Geliebter der Nacht
siebenhundert Jahre in Ravenscroft eines gelehrt hatten, dann war es Geduld. »Ich verhehle nicht, dass mich deine Entscheidung enttäuscht«, sagte er, »aber ich werde sie respektieren.«
Er sah ihr an, wie überrascht sie war, auch wenn sie sich rasch wieder fasste und nickte. »Danke.«
»Und was jetzt?«, fragte er und blickte sich um.
»Im Moment wartet ein unerledigter Job bewusstlos in einem Müllcontainer auf mich. Du kannst gern hierbleiben, während ich mich darum kümmere. In ein paar Stunden bin ich wieder zurück.«
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Darius, ging zur Tür und öffnete sie. »Ich komme mit.«
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Kapitel 3
E s war sechs Uhr, bis Maurice Gonzalez hinter Schloss und Riegel gebracht und Lexi wieder in ihrem Apartment angekommen war. Darius und sie hatten ihn dort vorgefunden, wo sie ihn zurückgelassen hatten, immer noch bewusstlos. Auch wenn sie es nicht laut aussprach, war Lexi froh gewesen, dass Darius ihr half. Es kostete ihn anscheinend keine Kraft, die schweren Zementblöcke vom Containerdeckel zu heben und anschließend den über zweihundert Pfund schweren Gonzalez hinauszuwuchten. Als Gonzales zu sich kam und sich der Verhaftung widersetzen wollte, hatte Darius ihn so mühelos festgehalten, als wöge der Mann nicht mehr als ein Schmetterling.
Lexi wäre durchaus auch allein mit Gonzalez fertig geworden, aber Darius machte es ihr um ein Vielfaches leichter. Dabei war er ausnahmslos höflich und hilfsbereit, weshalb sie überlegte, ihn einzuladen, den Abend mit ihr zu verbringen. Nicht dass er nicht irgendwo anders hinkonnte. Doch noch ehe sie Gelegenheit hatte, ihn zu fragen, eröffnete er ihr, dass er sich die Stadt ansehen wollte. Sie bot an, ihm die Sehenswürdigkeiten zu zeigen, sobald sie den Papierkram auf dem Revier erledigt hatte, aber er wollte nicht warten.
Vermutlich suchte er nach einer Frau, die weniger abweisend war als sie. Allein die Vorstellung weckte eine unbändige Wut in Lexi.
Wie konnte er allen Ernstes annehmen, dass sie mir nichts, dir nichts mit ihm ins Bett stieg? Zwar war sie nicht grundsätzlich abgeneigt, mit einem Wildfremden zu schlafen – die Göttin wusste, dass sie es von Zeit zu Zeit schon getan hatte, aus purer Not, versteht sich. Nein, was sie störte, war die Arroganz, mit der er es für selbstverständlich gehalten hatte.
Wenn sie ehrlich sein sollte, musste sie zugeben, dass ihre Wut sich nicht ausschließlich gegen Darius richtete. In Wahrheit war sie ja versucht gewesen.
Aber nun musste sie sich den Unsterblichen aus dem Kopf schlagen, was ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen war. Verärgert ging sie in ihre Küche, um sich etwas zu essen zu machen. Sie war nervös und brauchte eine Ablenkung. Dennoch fragte sie sich fortwährend, wo er wohl stecken mochte, was er tat und vor allem: mit
wem
.
Das Telefonklingeln kam ihr wie gerufen.
»Was hast du heute Abend vor?«, fragte Mai mit diesem typischen Ton, der Lexi verriet, dass ihre Freundin sie bereits fest verplant hatte. »Möchtest du mir bei meiner Recherche helfen?«
»Was für eine Recherche?«, fragte Lexi misstrauisch.
»Ich will mir das ›Crypt‹ ansehen.«
»Die neue Vampirbar?«
»Genau die«, sagte Mai.
»Wozu?« Lexi war nicht sicher, ob sie die Antwort wissen wollte. Ihre Freundin Mai war nicht bloß eine hartnäckige Reporterin, sondern dazu noch eine Waldnymphe mit dem für diese Spezies typischen Sexualtrieb. Und die Tatsache, dass ausgerechnet sie in New York Citys neuestem und angesagtestem Vampirclub recherchieren wollte, gab reichlich Anlass zur Sorge.
»Ich habe mir sagen lassen, dass es in den Hinterzimmern hoch hergeht.«
Lexi seufzte. »Ich weiß nicht. Mir ist wohl klar, wie in der Club derzeit ist, aber soweit ich weiß, gehört er Vlad, und Ricco wird es nicht gefallen, wenn wir in einen Club seines Erzrivalen gehen.«
»Ach was!«, tat Mai sie ab. »Wir sind dauernd bei Ricco, und jedes Mal endet es damit, dass du mit Ricco verschwindest und ich mit einem Langweiler dahocke.«
»Bisher hast du dich nie beschwert. Ist irgendetwas?«
»Nein. Ich habe bloß alle Gäste im ›Ricco’s‹ durch, außer Ricco selbst. Und bei dem habe ich nun einmal keine Chance, solange du in der Nähe bist. Folglich, sagte ich mir, versuche ich es mal in einem neuen Club. Du weißt schon, junges Blut und so«, erklärte sie und kicherte über ihren Scherz.
»Ich halte nicht so viel davon«, wandte Lexi ein.
»Hör mal, wenn du meinst, Ricco stinkt
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