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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
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wirst immer bei mir sein, gemeinsam mit mir im
Zimmer sein und für immer neben mir sitzen und entweder mit mir
draußen in einer ordentlichen Wohnung oder aber gemeinsam mit
mir hier drinnen in der Anstalt. Und so werden wir zufrieden, wie es
uns für möglich erscheint zufrieden und glücklich zu
sein, unseren Lebensweg gemeinsam bestreiten und ihn auch gemeinsam
zu Ende gehen und nebenbei glücklich frisches Obst essen. Und
eines Tages wirst du mein Sohn an unsere Tür klopfen und wir
werden dich herein bitten. Eines Tages wirst du den Weg zu mir
gefunden haben, wenn du verstanden und begriffen hast, was es
bedeutet in dieser Welt nicht unterzugehen und diesen einen Grund
dafür erkannt hast. Und
Nicola dreht sich um und
geht zurück. Und an manchen Tagen in der Anstalt will ihm erscheinen,
dass Leila und Fjodor draußen stehen würden
und von unten nach oben zu ihm in den zweiten Stock schauten. Schnell
aber wischt er diesen Gedanken aus dem Kopf, denn schließlich
ist Leila hier bei ihm und Fjodor weiß noch nichts von seiner
gesamt genialen Idee. Nicola geht in sein Zimmer des abends und
morgens wieder daraus und doch will er die Frage nicht aufkommen
lassen, schon seit längerem Leila in der Sitzgruppe oder auf
ihrem Zimmer, wenn er sich denn heimlich zu ihr schleichen konnte,
nicht mehr gesehen zu haben. Selbst wenn Besuchszeit ist und er sich
zu Anfang versteckt hat, um seinem Sohn nicht zu begegnen, damit er
selbst ohne Druck seinen Plan der Familienwiedervereinigung umsetzen
konnte, so stellte er sich jetzt
bewusst in die Eingangshalle, um ihm begegnen zu können und ihn
zu fragen, wie es Mutter ergehe, denn eine Antwort hat er nie von den
Pflegekräften oder der Leiterin erhalten. Aber an keinem Tage
findet er seinen Sohn unter den einlaufenden Besuchern in der
Anstalt. So blickt Nicola an jedem Feiertag und an jedem Sonntag
bewusst aus seinem Fenster und ihn beschleicht immer mehr und mehr
das Gefühl, draußen vor der Anstalt, vor der Eingangstür
seine Leila,
bedeckt mit einer giftgrünen Mütze und gestützt von
ihrem Sohn dastehen zu sehen und
dass sie suchend nach oben
blicken. Und so stehen
beide im Sommer und auch im Winter einfach nur da. Stehen auf
gekehrten Straßen, die gereinigt wurden oder auf denen mit viel
Liebe und mit viel Spucke getreten wurde. Genau darauf werden ab und
an seine Leila
stehen, die auf keinem Auge mehr etwas sieht und Fjodor, der von
allem keine Ahnung hat und von seiner Mutter wahrscheinlich niemals
aufgeklärt werden wird und beide einfach nur warten, weil warten
nichts kostet, weil die Zeit im Eigentlichen keinen Wert hat und so
vergänglich ist, wie der Wind, der kurzerhand ein Blatt eines
Baumes wegfegt und selbst für immer darin unsichtbar bleibt.

    Auch
Dank meinem Vater Nicolai, den ich niemals kennenlernen
durfte........
    184 © 2009 Svetlana Sekuli ć

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