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Geliebter Krieger

Geliebter Krieger

Titel: Geliebter Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Anderson
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ändern, obwohl sie froh war , nicht mehr angestarrt zu werden.
     
    *
     
    Schon zu lange waren sie körperlos. Zu lange hatten sie alle menschlichen Bedürfnisse abgelegt. Sie existierten mittlerweile auf einer Ebene, welche für Sterbliche sowie Unsterbliche unzugänglich war. Sie aßen nicht, sie tranken nicht und sie schliefen nicht. Ihre körperlichen Gestalten waren nur willentlich gesteuerte Manifestationen ihrer Macht. Die Macht eines übernatürlichen Wesens steigt mit dem Alter , und sie waren so alt wie die Zeit selbst. Sie lebten einzig durch ihre Macht und verließen mit jedem Jahrhundert , das verging, ein wenig mehr die reale Welt. Weiße Schleier, die jedes noch so starke übernatürliche Wesen sofort getötet hätten, wirbelten in einem nicht vorhandenen Luftstrom umher. Langsam und elegant, mit scheinbar unwillkürlichen Bewegungen , glitten sie in den Geist jedes E inzelnen , ohne jedweden Widerstand. Die Nephilim mussten sich noch nie im selben Raum aufhalten, um miteinander reden zu können. Und der Banalität der Sprache waren sie schon lange entwachsen. Die Macht jedes Einzelnen war filigraner geworden, als hätte ihr Geist Tausende kleine Fäden gesponnen, die sich mit den Fäden des anderen verbinden konnten. So entstand ihr kollektives Bewusstsein. Jeder Gedanke, sei er noch so klein, wurde weitergegeben und geteilt. Zwischen den Schleiern mischten sich drei Gedankenströme, berührten sich, fingen an, sich miteinander zu verbinden.
    Sie weiß nichts. Ich bin in sie eingedrungen, so weit es ging , ohne sie zu töten. Sie zu benutzen hätte uns keinen Vorteil verschafft.
    Ich vertraue deiner Macht, Marvae. Aber wir alle spüren die Veränderungen. Die Luft um uns herum ist voll unausgesprochener Erwartung.
    Wir werden weiter beobachten. Die Loyalität des Clans ist uns sicher, ich konnte keine Zweifel wahrnehmen. Die Prophezeiung wird sich nicht erfüllen.
    Sie ist die Tochter ihrer Mutter.
    Aber sie weiß es nicht. Wir haben alle Spuren verwischt. Der Clan wird ihr nicht helfen. Keiner der Krieger würde uns hintergehen. Niemals.
    Das Orakel ist nicht gefährlich für uns. Ihre Macht ist zu schwach.
    Wir müssen den Clan weiterhin schützen, sie sind zu wichtig.
    Und zu gefährlich.
    Wenn die Prophezeiung wahr war, könnte das unsere Pläne stören.
    Die Prophezeiung kam von ihrer Mutter. Lange vor ihrer Geburt. Das Mädchen weiß von nichts.
    Wir werden nicht verlieren.
    Das haben wir noch nie.
    Die Schleier lösten sich voneinander und wirbelten geisterhaft in alle Richtungen.
     
    *
     
    Mercys Blick verweilte in der Dunkelheit der vorüberziehenden Nacht. Sie wollte Darian ausklammern, einfach weitestgehend ignorieren. Also starrte sie mit eisernem Blick aus dem Fenster. Was redete sie sich da ein? Sie wollte ihn nicht ausklammern. Ganz im Gegenteil. Nichts wäre ihr lieber, als sich in seinen Armen zu vergraben. Die Begegnung der dritten Art steckte noch immer in ihren Knochen. Was hatte sie getan? Sie schwor irgendwelchen mächtigen Wesen soeben die lebenslange Treue und wusste nicht das Geringste über sie. Ihre Energien hatten sich nicht gut angefühlt. Aber auch nicht direkt böse. Verwirrung benebelte ihren Geist, ließ ihre Schläfen pochen. Darian und die anderen schienen dem Rat zu vertrauen. Dennoch. Es ärgerte sie, dass sie unter Druck und ohne nachzudenken einen Schwur abgelegt hatte . Das war nicht ihre Art. Sie hinterfragte die Dinge, wollte bei allem und jedem Sicherheit.
    Eine Gänsehaut kroch über ihre Arme, als sie an die erbarmungslosen Schreie in ihrem Kopf zurückdachte. Sie klangen so real, so nah. Wenn sie beim Rat in irgendeiner Form aufsässig geworden wäre, vergriffen sie sich vielleicht an Max. Dieses Risiko wollte sie unter keinen Umständen eingehen. Falls sie ihren Schwur brechen musste, stand sie selbst dafür gerade. Bis dahin musste sie nur ihren Jungen aus der Schussbahn bringen.
    Ein lautes Räuspern riss sie zurück in die Gegenwart. Noch immer saß sie salzsäulengleich auf ihrem Sitz.
    „Wir haben heute noch nicht viel miteinander gesprochen.“ Seine Stimme klang gezwungen lässig. „Wie geht es dir?“
    Ihren Stolz in den Wind schießend, wollte sie sich nur noch in seine Arme werfen. Aber sie tat es nicht. „Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte sie mit fester Stimme. Sofern das der Fall war, sah sie darin die einzige Chance , ihre Fehler auszumerzen.
    „Nein. Die erste Begegnung mit dem Rat … “
    „Ich meinte gestern Abend“,

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