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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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mexikanische Diener – ein muskulöser Mann mittleren Alters mit der straffen Haut und der undurchdringlichen Miene der Indianer wartete auf ihre Befehle. Er strahlte nicht nur eine gewisse Würde aus, man spürte auch, dass er beträchtliche Kräfte zügelte – wie ein scharfer Hund, der auf den Befehl zum Angriff wartet.
    Ich hätte Mrs. O’Raffety gerne gebeten, mich Bernard zu nennen, aber sie war eine Frau, die ein solches Angebot womöglich ablehnte.
    »Sie sind in Ihrem eigenen Haus«, sagte ich.
    »Und die Lungen sind auch meine. Ja, das sagt Buddy immer.« Mit einem kehligen kleinen Lachen zog sie eine Zigarette aus der Packung auf dem Tisch. Der Diener beugte sich vor und zündete sie ihr an. »Und jetzt, Mr. Samson: Frische Erdbeeren? Frische Himbeeren? Hausgemachten Blaubeerkuchen? Was gibt es noch, Luis?« Ich fand es immer schon etwas verwirrend, dass man in Kalifornien an der Speisenfolge nicht erkennen kann, welche Jahreszeit gerade ist.
    »Der Kuchen ist köstlich«, setzte sie hinzu, verlangte aber selbst keinen. Nachdem ich mich zu Blaubeerkuchen und Eis entschlossen und der schweigsame Luis sich auf den Weg gemacht hatte, mir das Gewünschte zu bringen, sagte Mrs.
    O’Raffety: »Sie werden ihn ziemlich verändert finden. Bret, meine ich, er ist nicht mehr der Mann, der er war.« Sie betrachtete die brennende Spitze ihrer Zigarette. »Natürlich wird er Ihnen erzählen wollen, wie zäher ist. Männer sind so, das weiß ich. Aber ermutigen Sie ihn nicht zu irgendwelchen Dummheiten, kann ich mich darauf verlassen?«
    »Zu was für Dummheiten könnte er denn aufgelegt sein?«
    »Der Arzt füllt ihn mit Drogen ab bis hier.« Sie legte sich die flache Hand auf den Scheitel. »Und nachmittags muss er ruhen. Er ist noch keineswegs gesund.«

    - 202 -
    »Die Ärzte in Berlin haben nicht geglaubt, dass er mit dem Leben davonkommt«, sagte ich. »Er kann von Glück reden, dass Sie sich um ihn kümmern, Mrs. O’Raffety.«
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Die
    Krankenhausrechnungen wuchsen ins Unermeßliche, und Bret hatte irgendeine lausige britische Krankenkasse, die nicht einmal die Kosten für das Zimmer im Krankenhaus abdeckte.«
    Sie zog an der Zigarette. »Ich habe Buddy gesagt, er soll mehr Geld aus dieser Krankenkasse herausholen, aber Sie wissen ja, wie Versicherungen sind.«
    »Sie waren also die gute Samariterin«, sagte ich.
    »Er hatte doch sonst niemanden, der ihn aufgenommen hätte. Und ich bin verwandt mit ihm, wenn auch nur über mehrere Ecken. Wir sind nicht blutsverwandt. Mein Großvater heiratete Brets verwitwete Mutter. Sie hat dann auch die Namen ihrer Kinder in Rensselaer ändern lassen. Brets wirklicher Name ist Turner.«
    »Er war verheiratet«, sagte ich.
    »Kennen Sie seine Frau?« Sie streifte die Asche im Aschenbecher ab.
    »Nein.«
    »Ich habe mich mit ihr in Verbindung gesetzt. Ich schrieb ihr, dass Bret dem Tode nahe sei. Keine Antwort. Nicht mal vorgedruckte Genesungswünsche.« Mrs. O’Raffety inhalierte tief und blies dann den Rauch aus auf eine Weise, die ihre Verachtung demonstrierte. Für einen Augenblick erinnerte sie mich an Cindy Matthews. Beide waren Frauen, die wussten, was sie wollten.
    »Vielleicht war sie umgezogen«, vermutete ich.
    »Buddy hat jemanden darauf angesetzt. Ihren
    Unterhaltsscheck löst sie regelmäßig jeden Monat ein. Sie hat meinen Brief sehr wohl erhalten. Nimmt sein ganzes Geld und schert sich einen Dreck um ihn. Wie kann sich eine Frau nur so verhalten?« Sie trank von ihrem gekühlten Tee und wartete,

    - 203 -
    während mir eine riesige Portion Blaubeerkuchen mit Eis und Schlagsahne hingestellt wurde. Dann sagte sie: »Bret und ich sind zusammen aufgewachsen. Ich war irrsinnig verliebt in ihn.
    Ich nehme an, ich habe immer damit gerechnet, dass wir heiraten würden. Dann zog er eines Tages in die Stadt, und ich hörte, dass er zur Marine gegangen war. Ich wartete auf ihn.
    Ich wartete und wartete. Doch als der Krieg zu Ende war, kam er nicht zurück.«
    »Kam nicht zurück?«
    »Nicht hierher. London, Berlin. Ich bekam Briefe und Postkarten von ihm. Manchmal sogar lange Briefe, aber nie stand das eine drin, was ich lesen wollte.«
    Ich begann, meinen Kuchen zu essen.
    »Sie haben sicherlich nicht damit gerechnet, dass Sie sich hier die Geständnisse einer alten Dame anhören müssen. Ich weiß auch gar nicht, warum ich überhaupt damit angefangen habe. Wahrscheinlich, weil Sie Bret von früher kennen. Die einzige andere

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