Geliebter Feind (German Edition)
also wirklich geschafft?«
»Was meinst du?« Sein Atem streifte ihr Ohr, was ihr einen angenehmen Schauer über den Körper jagte. Das wollte sie nicht. Sie musste sich Justin aus dem Kopf schlagen oder sie würde noch daran zerbrechen, dass kein Mann sie wirklich wollte.
Ein gewaltiger Donnerschlag ließ sie zusammenzucken und sofort lehnte sie sich nach vorne. »Na, dass du Arzt geworden bist«, antwortete sie ihm so gleichgültig wie möglich. Er durfte nicht merken, wie schwach sie seine Nähe machte. Nie wieder wollte sie vor einem Mann Schwäche zeigen!
»Mm hmm.« Seine Stimme vibrierte an ihrem Hals. Sie sprachen nicht viel, doch das mussten sie nicht. Es war beinahe wieder so wie früher, nur Jus und sie. Wie oft waren sie gemeinsam auf seinem Pferd geritten, auf der Suche nach neuen Abenteuern. Ach, könnte sie die Zeit noch einmal zurückdrehen, sie würde jede Sekunde mit Justin viel intensiver genießen.
Es hatte den Anschein, als trabten sie ziellos durch den Wald, doch schon nach kurzer Zeit sah Claire die Hütte, dessen Holz vom strömenden Regen bereits dunkel verfärbt war. Es war nur ein ganz kleines Haus mit zwei Fenstern und einem Unterstand daneben, für die Pferde. Vor vielen Jahrzehnten diente es den Iddlesleighs als Jagdsitz, doch Claire bezweifelte, das irgendjemand außer Jus und sie noch von der Existenz dieser Baracke wussten.
Als die Tiere davor zu stehen kamen und Justin sie vom Pferd hob, hielt er sie länger in den Armen, als es der Anstand gebührte. Claire sah das dunkle Feuer, das in seinen Augen loderte. Das machte ihr Angst und Hoffnung zugleich. Ein Beben ging durch ihren Körper. Himmel, was war das nur zwischen ihnen? Noch nie hatte ein Mann solche Gefühle in ihr ausgelöst!
Endlich ließ er sie los und der intime Augenblick war vorüber. »Geh schon mal rein, ich kümmere mich um die Tiere.« Die Kälte in seiner Stimme ließ sie frösteln.
Claire nickte und ging ins Haus. Was würde Jus sagen, wenn er sah, was sie aus ihrem »Räubernest«, wie sie es früher genannt hatten, gemacht hatte? Beinahe jede Woche kam sie in die Hütte, die ihr in den letzten Jahren als Zufluchtsort gedient hatte, wenn sie vor ihrem tyrannischen Ehemann geflohen war.
Sie ging zu dem aus Steinen errichteten Kamin, der sich im hinteren Teil des kleinen Raumes befand, und entzündete das Feuer, das sie gerade erst gelöscht hatte. Dann hängte sie Justins feuchten Mantel an einen Haken daneben und stellte ihre Stiefel zum Trocknen hin.
Barfuß tapste sie zu dem einzigen Regal, holte einen Kessel und zwei Tassen herunter und stellte alles auf den wackeligen, aber sauberen Tisch. Aus einem Krug goss sie Wasser in den Kessel. Wenigstens Tee und trockene Kekse konnte sie ihrem Freund anbieten.
Falsch – er war ja nicht mehr ihr Freund. Wieder fragte sie sich, was damals bloß geschehen war.
Sie sah zur Tür, durch die sie den prasselnden Regen vernahm, doch Justin war noch nicht eingetreten. Dann drehte sie sich wieder um, wobei ihr Blick auf das schmale Bett fiel, das sie sich selbst gebaut hatte. Viele Nächte hatte sie darin gelegen, einsam und den Tränen nahe, und hatte sich selbst bemitleidet – und sich nach ihrem Freund und den Abenteuern aus Kindertagen gesehnt.
Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und Justin polterte herein. Er musste sich ducken, um sich den Kopf nicht am Türrahmen zu stoßen. Dicke Tropfen fielen vom Rand des Hutes, den er jetzt in der Hand hielt, und das helle Hemd klebte ihm am Körper wie eine zweite Haut. Claire erkannte den dunklen Schatten des Brusthaars und ihr Atem stockte. Schon standen ihre Wangen in Flammen, doch Jus bemerkte das anscheinend nicht. Mit großen Augen starrte er in den Raum, während er die Arzttasche und den Zylinder auf den Tisch stellte. »Claire, ich glaube, hier wohnt jetzt jemand. Wir sollten lieber gehen!«
Sofort eilte sie an ihm vorbei, um die Tür zu schließen. »Willkommen daheim, Jus!«
Als er sich zu ihr umdrehte, wurde sein Blick eisig. » Du hast das gemacht? Bist du wahnsinnig? Weißt du, wie gefährlich es für dich ist, hier, auf dem Grund und Boden meines Vaters?« Durch das Grollen des Donners hörte es sich an, als würde er sie anknurren.
Mit wild klopfendem Herzen wich sie vor ihm zurück. Es machte ihr Angst, wenn ein Mann sie so finster anstarrte. »Du hast selbst einmal gesagt, dass niemand von deiner Familie die Hütte kennt. Es war doch purer Zufall, dass wir sie damals entdeckt haben!« Schützend
Weitere Kostenlose Bücher