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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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Mädchen nimmt, und Birke sieht nicht so aus, daß man mit ihr Staat machen kann. Ein schwarzer Pullover zu einem grauen Rock oder eine karierte Jacke zu einer Bluse, wie sie gerade anfiel, erwecken den Eindruck, als wäre Birke nie zum ersten Verkaufstag zurechtgekommen und hätte erst dann zum Einkaufen Zeit gefunden, als nur noch die Restbestände übrig waren; in den Ausverkaufstagen, wo man Mäntel und Kostüme um jeden Preis verschleudert, weil die Mode bereits gewechselt hat.
    Es bleibt einem ja auch nichts anderes übrig, als billig einzukaufen und die Gelegenheiten zu suchen, wenn man mit dem bescheidenen Gehalt einer Bankangestellten auskommen muß: soundso viel für die Miete, dies für das Essen, das für den Friseur und die Kosmetika, drei Mark täglich in die Urlaubskasse, zwei Paar Strümpfe im Monat und die Streckenkarte für die Straßenbahn.
    Ach, Birke wußte schon, wie man sich gut und elegant anzieht, man blättert doch beim Friseur in den Zeitungen der eleganten Welt. Wenn aber der Inhalt der Geldbörse nicht einmal dazu reicht, sich so eine Zeitung zu kaufen, die Abbildung der schönen Dinge nur, wie weit ist man dann noch vom Besitz der eleganten Kleider und Mäntel entfernt! Birke blieb nicht einmal vor den Schaufenstern in den Geschäftsstraßen stehen, unwillkürlich wählte sie ihren Weg auf der gegenüberliegenden, billigeren Seite, wo die Warenhäuser standen und die Preise an den Kleidern steckten. Hier allerdings verharrte sie manchmal und konstatierte, daß alles entsetzlich teuer geworden war, sogar das Einfache, und kam zu dem Schluß, daß die Menschen bei den nächsten Revolutionen ein Gesetz einbringen müßten, nur in Sackleinwand zur Arbeit zu gehen, um mit den Gehältern und Einkommen Schritt zu halten. Ein Mann ist hinter Birke stehengeblieben.
    »Bedauernswerter, durch mißliche Umstände verarmter Student...« Birke dreht sich um.
    Ein junger Mensch von schätzungsweise zweiundzwanzig Jahren, ohne Hut, in einem gestreiften Anzug, wiederholt:
    »Bedauernswerter, durch mißliche Umstände verarmter Student...« Birke lacht. Antwortet:
    »Bedauernswerte, bei den heutigen Gehältern verarmte Angestellte...«
    Der junge Mann ist plötzlich gar kein Bittsteller mehr. »Können wir nicht wenigstens zusammen eine Tasse Kaffee trinken?« fragt er. »Sie sind selbstverständlich mein Gast.«
    »Ach!« sagt Birke und mustert ihn vergnügt. »Ich denke, Sie studieren?«
    »Ich mache gerade eine Semesterpause.«
    »Benützen Sie diese zu Ihrer Straßensammlung?«
    »Ich verstehe nicht...«
    »Sie haben mich doch angesprochen?«
    »Das mit dem Geld war nur ein Vorwand. Ich fühlte mich so allein.«
    »Bleibt es sich nicht gleich, was man auf der Straße sammelt? Almosen oder Bekanntschaften?«
    »Sind Sie immer so neunmalklug?« fragt der Student aggressiv.
    »Schwupp, da sitzt der Fuchs in der Falle! Wenn man seine Einladung nicht sofort annimmt, zeigt der Herr sein wahres Fell. Bestehen Sie immer noch darauf, mit mir eine Tasse Kaffee zu trinken?«
    »Sie sind mir zu gescheit.«
    »Ich fürchte es. Da drüben, das junge Mädchen mit dem gelben Pullover und dem roten Haar vor dem Schaufenster mit der Pariser Wäsche dürfte besser zu Ihnen passen. Sie bringt Sie bestimmt nicht in Verlegenheit. Das haben Sie doch nicht gern? Oder?«
    »Darf ich Ihnen zum Abschied etwas sagen?«
    »Wenn Sie es nicht für sich behalten können.«
    »Sie sind eine dumme, eingebildete Pute!«
    »Nett, daß Sie nicht Gans sagen! Ich hatte Gans erwartet. Es war mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Leben Sie wohl!«
    Sie reicht ihm lachend die Hand.
    Er starrt sie überrascht an.
    »Sie geben mir die Hand?«
    »Das junge Mädchen im gelben Pullover schaut gerade her. Es wird ihr imponieren, wenn Sie sich von einer Dame verabschieden, die Sie anlächelt...«
    Birke lächelt in sich hinein, als sie weitergeht. Solche Leute trifft man öfters. Für Straßensammler hat sie nichts übrig. Auch nicht für die Eckensteher der Liebe, die sich in den Cafes herumtummeln, sprungbereit auf ihren Stühlen sitzen, auf ihr Wild lauern, immer den Blick zur Tür, wer Neues hereinkommt, und die Neue mit verzehrenden Blicken verschlingen. Sie wissen nicht, wie dumm sie aussehen mit ihren groß aufgerissenen Augen oder wenn sie die Gleichgültigen spielen und aus den Augenwinkeln schauen, ob wir auch merken, wie gleichgültig wir ihnen sind.
    Manchmal gehen sie auch zu zweit auf die Jagd. Dann sitzen sie an den

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