Geliebte Nanny
vehementen Protest komme ich wieder zu Sinnen.
»Aua, du tust mir weh! Lass meine Hand los«, faucht sie mich an. Sofort lässt mein Druck nach und ich gebe ihre Hand frei.
»Was stehen Sie hier so doof im Weg rum?«, ertönt eine furiose Frauenstimme. Die Tür der Nobelkarosse – übrigens ein Aston Martin – öffnet sich und Victoria Beckham höchstpersönlich steigt aus. Zumindest sieht diese megadürre, topgestylte, brünette Luxuslady genau so aus. Vielleicht handelt es sich ja um ihre Schwester.
Sie mustert mich geringschätzig und öffnet die Beifahrertür. Eine ebenso hochmodern gekleidete Victoria - Miniausgabe steigt aus dem Auto aus. Genau wie Pauline schleppt sie eine überdimensionale George, Gina & Lucy Tasche mit sich herum. In limettengrün mit hellgrauen Absetzungen.
»Hi Pauline. Wer ist die komische Frau?«, fragt Mini - Victoria forsch.
»Hi Hilda. Die da ist meine neue Nanny «, erwidert Pauline geradezu respektlos. Ich setze meinen Weg zum Eingang fort.
»Ist ja nicht zu fassen«, empört sich die große Victoria und richtet ihr Wort an Pauline: »Müssen deine Eltern neuerdings sparen, dass sie sich jetzt verlauste Arbeitskräfte aus dem Ausland kommenlassen, oder was?«
Pauline zuckt mit den Schultern. Und ich spüre, wie zentimeterweise Wut in mir aufsteigt. Was bildet diese aufgetakelte Ziege sich überhaupt ein?
Ich verschwinde im Inneren des Kindergartens. Gerald schläft noch immer im Buggy und Pauline zieht eine Schnute. Entlang des Korridors bietet sich mir die Sicht auf bunte Garderobenhaken, behängt mit Designerjacken in Miniaturformat.
Der Kindergarten besteht aus drei Gruppen. Zuerst ist da die Froschkönig - Gruppe. An der zweiten Tür lese ich auf einem Schild in Form eines Fisches: Glitzerfisch - Gruppe. Pauline und Hilda gehören der dritten Gruppe an, die sich passenderweise Goldmarie - Gruppe nennt.
Ich bücke mich, um Pauline beim Anziehen der Pantoffeln zu helfen, dabei blickt Victoria , im wahrsten Sinne des Wortes, von oben auf mich herab.
»Wie wär’s wenn du heute lieber mit Ella spielst, anstatt mit Pauline«, raunt sie ihrer Tochter zu.
Also jetzt reicht’s aber.
»Wieso soll sie nicht mit Pauline spielen Gnädigste?«, frage ich unverfroren. »Haben Sie vor irgendwas Angst? Befürchten Sie, dass Ihre Tochter womöglich auch ein Kopftuch trägt, wenn sie heute Nachmittag nach Hause kommt?«
Victoria gafft mich ganz perplex an. Höchstwahrscheinlich hat sie nicht erwartet, dass ich der deutschen Sprache mächtig bin. Ich funkele sie mit meinen Kohleaugen an und habe beinahe den Eindruck, dass sie wirklich ein bisschen Angst vor mir hat. Also ehrlich, vermutet sie etwa eine selbst gebastelte Bombe unter meinem Rock, oder was?
Erhobenen Hauptes wendet sie sich von mir ab und betritt den Goldmarie - Gruppenraum. Sekunden später tuschelt sie mit einer Brünetten, die ihrem Kind gerade die Nase putzt. Deren verstohlene Blicke huschen postwendend zu mir herüber. Ich lasse mir nichts anmerken und trete in den Gruppenraum ein.
Die Erzieherin blickt erst erstaunt auf Pauline, dann mustert sie mich mit indigniertem Gesichtsausdruck.
Hat Klodia eigentlich niemanden über ihre neue Nanny informiert?
»Guten Morgen, ich heiße Melek Yildiz. Ich bin Paulines neue Nanny«, stelle ich mich souverän vor.
»Oh…ach so…na dann…«, stammelt die Kindergärtnerin erleichtert.
Was hat sie denn gedacht? Dass ich die beiden Millionärskinder entführt habe? Dann hätte ich sie wohl kaum zum Kindergarten gebracht, sondern logischerweise in einem geheimen Keller versteckt und einen Erpresserbrief geschickt.
»Eva Fischl«, stellt sich die Erzieherin vor und blinzelt zu Victoria rüber, die ihr wiederum apodiktische Blicke zuwirft.
Unmöglich diese Person. Ich habe das intensive Bedürfnis der arroganten Kuh die Fresse zu polieren (was ja eigentlich nicht meine Art ist). Nichts wie raus hier, bevor ich mich vergesse.
Ich verabschiede mich von Pauline, die zeigt jedoch keinerlei Interesse daran. Dann eben nicht.
Draußen atme ich erst einmal tief durch. Ich schaue erneut auf meinen Plan. Der Krabbelclub befindet sich in einem kleinen Nebengebäude des Kindergartens. Na hoffentlich regiert dort eine weniger gehässige Mentalität.
Gerald wird wach, just in dem Moment, in dem ich den Vorraum des Krabbelclubs betrete.
»Hallo, kleiner Mann. Gut geschlafen?«, flöte ich und lächle das goldige Kerlchen freundlich an. Doch das Kind reißt
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