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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Dreck.«
»Wann ist die Anlage zum letzten Mal gereinigt worden?« fragte ich. Sie schien verlegen. Ich wollte ihr ein wenig Zeit geben, sich zu überlegen, wie sie fortfahren sollte. »Ich erinnere mich, dass einmal jemand kam und einen Stutzen auswechselte oder so was, und danach funktionierte alles wieder ganz prima.«
»Wir haben es mit neuen Stutzen schon probiert«, sagte Werner ungeduldig. Dann zu Ingrid: »Erzähl Bernie, was sie über seinen Vater gesagt haben. Und über deinen Vater. Es ist besser, er erfährt’s.«
Ingrid sah mich an, und es war offensichtlich, dass sie mir viel lieber überhaupt nichts erzählt hätte.
»Ich würde es gerne wissen«, sagte ich, um’s ihr leichter zu machen.
»Wissen Sie noch, was ich Ihnen erzählte, als Sie meine Mutter besuchten?«
»Ja«, sagte ich.
»Ich habe Sie verletzt. Ich weiß es. Es tut mir leid.«
»Kein Problem.«
»Das meiste von dem, was ich weiß, habe ich von Dodo. Und der ist keine sehr zuverlässige Quelle.«
»Erzählen Sie mir’s trotzdem.«
»Offiziell hat man uns nur davon benachrichtigt, dass Paul Winter einige Zeit nach Kriegsende erschossen wurde, angeblich unbeabsichtigt.«
»Von Amerikanern«, sagte Werner.
»Laß mich erzählen, Werner.«
»Entschuldige, Ingrid.«
»Angeblich war er auf der Flucht«, sagte sie. »Aber das sagen sie in solchen Fällen ja wohl immer.«
»Ja«, sagte ich. »Das sagen sie immer.«
»Dodo hat die ganze Sache wieder aufgerollt und meiner Mutter damit in den Ohren gelegen. Sie werden wahrscheinlich wissen, wie der Mann redet und redet und redet … Sie hört ihm zu. Er war ja auch Nazi.«
»Nazi?« frage ich.
Werner sagte: »Er hat für Gehlen gearbeitet. Die Abwehr hat ihn an der Wiener Universität angeworben. Als nach Ende des Krieges Gehlen für die Amerikaner zu arbeiten anfing, arbeitete Dodo für den Langen.«
Ich sah Werner fragend an und überlegte, wo in dieser Geschichte nun mein Vater vorkommen sollte. Werner lächelte nervös und bereute vielleicht schon, die Rede auf meinen Vater gebracht zu haben. Ingrid sagte: »Dodo ist ein Intrigant. Manche Leute sind nur glücklich, wenn sie andere unglücklich machen können.«
Da sie mich bei dieser Feststellung ansah, nickte ich zustimmend.
Sie sagte: »Der Mann ist krank und gefährlich. Er trinkt zuviel, und jedesmal versinkt er dann in Selbstmitleid. Die Ungarn haben die höchste Selbstmordquote auf der Welt, wussten Sie das, Bernard? Viermal so hoch wie in den USA, und die Tendenz ist steigend.« Ingrid verstummte, wahrscheinlich war ihr eingefallen, dass auch Gloria Ungarin war. Feuerrot vor Verlegenheit wandte sie sich dem Heizkessel zu und sagte: »Wir könnten die Anlage reinigen und überholen lassen und einfach schauen, was passiert. Inzwischen wird das Wasser ja nicht mehr richtig heiß, selbst wenn die Pumpe arbeitet.«
»Lisl hätte eine größere einbauen lassen sollen, als die Anlage nach dem Krieg überholt wurde«, sagte ich. Mit beiden Händen versetzte ich dem Kessel zwei aufmunternde Klapse, etwa in der Art, in der ein neapolitanischer Feldwebel einem Mann auf die Schulter klopft, den er auf ein Himmelfahrtskommando schickt. Es änderte nichts.
Einen Augenblick lang dachte ich, sie wollte nichts weiter sagen, dann fuhr sie aber fort: »Dodo hat meine Mutter gedrängt, die U.S. Army zu verklagen.«
»Das sieht Dodo ähnlich«, sagte ich.
»Auf Entschädigung für den Tod von Paul Winter. Wegen fahrlässiger Tötung.«
»Ist es dafür nicht schon etwas spät? Und ich dachte, Sie hätten gesagt, er sei auf der Flucht erschossen worden«, sagte ich.
»Ingrid hat gesagt, dass die Amerikaner das zu ihrer Rechtfertigung behauptet haben.«
»Dodo meint, die Amerikaner würden einiges zahlen. Er sagt, sie wären bestimmt nicht daran interessiert, dass die Sache noch mal aufgewühlt wird.«
Ich brummte, um zum Ausdruck zu bringen, dass ich Dodos Theorie nicht sehr überzeugend fand.
»Mein Onkel Peter war Colonel bei der amerikanischen Armee. Er ist bei der gleichen Gelegenheit erschossen worden. Dodo sagt, die beiden waren in geheimer Mission unterwegs.«
Ich sagte: »Und was hatte mein Vater mit alldem zu schaffen?«
»Er war dabei«, sagte Ingrid.
»Wo?« fragte ich.
»In Berchtesgaden«, sagte Ingrid. »Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass er der Mann war, der Paul Winter erschoß.«
»Ich glaube, da muss irgendwo ein Irrtum vorgekommen sein«, sagte ich. »Werner kannte meinen Vater. Er kann Ihnen erzählen … jeder kann Ihnen

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