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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Kugel ihr Ziel nicht verfehlt hatte.
    Nicole bemerkte, wie Gerard plötzlich mitten im Schritt anhielt. Er schien zu reagieren, ehe sie den Schuß hörte. Seine Augen zeigten Überraschung, Verblüffung über das, was man ihm angetan hatte. Dann, sehr langsam, fiel er zu Boden. Im Tod zeigten seine Augen noch ein Staunen.
    Nicole ging von ihm weg. Beide lagen nun nebeneinander. Gerards ausgestreckte Hand war auf die Linke von Bianca gefallen, und während Nicole noch zusah, spannte sich Biancas Finger in einem Todesreflex um Gerards Handgelenk. Im Tode hielt sie ihn fest, wie sie es in ihrem Leben nie hätte erreichen können.
    Nicole drehte sich um und rannte aus dem Schuppen. Sie lief die weite Strecke bis zum Haus. Sie mußte Clay finden!
    Da war Blut auf dem Boden der Bibliothek, aber Clay selbst entdeckte sie nicht.
    Plötzlich blieb sie stehen, starrte auf die Couch und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie brauchte Zeit, um nachzudenken und sich zu beruhigen, wenn sie ihn finden wollte. Vielleicht hatte ein anderer Clay entdeckt und ihn fortgeschafft. Nein, wenn das der Fall gewesen wäre, wäre das ganze Haus in Aufruhr geraten.
    Wo würde er hingehen? Sie stand auf, weil sie wußte, wo er hingehen würde. Zur Lichtung!
    Tränen liefen ihr übers Gesicht, als sie mehr als eine Meile bis zur Höhle rannte. Ihre Lungen waren wie Feuer, und ihr Herz klopfte heftig; doch sie wußte, daß sie nicht eine Sekunde anhalten dürfe.
    Kaum war sie durch die geheime Pforte auf die Lichtung gekommen, als sie ihn schon sah. Er lag neben dem Wasser, einen Arm ausgestreckt, als wollte er nur ein Sonnenbad nehmen.
    »Clay«, flüsterte sie und kniete sich neben ihn.
    Er öffnete die Augen und lächelte zu ihr hinauf. »Ich habe
    mich in Bianca getäuscht. Sie war couragiert genug und hat versucht, mich umzubringen.«
    »Laß mich sehen«, sagte sie, während sie das blutige Hemd von seiner Schulter zog. Es war eine saubere Wunde; doch er war schwach vom Blutverlust Ihr war schwindelig vor Erleichterung. »Du hättest im Haus bleiben sollen«, sagte sie, während sie Streifen von ihrem Hemd abriß und begann, seine Wunde zu verbinden.
    Er beobachtete sie. »Woher hast du es gewußt?«
    »Darüber zu reden, haben wir später noch Zeit«, sagte sie brüsk. »Du brauchst sofort einen Arzt.« Sie wollte sich erheben, doch er hielt ihren Arm fest.
    »Sag es mir!«
    »Bianca und Gerard sind tot.«
    Er starrte sie eine lange Sekunde an. Dann sagte er etwas sehr Überraschendes: »Geh zur Höhle und hol mir das Einhorn.«
    »Clay, du brauchst einen Arzt...«
    »Geh!«
    Widerstrebend ging sie in die Höhle und kam mit dem kleinen, in Glas versiegeltem silbernem Einhorn wieder heraus. Clay stellte es auf den Boden und zerschmetterte das Glas mit einem Stein.
    »Clay!« protestierte sie.
    Er lehnte sich auf das Gras zurück, während das Einhorn, das endlich aus seinem gläsernen Gefängnis befreit war, neben ihm stand.
    »Du sagtest einmal, ich hielte dich nicht für würdig, etwas zu berühren, was Beth berührt hatte. Was du damals nicht begriffen hast: Ich war es, der nicht reinen Geistes seinen Finger darauf legte.« Er stützte sich auf einen Ellenbogen - nachdem er das Glas zerschmettert hatte, besaß er kaum noch die Kraft dazu- und ließ das Einhorn in den Ausschnitt ihres Kleides fallen. Er sah sie mit schiefem Grinsen an. »Ich werde es später wieder herausholen.«
    Sie lächelte unter Tränen. »Ich muß jetzt einen Arzt holen.«
    Er faßte sie am Rock. »Wirst du zu mir zurückkommen?« »Immer.« Sie schob das Leibchen ihres Kleides hin und her. »Da ist ein kleines silbernes Horn, das mir die Haut ritzt, und ich muß es entfernen.«
    Er lächelte mit geschlossenen Augen. »Ich stelle mich freiwillig zur Verfügung.«
    Sie wandte sich der Pforte zu.

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