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Geliebte Nanny

Geliebte Nanny

Titel: Geliebte Nanny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Schlueter
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verstaut habe. Schnell noch den spannenden Bestseller rein, den ich vorgestern begonnen habe zu lesen und mein Lieblingsparfüm.
    Ich muss gestehen, ich habe doch geringfügig mehr eingepackt, als ich zunächst vorhatte. Auf einen Umzugskarton habe ich letztendlich verzichtet, aber ich musste mir zusätzlich einen Rucksack nehmen, um alles zu verstauen. Und auf Yasemins nachdrückliches Anraten, trage ich, der Vollständigkeit halber, noch eine Plastiktüte vom Aldi mit mir herum. Damit ich auf alle Fälle authentisch wirke, meinte sie.
    Es kann losgehen. Mit dem monströsen Rucksack, der wuchtigen Reisetasche und dem Aldi - Koffer in den Händen mache ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Unter diesen erschwerenden Voraussetzungen, ist der lächerliche halbe Kilometer Fußweg die reinste Folter, zumal ich unentwegt auf den Saum meines bodenlangen Rocks trample. Ich komme gerade noch rechtzeitig. Der Linienbus hält. Er ist wieder mal brechend voll. Ich stelle mich, mit meinem Gepäck, an einen freien Platz. Noch bevor ich die Haltestange erreiche, setzt der Bus sich in Bewegung und ich verliere mein Gleichgewicht. Unabsichtlich remple ich dabei einen männlichen Fahrgast an, dessen Gesicht nun zwischen meinem Rucksack und der Buswand eingequetscht ist. Der Mann holt sofort zum Gegenschlag aus. Wieder verliere ich die Balance und knalle unsanft mit dem Kopf gegen die Haltestange.
     »Geht’s noch?«, brüllt der behaarte Haudegen mich an. »Pass gefälligst besser auf mit deinem Scheißding.«
    Erschrocken, über seinen Aufstand, starre ich den Mann an.
     »Was gaffst du denn so blöd?«, schnauzt er. »Du verstehen kein deutsch, oder was?« Jetzt hat der Typ es tatsächlich geschafft, mich so dermaßen einzuschüchtern, dass mir die Entschuldigung buchstäblich im Hals stecken bleibt. Ich spüre die neugierigen Blicke der übrigen Fahrgäste. Ein Teenager filmt die Szene mit seinem Smartphone. Wenn ich Pech habe, kann ich sie mir später sicher bei Youtube ansehen.
     »Na, das war ja klar, dass die kein Wort versteht«, wettert der Kerl weiter. Wie versteinert klammere ich mich an mein Gepäck und wage es kaum zu atmen. Die Fahrt kommt mir vor wie eine halbe Ewigkeit.
     Was war das denn eben, da drin? So was habe ich ja noch nie erlebt. Der Bursche muss heute Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden sein. Bestimmt war heute Nacht Vollmond. Dermaßen schlechte Laune, gepaart mit Aggressivität, hatte Sören nicht mal zu seinen miesesten Zeiten. Nicht mal, als der FC Bayern den DFB - Pokal gewonnen hat, und das soll schon was heißen, denn es gibt nichts, was Sören mehr hasst als die Bayern . Ich bin gespannt, was mich wohl noch erwartet. Sich einen türkischen Namen auszudenken und vor dem Spiegel ein Kopftuch aufzusetzen, ist eine Sache. In dieser Aufmachung die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, eine völlig andere, wie ich leider gerade festgestellt habe.
    Ich besteige das nächstbeste Taxi. Kaum, dass ich dem betagten Fahrer die Adresse meines neuen Arbeitgebers mitgeteilt habe, dreht dieser seinen Kopf zu mir nach hinten (ich sitze auf der Rückbank) und fragt mit erheblicher Skepsis: »Sind Sie sicher?«
     »Ja«, erwidere ich, ohne weiter darauf einzugehen. Allmählich steigt meine Nervosität und ich versuche mich mental auf den Moment zu konzentrieren, in dem ich meine neue Stelle als Nanny antrete.
     »Sie wissen schon, in welcher Gegend das liegt?«, will der Alte in ungehobeltem Ton wissen und startet den Motor. »Was woll’n Sie denn da?«
    Bin ich im Quiztaxi? Seine penetrante Fragerei geht mir langsam auf den Keks. Stattdessen sollte er lieber losfahren. Es ist schon kurz vor acht. Ist ja wohl gemeinverständlich, dass ich am ersten Arbeitstag gerne pünktlich erscheinen würde. Außerdem wüsste ich nicht, was ihn das alles angeht. Gleichwohl gebe ich ihm anstandshalber eine knappe Antwort: »Arbeiten.«
     »Hab ich mir gedacht«, nuschelt er in seinen Bart. »Pff…Diese reichen Snobs. Haben Kohle ohne Ende, aber nehmen sich die billigste Putzfrau, die sie kriegen können. Womöglich noch illegal.«
     
    Endlich stehe ich vor dem Personaltor der Villa von Degenhausen. Diese Idylle. Alles kommt mir vertraut vor, als ich den riesigen Vorgarten durchquere und am Springbrunnen vorbei, zur großen Eingangstür laufe.
    Mein Gepäck bringt mich um.
    Die Tür wird geöffnet und ich erkenne sofort das formelle Gesicht des Butlers. Doch allem Anschein nach erkennt er mich nicht wieder.

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