Geld fressen Seele auf
hatte ihm aber angedroht, dass sie sich und den Kindern etwas antun würde, wenn er vor das Vormundschaftsgericht zöge, um ihr das Sorgerecht aberkennen zu lassen oder die Kinder bei sich zu behalten. Konnte er also verantworten und ausschließen, dass diese Frau ihre Drohung umsetzen würde?
Francisco musste davon ausgehen, dass Angelina jetzt nur noch ein psychisches Wrack war und leider damit auch zu allem fähig. Sie hatte mit Beharrlichkeit und Konsequenz diesen Rückzug nach Düsseldorf vorbereitet und sie schien ihm, auch mit diesen Drohungen, entschlossen.
Er redete sich ein, dass Angelina und die Buben bei der Mutter und den Geschwistern nicht unbeobachtet blieben und von daher eine wie auch immer geartete Gefährdung der Kinder nicht wirklich gegeben sei. Sicherheitshalber wollte er der Schwiegermutter einen Brief schreiben und sie bitten, ein wachsames Auge auf Angelina und die Kinder zu werfen.
Carol, die 13-jährige Tochter, wollte ohnehin bei ihm bleiben, auch weil es für sie mittlerweile sehr wichtig geworden war, im Kreise ihrer Schule und Freundinnen zu sein.
Nach dem Wegzug von Frau und Buben zeigte sich Franciscos Gefühlswelt ambivalent gestört. Einerseits verspürte er eine gewisse Erleichterung, die ihn sogar wieder etwas ruhiger schlafen ließ, doch andererseits fehlten ihm seine beiden Jungen mit ihren belebenden, wenn auch teils lautstarken Bubenkämpfen.
Das Haus war nun leer und auch etwas unwohnlich und zum ersten Mal in seinem Leben hatte Francisco das Gefühl, tatsächlich eine wesentliche Lebensaufgabe, ja einen Teil eines wichtigen Lebensabschnitts und Lebenskampfes unwiderruflich verloren zu haben. Bis dahin hatte er immer das Gefühl und die Zuversicht gehabt, dass es für alles eine Lösung gebe, und er war bereit, dafür jeweils bis zum guten Ende zu kämpfen.
Mit dieser Einstellung und Geisteshaltung hatte er viel, ja sogar sehr viel in seinem Leben erreicht und im Grunde hätte er darauf auch stolz sein können. Doch zum ersten Mal spürte er nun so etwas wie ein spezielles Schamgefühl: die Scham eines Verlierers vor sich selbst!
Dabei ging es ihm in erster Linie nicht so sehr um die Tatsache, dass er großenteils der einstigen C. M.-Drohung unterlegen war, wonach dieser ihn privat und geschäftlich kaputtmachen und aus der Schweiz jagen wollte. Nein, es war eher das Gefühl, menschlich und persönlich versagt und verloren zu haben.
Er, der Familienmensch und aus tiefem Herzen liebende Vater, hatte es nicht geschafft, seine Kinder, seine Familie zu schützen und das für ihn so wichtige Sozialgebilde, die Familie, zusammenzuhalten.
Viel Geld zu generieren, war für ihn schon lange keine sinnstiftende Handlungsmaxime mehr, weil er diesen täglichen und persönlichen Kampf um Mammon und Macht tief in seiner Seele schon immer ablehnte; weil es doch im Grunde ein Kampf gegen die Menschlichkeit, ein Kampf gegen die Seele war. Seine Seele lehnte jedenfalls tief in ihren eigenen Festen ab, den Wert des Geldes über den Wert des Menschen zu stellen. Er missbilligte jene Sicht- und Handlungsweise des Geldadels, wonach es hieß: Wer viel Geld hat, ist viel wert, wer wenig Geld hat, ist wenig wert; wer kein Geld hat, war demnach wertlos!
Er hatte seinen Seelenschmerz erst im Laufe der letzten Jahre spüren können, zu einem Zeitpunkt, als er längst schon selbst von der Macht des Geldes manipuliert worden war. Seine Seele wurde im Laufe dieser Zeit schon ziemlich angefressen. Viel zu lange ignorierte oder verdrängte er ihren Aufschrei und Schmerz. Jetzt hatte er dafür eine Abschlussrechnung bekommen und diese forderte einen verwerflich hohen Preis: seine Familie!
Mit der Zeit arbeitete sich Francisco etwas aus seinem emotionalen Loch heraus und er übernahm in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Wirtschaftsministerium (SECO) und einer Basler Firma für Seminar- und Kursangebote ein Subunternehmermandat als freier Seminarleiter und Coach für Start-up-Unternehmer. Innerhalb von zwei Jahren schulte er über tausend von Arbeitslosigkeit bedrohte Frauen und Männer im Aufbau einer selbstständigen Unternehmertätigkeit.
Mehr als 90% dieser Menschen waren noch vor dem Seminar bereit gewesen, auch ohne Schulung und vorherige Prüfung ihrer Unternehmensidee den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Sie waren bereit, allein für ihre Unternehmensidee auch ungeprüft ihre finanziellen Reserven und Rücklagen aus der obligatorischen zweiten Säule der
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