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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
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und habe mich wie ein elender Köter gefühlt,
der mit einem missbilligen Fußtritt aus dem Hause der Familie
und der Geborgenheit hinab in die gelb braune Pfütze voller
Abenteuer und tiefer Abgründe gestoßen wurde. Aber
das Problem ist, ich wurde nicht gestoßen. Ich bin freiwillig
gegangen. Ich hatte mich entschieden. Und bin dem Teufel gefolgt.
Ganz einfach eigentlich und für mich selbst bis zum heutigen Tag
unverständlich. Da helfen drei Knoblauchzehen nicht unter dem
Kopfkissen, die ich darunter versteckt hatte, zur Vertreibung dieser
Dämonen. Die Dämonen werden so vertrieben
aus dem Haus, nicht aber aus dem Kopf eines Menschen und somit nicht
aus mir. Sind sie dort einmal gelandet,
sind sie ewiglich verhaftet. Die Geister, die man rief, bleiben Natur
getreu bei dem Menschen, der sie herbei rief und
lassen einen nicht mehr los. Also bin ich nie alleine. Es sind
treue Weggefährten. Aber ein wenig Knoblauchduft kann nichts
schaden, dachte ich mir. Und so lasse ich nichts unversucht und gehe
die Straße entlang, so lange sie noch unter mir dahin gleitet
und ich standhaft über ihr zu schreiten vermag und ich spüre
immer wieder deinen zwingenden und deinen hoffenden Blick in meinem
Nacken und doch werde ich weiter gehen
als wäre nichts, als wäre nie etwas gewesen. Und ich bitte
den wundersamen Gott über mir, er möge herrenlosen
Straßenkötern einmal mit Achtung begegnen. Achtung allen
Kreaturen gegenüber. Sei es einer Katze, einem Hund oder
gegenüber einer Giraffe und uns Kreaturen Gnade schenken und
genügend zu essen und so weiter. Aber mein Gott im Himmel,
schaue einfach auf uns herab, schau dir das Elend an und richte
danach, so wie dir danach ist, zu richten über uns und über
mich und es wird gut sein. Und vielleicht werde ich mir eine Katze
anschaffen. Eine Katze würde gut zu mir, dem Hund passen, und
nicht nur, weil ich manchmal einen Lufthauch
neben mir spüre, gerade so, als stünde jemand bei mir, in
meiner Wohnung, in meinem Zimmer. Aber ich bin alleine
und bin es doch nicht. Und wenn ich eine Katze hätte, dann
wüsste ich, dass ich nicht alleine wäre und wir nicht nur zu zweit, denn sie würde gebannt auf
diesen Lufthauch starren, mit mir
gemeinsam fixiert auf einen Punkt im Raum oder auf die Wand starren
und ich wüsste, dass ich recht hätte, dass uns die Welt
nicht alleine gehört, dass wir sie mit anderen, mit anderen
Kreaturen aus dem Totenreich teilen würden, und nein, ich
hätte keine Angst darum, denn ich lebe in Frieden mit den Toten
unter uns und eines Tages werden wir uns wiedersehen, das glaube ich
ganz fest mein Kind und nicht erst im Totenreich, sondern eines Tages
hier in Moskau oder inmitten von Sankt Petersburg oder auf Hawaii,
ganz egal wo. Wir werden uns in einem netten Café treffen und
ich werde dir alles von mir erzählen und ich werde dir über
das Haar streichen und dich anlächeln mein Sohn.

    Und Nicola
kriecht in sein Bett und er fällt in einen unruhigen Schlaf, der
ihn dahin zurück versetzt, als er selbst noch ganz klein war:

    Nie wieder
brauchte Nicola etwas zu tun, was er nicht wollte, nie wieder. Sein
Vater würde sich nicht mehr einmischen, nicht eingreifen und
auch nicht mehr helfen müssen. Es
durchzuckte seinen Körper bei der bloßen Feststellung, ein
Hungergefühl überkam ihn, ein Nachholbedarf von klein auf,
eine unstillbare Sättigung bis nach oben hin. Sie saßen um
den runden Holztisch, alle vier oder auch nur drei und eins. Es roch
nach Alkohol am Tisch, doch Nicola sah weder ein Glas Bier noch eine
Weinflasche, aber er sah seinen Vater am Tisch sitzen und er sah
seine Mutter schweigend mit dabei sitzen. Es war am Abend, es war ein
gewöhnlicher Abend. Nicola hatte seine Schultasche gepackt und
noch andere wichtige Dinge mit dazu. Sein Bruder Mirko saß
neugierig in seinem Kinderstuhl, er zappelte nervös mit seinen
kleinen Beinen, denn er schien nichts zu begreifen oder viel mehr als
alle ahnten. Vater´s grau blaue Augen, zwei schimmernde
Jackenknöpfe in einem runden Gesicht, mittendrin die viel zu
lange Nase, die so lang war, dass sie seinen dunklen Schnauzer auf
der Oberlippe berühren konnte. Seine
Augen blickten nervös und nichts findend umher. Er drehte
ruckartig den Kopf zur Mutter, die rechts
von ihm saß, sie versank förmlich am Tisch, ein
zusammengesunkenes Etwas neben Vater. Aber plötzlich, aus dem
Nichts heraus bäumte sich Mutters Rücken auf, so
wie bei einer Katze, die sich angegriffen fühlt, die eine
Bedrohung

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