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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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um überhaupt Ligaturen in haltbare Adern zu setzen. Nach der Operation war Anna Petermann fast ausgeblutet, sie bekam vier Transfusionen und Injektionen direkt in den Herzmuskel, um einen Stillstand zu verhindern.
    Als man sie aus dem OP zurück ins Zimmer rollte, zugedeckt mit warmen Decken wie eine Tote, mußten zwei Krankenpfleger mit Gewalt Gotthelf Petermann daran hindern, sich vor das Rollbett zu werfen.
    »Sie ist tot!« schrie er. »Anna! Anna! Laßt mich los, laßt mich los, ich will nicht mehr! Anna, Anna …«
    Als er begriff, daß sie lebte und weiterleben würde, lag er selbst in einem halbdunklen Zimmer und dämmerte langsam nach einer Beruhigungsinjektion in den Schlaf hinüber. Noch zuckten seine Arme und Beine wie in einem wilden Kampf, aber sein Gesicht war entspannt und von einem seligen Lächeln überzogen.
    Am nächsten Morgen saß er an Annas Bett, sie sprachen nicht, sie hielten sich an den Händen und sahen, Kopf an Kopf, wie in eine leere Weite. Ihr Schicksal war so unbegreiflich, wie ihre Liebe zueinander so groß war. Irgendwie, das fühlten sie, standen sie am Ende ihres Lebens, auch wenn es jetzt erst ohne Angst Wiederbeginnen sollte. Sie sprachen es nicht aus, aber sie drückten sich die Hände und sagten sich so, daß diese Stunde die innigste war, die sie je erlebten.
    Ihr Schicksal, klein und still, ging unter im Sturm, den ein anderes, die Welt für einen Tag interessierendes Schicksal entfachte: Michael Pohland kehrte zurück. Der Dschungel hatte zwei Menschen freigegeben, von deren körperlichen Strapazen die Zeilen sich füllten und die Reporter sich ernährten. Gut Heidfeld, die Pohland-Werke, die Praxis Dr. Wehrmanns, ja sogar die Pfarrburg Peter Baders wurden belagert von Fotografen und Berichterstattern. Es war eine nutzlose Belagerung, denn jeder der Bedrängten schirmte sich ab, empfing niemanden und verwies auf die wenigen Zeilen der amtlichen Verlautbarung.
    Für die Petermanns war diese Aufregung weit, weit weg. Nur als der Tag von Pohlands Ankunft nahte, nahm sich Petermann Urlaub vom Krankenbett Annas und kehrte nach Heidfeld zurück, um seinen Herrn mit Girlanden und einer Ansprache zu empfangen. Er putzte die Pferde, schirrte sie mit dem alten silberbeschlagenen Geschirr an und bürstete seinen Jagdanzug.
    Dann setzte er sich an den Tisch im Wohnzimmer, trank Orangensaft und wartete und hätte lieber neben Anna am Krankenbett gesessen als hier, wo er bisher seine Heimat wähnte.
    Das Flugzeug JET 357 landete planmäßig und rollte auf der Beton piste aus. Ein Heer von Reportern stürzte zur Gangway, als sie an gefahren wurde. Die große Tür öffnete sich … die Passagiere verlie ßen den Riesenvogel … Dreiundachtzigmal starrten einige Dutzend Augen auf die Tür … dann kam die Besatzung, die Stewardessen, der Flugkapitän … aber kein Michael Pohland.
    Zehn Minuten früher war ein normales Flugzeug im innerdeutschen Dienst von München gelandet, eine kleine Propellermaschine, die unbemerkt und unbeachtet ausrollte und seitlich der großen Hallen abgestellt wurde. Hier standen ein paar Männer und hielten sich im Propellerwind die Hüte fest. Dr. Wehrmann, Dr. Corbeck, Dechant Bader, ein Herr der Regierung … sie schwenkten die Hüte, als Michael Pohland über die Treppe schritt, und dann war es eine Begrüßung, als lägen keine acht Monate Dschungel zwischen ihnen, keine Todesnachricht, kein Schicksal fast unerträglichen Grauens. Die Männer gaben sich die Hand, sie umarmten sich wie gute Freunde, klopften sich auf die Schulter, und Dr. Wehrmann sagte sogar: »Früher waren Sie besser rasiert, Michael.«
    Das Lachen befreite. Man ging durch einen Seitenausgang aus dem Flughafengelände hinaus, hinüber zu den Parkplätzen, wo Pohlands großer, schwarzer Wagen wartete. Bevor er einstieg, sah er Dechant Bader und Dr. Wehrmann fragend an. Es waren die ersten privaten Worte, die sie miteinander wechselten.
    »Wohin?«
    »Nach Hause.«
    »Weiß Gerda, daß ich …«
    »Natürlich.«
    »Und warum …« Pohland schluckte und sah zu Boden. »Warum ist sie nicht hier?«
    »Sie hat eine Überraschung.« Dr. Wehrmann gab Pohland einen Puff in den Rücken. »Nicht zuviel fragen, mein Lieber. Überraschen lassen. Sie mußte in Heidfeld bleiben, um diese Überraschung aufzubauen.«
    »Aufbauen?«
    »Oder zurechtlegen … wie Sie wollen. Los, einsteigen, ehe die JET ankommt und man den Schwindel merkt …«
    Je näher sie Gut Heidfeld kamen, um so unruhiger wurde Pohland.

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