Geliebter der Nacht
»Wie geht’s dir denn?«
»So gut, wie es die Umstände erlauben«, antwortete er mit einem Anflug von Bedauern. »Wir dachten, der Ruf sei unterbrochen worden und wir könnten euch überhaupt nicht erreichen. Ich bin froh, dass du hier bist. Da draußen gibt’s massive Probleme.«
»Tja, ich wäre ja früher da gewesen, aber ich hatte auch einige Probleme.«
»Welche?«, fragte Adrian hörbar beunruhigt.
»Nichts, womit ich nicht fertig wurde«, versicherte Darius ihm, der momentan keine Einzelheiten nennen wollte.
»Freut mich. Wenn unser Hinweis sich jetzt noch als richtig entpuppt, dass Kalen in Schottland steckt, sind wir schon drei.«
»Kalen ist in Schottland?« Nach all der Zeit, die er ganz allein verbracht hatte, konnte er es kaum erwarten, seine Brüder wiederzusehen.
»Wir wissen es noch nicht genau«, fuhr Adrian fort. »Vor kurzem hat eine Hexe in den Highlands Amber kontaktiert, eine Christine Lachlan. Sie verfolgt die Spur, und wir müssen abwarten.«
»Und Hunter?«
Darius hörte Adrians Zögern. »Ich dachte, er sei noch bei dir in Ravenscroft.«
»Noch? Adrian, keiner meiner Brüder war in Ravenscroft, seit wir das letzte Mal auf die Erde gerufen wurden.«
»Was?!«, rief Adrian erschrocken.
»Ich war die letzten siebenhundert Jahre allein dort.« Er konnte nicht umhin, leicht verstimmt zu klingen, auch wenn er gewiss keinen Streit mit Adrian anfangen wollte. »Was ist mit Tain? Ist er auch hier?«
Adrian antwortete nicht, und Darius glaubte förmlich zu hören, wie er nach den richtigen Worten suchte.
»Adrian, was ist hier los?«, fragte er streng.
Sein Bruder seufzte. »Da gibt es einen Dämon – einen Ewigen, sofern man aus seiner Kraft und Macht schließen kann –, der entschlossen ist, die Weltherrschaft zu übernehmen, indem er sämtliche Lebensmagie auslöscht.«
Die Geschichte war Darius durchaus geläufig. Anscheinend versuchten die dunklen Mächte dauernd, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Dabei musste ihnen doch klar sein, dass es nicht mehr besonders viel Welt zu beherrschen gab, hatten sie erst alle Lebensmagie zerstört. Er ersparte es sich, Adrian zu fragen, welcher Dämon es sein könnte, denn wüsste er es, hätte er ihn längst geschnappt, indem er seinen wahren Namen heraufbeschwor.
»Und Tain?«, fragte Darius stattdessen.
Adrian holte tief Luft. »Er hilft dem Dämon.«
Ein längeres Schweigen entstand, während Darius überlegte, ob er ihn richtig verstanden hatte oder nicht. »Was?«, fragte er schließlich. »Ich dachte …« Er verstummte. Was mochte mit seinem jüngsten Bruder passiert sein? »Ich verstehe nicht.«
»Erinnerst du dich an die letzte Schlacht – als wir gerufen wurden, um die Dunkelfeen zu vertreiben? Der letzte Angriff der Dunkelfeen war lediglich ein Ablenkungsmanöver, um mich von Tain wegzulocken. Nach der Schlacht fand ich heraus, dass er mit einer Frau fortgegangen war, und wie sich herausstellte, war das der Dämon in weiblicher Gestalt. Jahrhundertelang habe ich nach ihm gesucht und keine Spur entdeckt – bis jetzt.«
Darius schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Tain würde sich nie mit einem Dämon zusammentun, schon gar nicht, um die Welt zu zerstören.«
»Ich habe ihn gesehen, Darius«, bekräftigte Adrian mit hör-barem Bedauern. »Ich habe ihn gesehen und mit ihm geredet. Der Dämon hielt ihn Jahrhunderte gefangen und folterte ihn schrecklich. Und nachdem er ihn grausam misshandelt hatte, verwandelte er sich jedes Mal wieder in eine Frau und verführte ihn. Nach siebenhundert Jahren dieser Behandlung hat Tain schlicht den Verstand verloren.«
Zunächst war Darius benommen und entsetzt darüber, was sein kleiner Bruder durchgemacht hatte. Tain war stets der sanftmütigste von ihnen gewesen, nie so willensstark wie die übrigen vier. Dass er solche Leiden ertragen musste, war unfassbar. Darius ballte seine freie Hand zu einer Faust und konnte seine Wut kaum im Zaum halten. »Wie sieht der Plan aus?«
»Komm nach Seattle!«, sagte Adrian. »Ich trommle hier alle Kräfte zusammen, wurde aber selbst von Isis verpflichtet, nicht nach Tain zu suchen, bis ich alle aufgetrieben habe. Und bevor wir dem Dämon und Tain das nächste Mal begegnen, will ich alle Lebensmagie zur Verfügung haben, die ich bekommen kann.«
»Wie komme ich dahin?«, fragte Darius und blickte kurz zu Lexi.
»Du nimmst ein Flugzeug. Amber ist schon dabei, dir online einen Flug zu buchen. Warte kurz, dann kann ich dir sagen, welche
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