Geliebter Feind (German Edition)
den Griff etwas. »Du musst sofort aus den nassen Sachen raus. Ich bringe dich nach Hause!«
»NEIN!« Die Lider weit aufgerissen blickte sie ihn an, wobei sich ihre Finger fester in seine Schultern krallten. »Er wird dich umbringen!«
Er? Ihr Mann? Oder ihr Vater? Plötzlich erinnerte er sich wieder an Mr Reece’ Worte, nachdem seine Söhne Claire und ihn in der Wiese entdeckt hatten. Der mittellose Viscount war wutentbrannt zu ihrem Landsitz geritten und hatte dem Duke angedroht, Justin zu töten, sollte er sich noch einmal in die Nähe seiner Tochter wagen.
Claire hatte recht. Es wäre sehr unklug, sie zu begleiten.
Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass sie eine Frau war, die er niemals haben konnte. Erstens, weil sie schon an einen anderen Mann vergeben war, zweitens, weil ihre Familien verfeindet waren, und drittens, weil er vom Adel abstammte und sie nur eine verarmte Lady war.
Vor Claires Geburt war ihr Vater noch ein Mitglied der adeligen Gesellschaft gewesen, doch sein ausschweifender Lebensstil hatte dafür gesorgt, dass er sein ganzes Vermögen ausgegeben hatte und nur noch sein Cottage und ein kleines Stück Land besaß.
Der Duke hatte Justin schon mehrfach angedroht, niemals unter Stand zu heiraten, sonst würde er die monatlichen Zahlungen an seinen Sohn einstellen. Claire war zwar nicht »ganz unter Stand«, aber für den Duke machte das keinen Unterschied. Für ihn zählte nur Geld und die gesellschaftliche Anerkennung.
Zudem war da noch die Sache mit seiner Mutter.
»Du musst trotzdem aus den nassen Sachen raus.« Die Luft kühlte immer mehr ab und es regnete wie aus Eimern. Außerdem machte das Gewitter die Pferde unruhig.
Claire hing immer noch in seinen Armen. Ihre Nähe verwirrte ihn. »Kannst du dich noch an die Jagdhütte erinnern?«, fragte er.
Er spürte ihren warmen Atem an seinem Kinn. »Ja, sie ist nicht weit von hier.«
»Dann lass uns dort Schutz suchen, bis das Unwetter vorbei ist.« Jus drückte sie schnell von sich, damit sie nicht merkte, welch widersprüchliche Gefühle in ihm tobten, und legte ihr seinen Mantel um. Anschließend umfasste er ihre Hüften und hob sie auf sein Pferd. Dann schwang er sich hinter ihr in den Sattel und gemeinsam trabten sie durch den dichten Wald, Belle im Schlepptau.
Claire spürte den Druck seines Armes, den er um sie geschlungen hatte, als wäre er ihr Gebieter. Weil eine Tasche am Sattelknauf hing, saß sie beinahe auf Justins Schoss, weshalb sie die Hitze fühlen konnte, die von seinem Körper ausging. Wie sehr sie Jus vermisst hatte! Beinahe jeden Tag in den letzten zehn Jahren hatte sie an ihn gedacht. Jede Nacht, wenn sie im Bett lag, glaubte sie, seine warmen Hände auf ihrem Bauch zu spüren. Sie war noch ein Mädchen gewesen, als er sie so zärtlich berührt hatte, doch ihre Gefühle hatten sich seit dem Tag geändert. Aus Jus, ihrem besten Freund und Kumpel, war der Mann geworden, nach dem sie sich sehnte.
Kaum, da sie volljährig gewesen war, hatte ihr Vater sie gezwungen, Mr Edward Tompson zu heiraten – einen alten Kaufmann aus der Stadt. Edward belohnte Pa reich dafür. Und immer, wenn ihr Ehemann sie berührte – lieblos und besitzergreifend – hatte sie sich vorgestellt, es wäre Jus, um die ganze Sache zu ertragen.
Doch jetzt, wo sie Justin nach all der Zeit wieder gegenüberstand, hatte sich zwischen ihnen alles verändert. Sein kalter Blick und seine barsche Art zeigten ihr, dass sie nicht mehr seine Freundin war. Allem Anschein nach gehörte sie jetzt ebenfalls zu seinen Feinden. Was war nur zwischen ihren Familien passiert, dass sich sogar ihr bester Freund gegen sie gestellt hatte?
Seufzend schloss sie die Augen und lehnte sich gegen seine Schulter, worauf ihr der Regen direkt ins Gesicht fiel. Doch das bemerkte sie kaum. Wie gut er aussieht , dachte Claire. Groß und schlank, doch das war er schon immer gewesen. Aber die Schultern waren breiter geworden und seine Oberschenkel muskulöser, wie sie durch die Hose erkennen konnte. Um seine Augen hatten sich einige Fältchen gebildet. War er ein ebenso verbitterter Mann geworden wie sein Vater? Claire war es aufgefallen, dass er seine Lider ständig zusammenkniff. Das machte ihn ein wenig unheimlich.
Sie blinzelte, um auf seine Hände zu sehen, die auf ihren Oberschenkeln ruhten und die Zügel hielten. Seine langen Finger waren von feinen Härchen überzogen. Er besaß wirklich schöne Männerhände. Arzthände. Kein Vergleich zu Edwards Gichtfingern. »Du hast es
Weitere Kostenlose Bücher