauen sicher in seiner Kajüte untergebracht waren, wollte er Ali bin Ahmed aufsuchen, die zweitausend Goldstücke zahlen und, sofern der Sklavenhändler einverstanden war, den kleinen Yuri für sich erwerben. Er würde seine Pflicht tun und irgendwelchen Zweifeln keine Beachtung schenken.
Er hatte einen Auftrag, den er nach bestem Wissen erfüllte. Sollte Khalids Sohn die Schönheit nicht begehrenswert finden, bestand sogar die Möglichkeit, dass der Kalif ihrer Bitte um Freilassung gegen Lösegeld stattgab. Zudem erleichterte es sein Gewissen, als Kasim sich klarmachte, dass den Frauen ein weitaus schlimmeres Geschick drohen würde, wenn der Stammesfürst, der gegen ihn geboten hatte, den Zuschlag erhalten hätte.
Die Ältere wäre geschlagen worden und hätte bei anhaltender Widerspenstigkeit zweifellos einen grausamen Tod gefunden, während die Jüngere angesichts des Schicksals, das ihr dieser Teufel bereitet hätte, vermutlich lieber gestorben wäre. Die beiden hatten Glück gehabt, dass sie von ihm ersteigert worden waren, auch wenn sie im Augenblick noch nicht ermessen konnten, wie knapp sie dem Verhängnis entronnen waren.
Auf dem Weg zum Hafen sah Harriet sich aufmerksam um. Alle Arten von Waren wurden zum Kauf angeboten oder auf Schiffe verladen, und es herrschte ein unglaubliches Durcheinander. Der Mann, der sie ersteigert hatte, eskortierte sie durch das Gewühl von Menschen, Hunden, Eseln und Fuhrwerken, und sie sagte sich, dass es, wenn überhaupt, in diesem Gewimmel möglich sein musste, ihrem Käufer zu entkommen und in der Menge unterzutauchen. Sobald er einen Moment abgelenkt wäre, würde sie Marguerite packen und fliehen, denn alles war besser als ein Leben als Sklavinnen.
„Denkt nicht einmal daran zu fliehen.“ Der Mann packte ihr Handgelenk so plötzlich mit seinem stählernen Griff, dass sie zusammenfuhr. Seine Finger schienen ihre Haut zu versengen. Als sie hochsah, begegnete sie seinem zornigen, Furcht einflößenden Blick und hatte für einen Moment das Gefühl, dass er ihre Gedanken lesen konnte. „Ihr seid Eigentum des Kalifen, und auch wenn er wenig Verwendung für Euch haben dürfte, würde ich Euch verfolgen, bis ich Eure Gefährtin wiederhabe. Bei Euch
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